Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 29. November 2003 |
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Die Welt farbiger erleben Eine neue CD und ein Buch entführen in das bunte Reich der Musik Sein Stil ist wahrhaft cantabile, daß man in seinen Kompositionen selten eine Passage antrifft, die es nicht in dem Vermögen einer Menschenstimme stünde zu singen, und er ist ein so gefühlvoller Spieler, so mächtig rührend in seinem Adagio, daß mich verschiedene große Musiker versichert haben, wie er ihnen durch sein Adagiospielen sehr oft Tränen entlockt habe", berichtete der Engländer Charles Burney 1772 über einen Besuch bei dem Komponisten Franz Benda. Und sogar Bendas Schwiegersohn, der Königsberger Komponist Johann Friedrich Reichardt, rühmte: "Es ist wahr: die ächte Bendaische Spielart hat ganz etwas eigenes. Ihr Hauptcharakter ist: Adel, Annehmlichkeit und äußerst rührend ..." Franz Benda, ein Künstler des 18. Jahrhunderts, der heute meist der Vergessenheit anheimgefallen ist, wurde zu Lebzeiten als Violinvirtuose, Komponist und Lehrer hoch verehrt. Geboren 1709 im böhmischen Alt Benatky führte ihn sein abenteuerlicher Lebensweg als Vokalist ans Benediktinerkloster der Kirche St. Nikolai nach Prag, später als Kapellknabe zu den Jesuiten in Dresden. Dort begegnete er dem Flötisten Quantz und den Brüdern Graun, die ihn prägten und seinen Musikstil beeinflussen sollten. Über Wien und Warschau kam Benda wieder nach Dresden, wo er am Hof August des Starken wirkte. In Dresden traf er erneut auf Quantz, der mittlerweile zum Musikzirkel um den preußischen Kronprinzen Friedrich gehörte. 1733 begegnete Benda Friedrich zum ersten Mal in Ruppin, ein Ereignis, das sein weiteres Schicksal besiegelte: als 1. Geiger und Konzertmeister des königlichen Orchesters war er in Rheinsberg und später in Potsdam tätig. Doch auch als Komponist wirkte der Böhme. Der größte Teil seiner Flötensonaten und -konzerte dürfte dem König auf den Leib geschrieben gewesen sein, denn der Monarch hat als Flötist selbst im Alter noch beeindruckt. Musikkenner rühmen in Bendas Kompositionen für Violine noch heute sein oft akrobatisches Passagenwerk oder mitreißend schwungvolle, tänzerische Rhythmik. Sie geben einen lebendigen Eindruck davon, "welchen enormen Anspruch der Geiger Benda an sich selbst oder jeden anderen Interpreten seiner Werke gestellt hat". Benda, der 1786 in Potsdam starb, hinterließ ein Werk, "das zu den Wegbereitern der musikalischen ,Klassik' wurde und bis heute in seiner ,edlen Einfalt' und ,stillen Größe' an Charme und Ausdruck kaum verloren hat", so Karsten Erik Ose im Begleitheft zur CD Franz Benda - Flötenkonzerte (Christophorus CHR 77261). In einer Aufnahme mit Laurence Dean (Querflöte), Anne Röhrig (Violine) und der Hannoverschen Hofkapelle sind drei Konzerte und zwei Sonaten Bendas zu hören, die von seiner großen Künstlerschaft künden. "Musik ist stets an das Mittun vieler Menschen gekoppelt", heißt es in der Einleitung von Ingeborg Stein zu dem von der Ständigen Konferenz Mitteldeutsche Barockmusik in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen e.V. herausgegebenen Band Streifzüge durch die mitteldeutsche Musiklandschaft von Eberhard Kneipel und Johannes C. Virdung (Hinstorff Verlag, Rostock. 176 Seiten mit Fotos von Renate und Roger Rössing, zahlr. sw Abb., geb., 15,50 Euro). "Sie will gehört, gespielt, gesungen und getanzt werden. Nur dann ist sie aus dem Bann der Notenbücher erlöst, kann über die Jahrhunderte hinweg unser Herz höher schlagen und die Welt farbiger, schöner erleben lassen und somit bewirken, daß Freude im Alltag einkehrt und Festtage zu echten Festlichkeiten werden." Dem Herz und der Seele der mitteldeutschen Kulturlandschaft begegnet der Leser dieses Buches, das sich nicht zuletzt auch durch die brillanten Farbfotografien auszeichnet. Leider vermißt der unkundige Leser eine kleine Übersichtskarte, die ihm geographisch auf die Sprünge hilft. Informationen hingegen findet man in Hülle und Fülle - nicht nur über die Musikfreunden ohnehin bekannten Komponisten Bach und Händel, auch über den Ostpreußen eng verbundenen Johannes Eccard, Heinrich Albert oder Johann Friedrich Reichardt erfährt man vieles, übrigens auch über Franz Benda und seinen jüngeren Bruder Georg oder über den Musiktheoretiker Michael Praetoris, der uns die wunderschönen Weih-nachtslieder "In dulci jubilo" und "Es ist ein Ros' entsprungen" hinterließ. Silke Osman |