Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
©
Preußische Allgemeine Zeitung / 03. Januar 2004
Bei starkem Wind, Regen und Kälte konnten Passanten der Luisenbrücke in Tilsit letzten Monat fünf Männer beobachten, die, gegen die Strömung ankämpfend, sich von einem Boot ins Wasser hinabließen. Unter der Brücke war ein Kran montiert. Die Männer befanden sich nicht auf Schatzsuche, wie sich herausstellte, sondern es handelte sich um den Versuch, aus dem eisigen Wasser einen Gegenstand von historischem und kulturellem Wert zu bergen. Bei Restaurierungsarbeiten an der Luisenbrücke, die im letzten Sommer von St. Petersburger Spezialisten durchgeführt worden waren, hatten die Arbeiter an einem klaren Tag auf dem Grund des Flusses eine Statue liegen sehen. Zu Recht mutmaßte der Direktor des historischen Museums von Ragnit, Georgij Ignatow, daß es sich bei den Gegenständen um deutsche Brückenornamente handele, die die Sowjets im Jahre 1964 als "faschistisch" abmontiert, in die Fluten geworfen und durch das Wappen der Union der Sozialistischen Sowjet-Republiken ersetzt hatten. Inzwischen weiß man, daß in etwa 15 bis 18 Metern Entfernung vom linken Memelufer, etwa auf Höhe des ersten Brückenpfeilers, auf dem Grund zumindest ein Basrelief der Königin Luise, zwei Vasen und eine Skulptur liegen. Der Museumsdirektor wandte sich an die örtliche Feuerwehr um Hilfe, die trotz des ungünstigen Wetters den Versuch wagen wollte, die Gegenstände zu bergen. Im Sommer beträgt die Tiefe zwischen 1,10 Meter und 2,50 Metern, jetzt, im Winter muß man gut einen Meter hinzuzählen. Die Wassertemperatur liegt um null Grad ... Die Chancen für den Erfolg des Unternehmens standen schlecht. Selbst die Zuschauer am Ufer, die der fünfstündigen Aktion lediglich zugesehen hatten, schienen halb erfroren zu sein. So verwunderte es niemanden, daß die Feuerwehrleute und ein Taucher die Gegenstände zwar finden, aber aufgrund der starken Strömung nicht bergen konnten. Doch die Bergungsmannschaft will sich nicht geschlagen geben: Für den kommenden Sommer, wahrscheinlich im Juni, kündigte sie einen neuen Bergungsversuch an. Selbst wenn es gelingen sollte, das Flachrelief von Königin Luise aus dem Wasser zu holen, würde es nicht wieder an seinen angestammten Platz zurückkehren, denn dort, wo zwischenzeitlich das Sowjetwappen montiert war, hängt inzwischen bereits eine originalgetreue Kopie des Luisenreliefs. Das Original soll statt dessen einen würdigen Platz im Museum erhalten. Manuela Rosenthal-Kappi |