Die Wahl ist eine Farce! - Diesem Ausruf einer wütenden Frau und einem rohen Ei, das auf seinem Revers zerschellte, sah sich Premierminister Kasjanow ausgesetzt, als er an die Wahlurne trat, um seinen Stimmzettel abzugeben.

In der Tat scheint Putins Kalkül, seine Macht im Kreml zu manifestieren, aufgegangen zu sein. Das den Präsidenten unterstützende Regierungsbündnis hat die Zweidrittelmehrheit im russischen Parlament wiedererlangt. Angesichts der Tatsache, daß noch im Sommer Umfragen zufolge die Kommunistische Partei gleich lag mit der Einheitspartei, fiel das Wahlergebnis sogar überraschend gut aus. Daß die Regierung für die Durchsetzung ihrer Ziele üble Taschenspielertricks anwendete, regt indes niemanden sonderlich auf. Der Westen ist eher an einem stabilen Rußland, an guten Geschäften und freundschaftlichen Beziehungen zum östlichen Nachbarn interessiert als daran, daß Menschenrechte und demokratische Grundrechte den dort lebenden Menschen garantiert werden. Den Menschen in Rußland ist nach den oft leidvollen Erfahrungen mit Privatisierung und freier Marktwirtschaft, bei der die kleinen Leute oft schlechter abschnitten als zu Sowjetzeiten, Politikmüdigkeit nicht zu verdenken. Viele wünschen sich ein stabiles Land, eine Macht, auf die sie wieder stolz sein können. Die Wahlbeteiligung lag nur bei knapp 52 Prozent.

Nachdem unabhängige Fernsehsender unter Putins Ägide wieder verstaatlicht wurden, die Pressefreiheit der übrigen Medien beschnitten wurde, Opponenten, die den Erfolg der Regierungspartei hätten gefährden können (wie der Unternehmer Chodorkowskij), rechtzeitig verhaftet wurden, verwundert das Wahlergebnis in der Tat nicht mehr. Die Berichterstattung in den russischen Medien bleibt weitgehend unkritisch. Selbst die liberale Nesawissimaja Gaseta berichtet zurückhaltend, indem sie die Wahl mit einem Fußballspiel vergleicht. Am 2. März 2004 findet das Rückspiel, die Wahl des Präsidenten, statt: Dann wird Putin wohl endgültig der neue, ungekrönte "Zar" im Kreml sein. (Siehe auch Seite 5.)
M.R.K.