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17.01.04 / Fehler im kleinen Einmaleins

© Preußische Allgemeine Zeitung / 17. Januar 2004

Fehler im kleinen Einmaleins
von Jürgen Liminski

Die Mutter der Nation, wie Familienministerin Renate Schmidt sich wohl gern nennen läßt, jammert derzeit recht laut. Auch andere Politiker beklagen das Los der Familie und die fehlenden Kinder. Und die Zahl der Ökonomen wächst, die darauf hinweisen, daß mit den fehlenden Kindern der Konsum sinkt, die Innovationskraft nachläßt und die Kosten der Sozialsysteme steigen. Der Wohlstand aller ist gefährdet.

Eigentlich müßte die Politik also nun angesichts der gesammelten Beschwerden dafür sorgen, daß die Familien, die einen hohen Konsumbedarf haben, diesen zum Wohl der Wirtschaft auch befriedigen können - und den Familien so nebenbei auch mehr Gerechtigkeit widerfahre. Dem Gesetzgeber wurde nämlich erstmals im "Trümmerfrauen-Urteil" vom 7. Juli 1992 von den Richtern in Karlsruhe aufgegeben, die relative Einkommenslage der Familien im gesamten "Transferrecht" des Steuer- und Sozialversicherungssystems "mit jedem Gesetzgebungsschritt" zu verbessern. Das Gegenteil passierte mit dem gefeierten Kompromiß zur Steuerreform. Statt die Familien zu entlasten, wurde der Abstand zwischen Familienhaushalten und Singlehaushalten noch vergrößert.

Es will wohl nicht in die Köpfe der Politik, das kleine Einmaleins der Wirtschaft. Wenn ein Single 1.000 Euro weniger Steuern zahlen muß und eine vierköpfige Familie 2.000 Euro weniger, dann ist die Entlastung für die Familie nicht doppelt so groß, sondern halb so groß, weil 2.000 durch 4 immer noch 500 sind und 500 eben die Hälfte von 1.000. Natürlich ist das in der sozialen Wirklichkeit genauer zu rechnen. Nach den Regelsätzen der Sozialhilfe mit 1,0 für den Haushaltsvorstand, 0,8 für den Ehegatten und je 0,6 für die Kinder wären es nur 3,0, durch die die Entlastung zu teilen wäre. Aber hinzu kommt die Kürzung durch die Pendlerpauschale, welche die Familien stärker trifft, weil sie wegen der Miet- oder Baukosten in die Vororte gegangen sind. Und wer vorhatte zu bauen, muß jetzt noch einmal schärfer rechnen, weil auch die Kürzung der Eigenheimförderung das Familienbudget schmälert, es sei denn, man hat sechs und mehr Kinder. Ab da wird die Neuregelung wieder interessant.

Kurzum, die Familien sind wieder die Verlierer. Daran wird sich wohl so bald nichts ändern. Schröder, Eichel, Fischer und Co. haben kein Herz für sie. Im Gegenteil, sie wollen keine weiteren Steuerkürzungen, sondern plädieren für das Vereinfachen des Systems, was so viel bedeutet wie Abschaffung von Steuervorteilen. Das wird die Familien erneut treffen.

Frau Schmidt darf dann wieder in Interviews ihr SOS morsen und ein Loblied auf die Familie als solche singen. Sie kann es im Chor mit Frau Merkel und jenen Parteigrößen tun, die wie die CDU-Chefin die Kompromißlinie in der Steuerfrage tatsächlich auch nur bei der Vereinfachung ohne Steuerkürzung sehen.

Gerecht und verfassungskonform wäre es dagegen, den Steuerfreibetrag pro Kopf zu erhöhen, etwa wie die Modelle von Kirchhof und Merz es vorsehen: 8.000 Euro/Jahr pro Person im Haushalt. Das wäre eine Steuererleichterung, die sich in vielerlei Hinsicht lohnen würde. Aber der Wohlstand wird noch weiter sinken müssen, bevor die Politik begreift, daß sie an dem Ast sägt, auf dem die deutsche Gesellschaft sitzt.

Unverbindliches Loblied auf die Familie: Bundesministerin Renate Schmidt (SPD). Foto: KDV