23.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
10.01.04 / Die ostpreußische Familie

© Preußische Allgemeine Zeitung / 10. Januar 2004

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
Ruth Geede

Lewe Landslied und Freunde unserer Ostpreußischen Familie,

wenn all die guten Wünsche, die mich zum Jahreswechsel erreichten, in Erfüllung gehen sollten, würde das ein tolles Jahr für unsere Ostpreußische Familie. Über einen habe ich mich besonders gefreut, weil er so herzlich und ehrlich war. Er kommt von einer Samländerin aus Kumehnen. Trotz ihres schweren Schicksals - sie blieb als Zwölfjährige mit ihrer kleinen Schwester allein unter der Russenherrschaft zurück, mußte erleben, wie zwei Brüder und die Mutter starben - lebt sie heute zufrieden mit ihrem Mann in Mainz. Und dann schreibt sie: "Liebe Frau Geede, was mir immer wieder auffällt, ganz selten sagen die Menschen zu Ihnen danke schön, und das macht mich traurig. Ich möchte mich mal bedanken, auch bei Ihren Mitarbeitern, Ihr seid ein tolles Team!" Also, diesen Dank reiche ich gerne weiter an unser "Familienteam", denn nur zusammen sind wir so erfolgreich. Aber nicht jede Lobeshymne, die uns gesungen wird, kann ich hier erwähnen, es sind viel mehr, als ich weitergeben kann, und deshalb brauchen Sie, liebe Frau Hertha, auch nicht traurig zu sein.

Einen ganz lieben und ganz langen Brief erhielt ich von Marion Enkelmann, in dem sie noch einmal auf die Erfolge eingeht, die ihr durch unsere Familie zuteil wurden. Vor zwei Jahren suchte sie, die nie die Heimat ihrer Familie kennenlernte - sie wurde 1963 geboren - nach ihren Verwandten Asmus und Kurbjuhn aus dem nördlichen Ostpreußen. Die Kinder aus der zweiten Ehe ihres Urgroßvaters Friedrich Asmus hat sie bisher nicht gefunden - sie müßten noch leben, denn die sind in den 30er Jahren geboren. Aber ihren Großonkel Fritz Asmus - Bruder ihrer geliebten Großmutter - hat sie gefunden, er lebte nur 60 Kilometer von seiner Schwester entfernt in Mecklenburg, einer wußte nichts von dem andern. Frau Enkelmann war dabei, als ich diese unglaubliche Geschichte auf dem Ostpreußentreffen in Leipzig erzählte, und sie hatte, wie sie schreibt, Tränen in den Augen. Nun hat sie seinen Sohn, also ihren Onkel, kennengelernt. Ich lasse sie erzählen: "Es war, als würde sich ein Kreis schließen. Ein Kreis, der 1944 zerbrach und den wir Nachfahren nun schließen. Es war für mich ein unbeschreibliches Gefühl, als der Sohn von Fritz Asmus vor mir stand, von dem meine Oma immer gesprochen hat. Er hat die gleichen Augen wie sie, es war, als würde sie mich anschauen. Zwischen uns beiden sprang sofort der Funke über. Ich danke Gott, daß ich das erleben durfte!"

Die Liebe zu Ostpreußen hat diese Großmutter ihr eingepflanzt, und deshalb hat Marion Enkelmann einen großen Wunsch an unsere Ostpreußische Familie: Sie sucht ältere Heimatbriefe - vor dem Jahr 2000 - von Gumbinnen, Insterburg, Ebenrode und Schloßberg. Sie möchte einfach mehr von dem Land und Leben ihrer Vorfahren wissen, von der Vertreibung und von ihren Gefühlen, wenn sie heute die Heimat wiedersehen. Frau Enkelmann schreibt, daß die Briefe bei ihr in guten Händen wären. Sie übernimmt auch gerne die Portokosten. Ich glaube, diesen Wunsch wird unsere Familie ihr reichlich erfüllen. (Marion Enkelmann, Bertold-Brecht-Straße 12 in 08060 Zwickau.)

