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06.12.03 / Wer das Volk fragt, wird bestraft / Der Ton zwischen der spanischen Zentralmacht und der baskischen Regionalregierung verschärft sich wieder

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 06. Dezember 2003


Wer das Volk fragt, wird bestraft
Der Ton zwischen der spanischen Zentralmacht und der baskischen Regionalregierung verschärft sich wieder

In Spanien hat sich die Auseinandersetzung zwischen der Zentralregierung in Madrid und der baskischen Regionalregierung erheblich verschärft. Der Ministerrat beschloß bei seiner letzten Sitzung, die Durchführung der von der baskischen Regierungspartei PNV geplanten Volksbefragung unter Gefängnisstrafe zu stellen. Damit will Madrid den nach dem baskischen Regierungschef benannten "Plan Ibarretxe" zu Fall bringen, der die Unabhängigkeit der nördlichen Provinz vom spanischen Mutterland anstrebt.

Nach Angaben der spanischen Regierung soll künftig jeder, der zu einer illegalen Volksbefragung aufruft, mit Gefängnis zwischen drei und fünf Jahren sowie einem verschärften Hausarrest zwischen sechs und zehn Jahren bestraft werden können. Mit der gleichen Haftstrafe sollen Politiker und Verwaltungsbeamte belegt werden, die mit öffentlichen Geldern Parteien finanzieren, die von der Madrider Regierung verboten worden sind, wie Batasuna oder ihre Nachfolge-Gruppierungen, die als verlängerter parlamentarischer Arm der Terror-Organisation ETA gelten. "Das ist eine überzeugende Antwort auf die Richtung, die die Baskische National-Partei eingeschlagen hat - nämlich die, daß wir nun damit einverstanden sind, die totale Kon- frontation zu suchen", kommentierte Arbeitsminister Eduardo Zamplana, der zugleich Regierungssprecher ist, den drastischen Schritt des Kabinetts.

Der baskische Regierungschef Juan Jose Ibarretxe ließ sich von der Drohung aus der spanischen Hauptstadt nicht einschüchtern. Am Rande einer Parlamentssitzung in Vitoria erklärte er, sollte die baskische Volksversammlung ein Referendum über den künftigen Weg des Landes wünschen, so werde sie dieses selbstverständlich auch durchführen. Gleichzeitig appellierte er an die Sozialistische Partei, mit ihm über eine autonome baskische Regierung zu verhandeln, und forderte die konservative Partei von Ministerpräsident Jose Maria Aznar dazu auf, "den Topf, in dem der Haß brodelt, mit dem Deckel zu verschließen".

Nicht nur bei den Separatisten ist der jüngste Vorstoß der Regierung auf Ablehnung gestoßen. Besonders verbittert zeigten sich die Sozialisten, die bislang den Anti-Terror-Pakt mit den Konservativen widerspruchslos mitgetragen hatten. Ihr Vorsitzender Luis Rodriguez Zapa-tero wurde von der Ankündigung, das Strafrecht in dieser Weise zu verschärfen, ausgerechnet während eines Treffens mit Opfern des ETA-Terrors überrascht. Am Wochenende sprach er sich dagegen aus, politische Probleme mit Hilfe der Justiz zu lösen. Mit ähnlichen Worten reagierte man in Katalonien, wo die baskischen Unabhängigkeitsbestrebungen mit besonderem Interesse verfolgt werden, da man auch hier Distanz zur Zentralregierung in Madrid halten will.

Der Madrider Vorstoß stellt nichts anderes dar als eine Reaktion auf baskische Zumutungen während der letzten Monate. Die Baskische National-Partei ließ in der Tat keine Gelegenheit aus, die Regierung in der Hauptstadt zu reizen. Als bekannt wurde, daß das Parlament in Vitoria öffentliche Gelder dazu verwendet, Familien Zuschüsse für Reisekosten zu gewähren, damit sie ihre Angehörigen, die wegen Terrorismus verurteilt wurden und in Gefängnissen sitzen, besuchen können, brach im übrigen Spanien ein Sturm der Entrüstung los. Kaum war dieser abgeklungen, wurde bekannt, daß im Baskenland Schüler, die dort nicht geboren wurden, automatisch als "Einwanderer" gelten, auch wenn sie aus den übrigen spanischen Landesteilen stammen. Sie müssen dem Unterricht in baskischer Sprache folgen, da ihnen keine Alternative in Spanisch angeboten wird. Als nun die Separatisten ihren Fahrplan zur staatlichen Unabhängigkeit auf den Weg brachten, sprach Madrid von einem klaren Bruch der Verfassung, den es kei-nesfalls tatenlos hinnehmen werde. M. L.