29.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
17.01.04 / Offizielle Ehrung für Initiator eines symbolischen Lynchmordes

© Preußische Allgemeine Zeitung / 17. Januar 2004

Offizielle Ehrung für Initiator eines symbolischen Lynchmordes

Jener Dienstag im Februar 1999 ist ein bemerkenswertes Datum in der jüngeren Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. An diesem Tag fand auf dem Gelände der ehemaligen Hermann-Göring-Werke in Drütte eine Veranstaltung statt, wie sie auf deutschem Boden zumindest in der Nachkriegszeit ohne Beispiel ist.

Die Hermann-Göring-Werke in der Nähe von Braunschweig - auch als "Hütte Braunschweig" bekannt - waren gegen Ende des Krieges einer der größten Rüstungsbetriebe des Dritten Reiches. Um die Menge der Rüstungsgüter steigern zu können, wurden anfänglich Fremdarbeiter, später auch KZ-Häftlinge in den Stahlwerks- und Rüstungsbetrieben in Salzgitter eingesetzt. Sie kamen aus dem KZ Drütte, einem Außenlager des KZs Neuengamme in der Nähe von Hamburg. Eine Gedenkstätte auf dem Werksgelände des Stahlwerkes erinnert an die 3.500 Toten der Zwangsarbeit und des KZs. Dies ist insofern bemerkenswert, als es sich um eine der wenigen Gedenkstätten der NS-Gewaltherrschaft mitten in einem produzierenden Werk handelt.

Das Gelände der ehemaligen Hermann-Göring-Werke, Drütte, ist heute eine der Betriebsstätten der Salzgitter AG. Größter Anteilseigner dieser zweitgrößten deutschen Stahlfirma ist das Land Niedersachsen. Gerhard Schröder kaufte nämlich mit dem Geld aus der Landeskasse im Frühjahr 1988 den Stahlkonzern von der Preussag AG und verhinderte so den vorgesehenen Verkauf des Unternehmens an die Voest Alpine in Österreich. Mit diesem Coup gewann er in der Folge die Landtagswahl in Niedersachsen. Gleichzeitig holte er sich damit auch die Kanzlerkandidatur seiner Partei für die Wahl im Herbst 1998.

Ausgerechnet auf dem mit dem Blut Tausender Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge belasteten Gelände ereignete sich ein Vorfall, der zumindest in der jüngeren Geschichte unseres Landes beispiellos ist. Bei einer Betriebsversammlung wurde ein Galgen aufgebaut, nur einen Steinwurf weit von der KZ-Gedenkstätte entfernt, unmittelbar zwischen dem ehemaligen Appelplatz, dem Lager der SS und der "Aktion 88", der Produktionsstätte der Flakgranaten. Der Galgen diente jedoch nicht etwa der Erinnerung an die Opfer des KZs, sondern einer symbolischen Hinrichtung.

Opfer der symbolischen Lynchjustiz war der damalige Chef der Salzgitter AG, Prof. Dr. Hans-Joachim Selenz. Hintergrund der Aktion: Das Land Niedersachsen und die Nord LB wollten sich nach der Bundestagswahl schnellstmöglich wieder von ihrer Beteiligung an dem Stahlwerk trennen und verhandelten mit der Arbed-Gruppe aus Luxemburg. Immer in Kenntnis auch der Arbeitnehmer, wie Ministerpräsident Glogowski später vor dem Landtag einräumen mußte.

Mitglieder der IG Metall, darunter Arbeitsdirektor Prof. Dr. Geisler, warfen Konzernchef Selenz vor, das Unternehmen im Alleingang und ohne Abstimmung mit dem Vorstand und dem Betriebsrat an die Luxemburger verkaufen zu wollen. Dies alles spielte sich ab vor 5.500 Mitarbeitern, Gästen aus der Politik und laufenden Fernsehkameras. Die Stimmung auf dem ehemaligen KZ-Gelände erinnerte an den Sportpalast zu schlimmsten Goebbels-Zeiten.

Die Vorwürfe gegen Selenz waren falsch, wie sich später herausstellte. Man hatte den Konzernchef, einen der weltweit renommiertesten Metallurgen, mit dreisten Lügen aus dem Amt gejagt, nachdem er sich geweigert hatte, die nach seinen Aussagen gefälschten Bilanzen der Preussag AG zu unterschreiben.

Politische Beobachter sind sich übrigens einig, daß Schröder seinen Salzgitter-Coup ohne Selenz niemals hätte landen können. Später ließ er dann den Konzern-Chef im Lügenregen der IG Metall einfach stehen; der Mohr hatte seine Schuldigkeit getan! Weiter war bemerkenswert, daß CDU-Mitglieder von dieser Pogromveranstaltung ausdrück-lich ausgeschlossen waren: IG Metaller, SPD-Genossen und Grüne wollten unter sich sein.

Der Skandal ist erst jetzt, nach fast fünf Jahren, in das Bewußtsein der Bevölkerung in der Region gerückt worden, da die Stadt Peine einem der Hauptverantwortlichen für den symbolischen Lynchmord, Arbeitsdirektor Geisler, den städtischen Ehrenring verleihen will. Der IG-Metaller schwächt die scheußliche Tat nunmehr ab und erklärt, die Puppe, die Selenz darstellte, habe nicht an einem Galgen, sondern an einem Hubwagen "gebaumelt".

Besser und gründlicher kann sich ein Gutmensch gar nicht mehr enttarnen. "Hängt es sich an einem Hubwagen gemütlicher?" fragt folgerichtig ein Leser der örtlichen Zeitung. "Es ist der Strick, der tötet, ob an einem Galgen, Fensterkreuz oder Hubwagen." Und ein anderer stellt fest, daß symbolisches Lynchen durch den Ausdruck "baumeln" nicht weniger menschenverachtend wird. Heiner Hofsommer