19.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
20.12.03 / 27.12.03 / Licht und Schatten / Sensible Autobiographie des Ex-Tennisstars Boris Becker

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 20. u. 27. Dezember 2003


Licht und Schatten
Sensible Autobiographie des Ex-Tennisstars Boris Becker

Eigentlich sollte man das in diesem Jahr ausgeartete Phänomen, daß jeder Prominente und Möchtegern-Prominente seine Autobiographie auf den Büchermarkt bringt, nicht auch noch unterstützen, indem man diese Werke, die häufig nicht über den Bildzeitungsstil hinauskommen, liest. Allerdings sind auch die Leser nur Menschen, und ein wenig Klatsch und Tratsch schadet bekanntlich nicht.

"Augenblick, verweile doch ..." lautet der auf einem Faust-Zitat beruhende Titel der Becker-Autobiographie. Aber was haben der berühmte deutsche Ex-Tennisspieler und Goethe gemeinsam? Ist dieses Werk vielleicht einmal nicht ganz so oberflächlich wie das von Bohlen, Effenberg oder Naddel?

Thomas Gottschalk lobte bei "Wetten daß ..." Boris Becker für seine bestechende Ehrlichkeit und nannte damit den großen Vorzug des Buches. "Ich sollte Wunderkind und Märchenprinz sein. Mal wurde ich zum germanischen Lichtgott ernannt, dann zum Tennis-Engel. Doch die Wirklichkeit war oft

anders: statt Freude Frust, Erwartungsdruck, Schlagzeilen, nationale Euphorie, Enthüllungen und Erfindungen der Medien, Begegnungen mit Rassismus und der Last des Ruhmes. Während 15 Profijahren täglich Licht und Schatten. Und später wurde es eine Zeitlang richtig dunkel."

Die nicht chronologisch, sondern thematisch aufgebaute Autobiographie ist zwar ein wenig zuviel von Selbstmitleid statt von Humor durchzogen, jedoch ist nicht von der Hand zu weisen, daß es unser Bobbele nicht einfach hatte, tapste er doch eine Zeitlang vor aller Augen von Fettnäpfchen zu Fettnäpfchen.

Dank Bild dachten wir, alles über ihn zu wissen, doch Becker hat tatsächlich noch einiges zu sagen und auch eine Menge richtigzustellen. Eigentlich ist "Augenblick, verweile doch ..." überraschend gut, wenig Tratsch und Klatsch, viel nachdenklich sensibler Boris. Da Becker (oder sein sogenannter "Ghostwriter") Privates wie Berufliches gleichermaßen anspricht, findet er auch ein breites Lesepublikum, was seine sofortige Plazierung in der Spiegel-Bestsellerliste unterstreicht.

Noah, Elias sowie auch das "Wäschekammerergebnis" Anna (und die willigen Käufer) "sollen erfahren, daß Tennis für mich eine Art Freiheitskampf gewesen ist, ein Weg in die Unabhängigkeit. Ich bin angekommen - gerade mal 35 Jahre alt, und am Ende und Anfang zugleich." R. Bellano

Boris Becker: "Augenblick, verweile doch ...", C. Bertelsmann, München 2003, geb., 317 Seiten, 21,90 Euro