Es kommt nicht selten vor, daß - wie in diesem Falle - die oder der lang Gesuchte fast vor der eigenen Haustüre wohnt. So erging es auch Christian Kirsch aus Berlin, der sich mit der Geschichte der Jagdfliegerei im Zweiten Weltkrieg befaßt. Er wollte etwas über das Schicksal von zwei Ostpreußen erfahren, die 1942 in der III. Gruppe des Jagdgeschwaders 54 flogen. Es handelte sich um Georg Reinbacher aus Eydtkuhnen und Paul Konegen aus Allenstein. Waren sie gefallen, hatten sie den Krieg überlebt, konnten ehemalige Kameraden oder Angehörige etwas über die beiden Jagdflieger aussagen? Diese Fragen brachten wir vor längerer Zeit und - hörten nichts mehr. Bis jetzt. Denn nun schrieb uns Herr Kirsch, daß er Georg Reinbacher besucht habe! Der ehemalige Jagdflieger lebt nur eine halbe Autostunde von ihm entfernt in einem Vorort von Berlin! "Es ist schon recht merkwürdig, daß man jemanden aus Ostpreußen sucht, und der wohnt nur quasi um die Ecke!" stellt Herr Kirsch fest. Er bedankt sich für die vielen Zuschriften - "Es ist doch angenehm, wenn man soviel Hilfe bekommt" - und hofft nun, daß auch seine erneute Frage positive Resonanz findet.

Diesmal sucht er Angehörige eines ostpreußischen Jagdfliegers, der bereits 1943 im Luftkampf fiel. Es handelt sich um Hauptmann Leo Eggers, * 26. Juli 1912 in Königsberg. Er wohnte mit seiner Frau Cläre in der Dirschauer Straße 24. Leo Eggers war in den 30er Jahren Chef der Stabskompanie der 1. Gruppe des Jagdgeschwaders 1 in Jesau. 1939 wurde dort eine neue Jagdfliegereinheit, die 1. Gruppe des Jagdgeschwaders 21, aufgestellt, und Oberleutnant Eggers wurde Kapitän der neuen 2. Staffel. Nach dem Polenfeldzug und Verlegung in den Westen erfolgte die Umbenennung in III. Gruppe Jagdgeschwader 54. Eggers nahm als Kapitän der 8. Staffel am Frankreichfeldzug und den Luftkämpfen über England teil. Ab Frühjahr 1941 wurde er Kommandeur der Ergänzungsgruppe des JG 34, die von Cazaux nach Neukuhren verlegt wurde. Ein Jahr später wurde Hauptmann Eggers Kommandeur der Jagdfliegerschule 3 in Zerbst, kam dann an die Front zum Stab der III. Gruppe des Jagdgeschwaders "Udet". Hauptmann Leo Eggers fiel am 5. Juli 1943 bei Bjelgorod im Südabschnitt der Ostfront. Diese einzelnen Etappen seines Fliegerlebens haben wir deshalb aufgeführt, weil sich eventuell noch ehemalige Kameraden melden werden. (Christian Kirsch, Tropfsteinweg 47 in 12349 Berlin.)

Einen sehr voluminösen Brief bekam ich von dem Forstingenieur und Revierförster a. D. Hans-Georg Leber aus Greiz. Er enthielt viel Heiteres aus unserer gemeinsamen Heimat Ostpreußen, auch Interessantes wie eine handgeschriebene Karte von Agnes Miegel, aber der eigentliche Grund seines Schreibens ist ein anderer. Er sucht ehemalige Bewohner von Haffwerder, Kreis Labiau. Dort wohnte der 1926 in Königsberg Geborene, der die Forstlaufbahn einschlug, von Mai 1943 bis Juli 1944 bei der Familie Krause - als letzter Forstlehrling im "Staatsjagdgebiet Elchwald". Sein oberster Lehrherr war der Elchjägermeister Oberforstmeister Hans Kramer, Forstamt Pfeil, sein Lehrrevierförster Erich Ringhardt, Revierförsterei Grabenwald (Juwendt). Über das Schicksal seiner Hauswirtin Liesbeth Krause, die mit ihren Kindern Felix und Christa, der Haushälterin Frieda und einem "Opa" - ihr Mann war eingezogen - in einem Haus am Waldrand von Haffwerder wohnte, konnte Herr Leber etwas erfahren, aber nicht über das anderer Bewohner von Haffwerder, die ihm unvergeßlich blieben. Wie der alte Hausmeister, der an der Landstraße nach Ludendorf wohnte. Wie die Nachbarn der Familie Krause, eine junge kräftige Landwirtin mit Namen Gerda und die Familie des Bauern Weiss, der drei Töchter hatte: Helene, Betty und Gerda. Als Betty heiratete, hat Hans-Georg Leber mit seiner Hohner zum Tanz aufgespielt. Auf dem Hof war oft ein junger Mann zu Gast, der vom Wehrdienst befreit worden war. Er wurde "Juler" gerufen. Auch eine andere Hochzeit ist Hans-Georg Leber noch im Gedächtnis, die der Försterstochter aus Groß Baum. Herr Leber erinnert sich auch noch an einen Schmiedemeister in Haffwerder und an einen größeren Besitzer, der einen Zuchtbullen hatte, zu dem der junge Forstlehrling die Kuh des Revierförsters führen mußte - was ihm sehr peinlich war, denn der Bulle wurde von einem jungen, sehr schönen Mädchen geleitet. Unvergessen diese herrliche Zeit im "Elchwald", unvergessen die lieben Menschen von Haffwerder - wo sind sie geblieben, wer weiß etwas über ihr Schicksal? Über jede Zuschrift würde sich freuen Hans-Georg Leber, Gerhart-Hauptmann-Straße 5 in 07973 Greiz, Telefon 0 36 61 / 4 17 39.

