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24.01.04 / "Kultur muß refinanzierbar sein" / Expertentagung der Hans-Seidel-Stiftung brachte so manche ernüchternde Information

© Preußische Allgemeine Zeitung / 24. Januar 2004

"Kultur muß refinanzierbar sein"
Expertentagung der Hans-Seidel-Stiftung brachte so manche ernüchternde Information 

Das Deutsche Haus in Allenstein und die Entwicklung in Königsberg waren Themen einer gemeinsamen Expertentagung "Deutschland und seine Nachbarn im Osten - gemeinsame Kulturarbeit im erweiterten Europa" der Hans-Seidel-Stiftung und des Hauses des Deutschen Ostens in Wildbad Kreuth. Ministerialrat Walter Rösner-Kraus berichtete über das von der Bayerischen Staatsregierung und der Landsmannschaft Ostpreußen gemeinsam getragene "Haus Kopernikus" in Allenstein und seine Bedeutung für die Identitätsfindung der dortigen Deutschen. Er betonte den Beitrag der evangelischen Kirche und warnte davor, sich bei der Schaffung entwick-lungsfähiger Schwerpunkte zu verzetteln. 

Von Allenstein aus erwarte man sich zukünftig kulturelle Ausstrahlungen in den Ostseeraum und in das Königsberger Gebiet. Der Plan eines eigenen Kindergartens und eines Gymnasiums mit deutsch-polnischem Abitur sei nicht aufgegeben. Die Besuche der bayerischen Ministerinnen Barbara Stamm und Christa Stewens seien ein Beweis dafür, wie ernst es Bayern mit seiner Verpflichtung zur bestehenden Patenschaft für Ostpreußen sei. Angesichts der finanziellen Lage in Deutschland seien deutsche Häuser im Ausland nicht ständig in derzeitiger Höhe zu subventionieren. "Kultur muß refinanzierbar sein", das heißt, durch Sprachkurse und anderes müssen sich solche Institutionen auf Dauer selbst unterhalten. Die Chancen dafür stehen gut, da in der Universitätsstadt Allenstein die Hälfte der Bevölkerung unter 25 Jahre alt sei. 

Bedenklich dagegen sei die hohe Arbeitslosigkeit von 25 Prozent. Das "Haus Kopernikus" liegt in bevorzugter Lage Allensteins und stärkt auch das Selbstbewußtsein des Deutschen Vereins. Grundsätzlich meinte Rösner-Kraus: "Daß, eine Minderheit in attraktiver Beziehung zur Mehrheit stehen muß und keine Überfremdungsangst hervorrufen dürfe." Die erfolgreiche Arbeit des Allensteiner Hauses wurde inzwischen durch die Silberne Verdienstmedaille der Republik Polen gewürdigt. Nach dem EU-Beitritt Polens werde die Aufnahme von Haus Kopernikus in die EU-Förderprogramme angestrebt. Aus Königberg hatte der dortige Universitätsdozent Dr. Wladimir Gilmanov wenig Gutes zu berichten. Nach der Absage der Feierlichkeiten zum 750jährigen Stadtjubiläum sei die Skepsis der jungen Generation noch gewachsen. Tuberkulose breitet sich auch unter den Studierenden aus. Jeder zweite Königsberger ist arbeitslos. Während in St. Petersburg auf zehntausend Einwohner 218 Verbrechen kommen, sind es in Königsberg 248. Putin möchte Nordostpreußen mehr von Moskau regieren, die Stadtverwaltung aber blockt ab. Der Erfolg der Sonderwirtschaftszone ist ausgeblieben. Namhafter deutscher Investor ist nur BMW. 

Erfreulich ist lediglich der Fischfang. Jede zweite russische Fischdose kommt aus Nordostpreußen. Gilmanov, der auch die Königsberger Goethegesellschaft leitet, fühlt sich "tief in der russischen Tradition verwurzelt, meine Liebe aber ist Königsberg". Er strebt ein wahrheitsgetreues Geschichtsbild an und wünscht sich eine Internationale Universität, die sich der Kantschen Philosophie verpflichtet fühlt. Er erhofft sich einen euro- päischen Autonomiestatus, die Einführung der sozialen Marktwirtschaft und ein Nieder- lassungsrecht für die vertriebenen Königsberger. Der Schlüssel für solche Forderungen liegt aber nicht nur in Moskau, sondern auch in Brüssel, Warschau, Wilna und Berlin. Norbert Matern