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20.12.03 / 27.12.03 / Sieg mit fadem Nachgeschmack

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 20. u. 27. Dezember 2003


Sieg mit fadem Nachgeschmack

Kein Zweifel besteht, daß mit dem früheren irakischen Diktator Saddam Hussein ein mutmaßlicher Massenmörder gefaßt wurde. Den amerikanischen Besatzungstruppen im Irak war dieser - wenn auch verspätete - Erfolg zu gönnen. Und dennoch bleibt angesichts der Umstände der Festnahme ein schaler Nachgeschmack zurück. Da ist zunächst einmal die Tatsache, daß Saddam verraten wurde - von Mitgliedern seines Clans, die sich offenbar die 25 Millionen Dollar der von den Amerikanern ausgesetzten Belohnung erwarten. Nicht die Gerechtigkeit, sondern der schnöde Mammon trug also den Sieg davon.

Und da waren zweitens Bilder vom gefangenen Saddam, welche die Runde über sämtliche Fernsehkanäle machten und offenbar absichtlich immer wieder gezeigt wurden. Sie zeigen, wie Saddams Haarschopf "gefilzt" wird und wie ein untersuchender Amerikaner, ob Arzt oder einfacher Soldat, ist schwer zu erkennen, mit einem Holzstab, wie er bei Zahnärzten üblich ist, den Mund des Gefangenen öffnet und mit einer Taschenlampe in Saddams Rachen hineinleuchtet. Da soll offenbar die vollkommene Hilflosigkeit und Unterwerfung des Gefangenen demonstriert werden. Offenbar sollte dabei auch untersucht werden, ob Saddam vielleicht eine Blausäurekapsel unter der Zunge versteckt hatte - man wollte, angesichts der Erfahrungen, die man nach 1945 mit NS-Größen (Göring, Himmler) gemacht hatte, auf Nummer Sicher gehen.

Dennoch: Die Filmsequenzen, die den Zuschauern einen tiefen Blick in den Rachen des gefangenen Saddam ermöglichten und die weitaus überlebensgroß auf dem Times Square im Herzen New Yorks immer wieder gezeigt wurden, hinterließen ein Gefühl menschlicher Entwürdigung. Auch der größte Verbrecher ist ein Mensch, auch er hat Anspruch auf eine Intimsphäre. Um ihn der Öffentlichkeit zu zeigen, hätte es solch "tiefer Einblicke" in den Schlund und die Kehle des Delinquenten nicht bedurft.

Wohlgemerkt - es ging hier nicht in erster Linie um die Menschenwürde des Saddam Hussein. Es ging um die Menschenwürde der Sieger und der Millionen Zuschauer. Es war, als hätte man einen Menschen bei der Verrichtung seiner intim-sten Bedürfnisse überrascht. Man braucht kein Prophet zu sein, um festzustellen, daß viele Araber und Moslems diese Art der Zurschaustellung als tiefe Demütigung und als Bestätigung für westlichen Hochmut empfinden werden. Die Folgen werden nicht auf sich warten lassen. Den Zuschauern aber bleibt der schlechte Nachgeschmack - doch über Geschmack läßt sich bekanntlich nicht streiten. Carl-Gustaf Ströhm