Aber nun zu den Buchwünschen, und die sind heute sehr schwierig. Vor allem der nach einem litauischen Gesangbuch, das wohl kaum in einer deutschen Bibliothek vorhanden sein wird. Aber vielleicht irre ich mich - hoffen wir es jedenfalls für die litauische Wissenschaftlerin Vilija Gerulaitiene aus Vilnius. Als Mitarbeiterin des litauischen Instituts für Geschichte beschäftigt sie sich mit dem Leben und Wirken des Pfarrers Gottfried Ostermeyer (1716-1800) aus Trempen. Er hat ein litauisches Kirchengesangbuch "Giesmes sventos baznycioje ir namiej giedojamos" herausgegeben, das 1781 in Königsberg gedruckt wurde. Damals bemühten sich deutsche Geistliche in Ostpreußen um die Übertragung der deutschen Kirchenlieder ins Litauische, vor allem die Pfarrer, die einen starken Litaueranteil in ihrer Gemeinde hatten. Bis zur Vertreibung gab es ja in diesen Gemeinden nach dem deutschen Gottesdienst einen in litauischer Sprache. Es kann sein, daß sich dadurch doch noch ein Exemplar des alten Gesangbuches, das in Litauen als verschollen gilt, erhalten hat. Die litauische Wissenschaftlerin hat auch schon einige Trempener angeschrieben. Vielleicht findet sich zumindest ein Hinweis auf das Buch im Nachlaß der letzten Pfarrersfrau von Trempen, Lieselotte Murach? Es würde mich freuen, wenn wir in dieser schwierigen Suchfrage weiterkämen. (Vilija Gerulaitiene, Ukmerges 208-8 in 2010 Vilnius, Litauen.)

Leichter dürfte sich der Wunsch von Marianne Imhoff erfüllen lassen. Die heute in der Schweiz lebende Königsbergerin ist die Tochter des Konzertmeisters Otto Stork, Erster Geiger im Rundfunkorchester des Reichssenders Königsberg, der auch ein hervorragender Fotograf war. Seine Landschaftsaufnahmen sind in vielen Bildbänden zu finden. So auch in dem Buch "Heimat Ostpreußen, 64 Fotos", herausgegeben 1952 vom Verlag Elwert / Gräfe & Unzer. Das Geleitwort zu diesem Bildband schrieb der damalige Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen, Ottomar Schreiber. Wer besitzt es und überläßt es Frau Imhoff, die ihren Wunsch so nett formuliert: "Eine Bitte an die Ostpreußische Familie, die fast alles möglich macht!" Hoffentlich können wir hier das Wort "fast" streichen! (Marianne Imhoff, Schorenstraße 2 D in CH-3604 Thun, Schweiz.)

Zum Abschluß ein schöner Erfolg: Hildegard Schneider aus Neuzelle suchte Informationen über die Künstlerin und Frauenrechtlerin Hanna Bieber-Böhm, weil der dortige Heimatkreis eine Gedenktafel für die sehr sozial eingestellte Frau schaffen will, der dieser Ort sehr viel zu verdanken hat. Außerdem plant man eine Dauerausstellung mit Werken der in Ostpreußen geborenen Malerin und Zeichnerin. Unsere Familie sollte hier Mittlerin sein, und sie hat ihre Aufgabe erfüllt, denn Frau Schneider konnte mir jetzt mitteilen, daß es zu einer Verbindung mit Familienangehörigen der ostpreußischen Künstlerin gekommen ist.

Eure Ruth Geede