27.04.2024

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07.02.04 / Leistung muß sich wieder lohnen

© Preußische Allgemeine Zeitung / 07. Februar 2004

Gedanken zur Zeit:
Leistung muß sich wieder lohnen
von Lienhard Schmidt

Der Reformstau hat mittlerweile einen für die Zukunft unseres Landes und seiner Menschen wahrhaft bedrohlichen Zustand erreicht. Die Behandlung von Symptomen hilft überhaupt nicht weiter, die Politik muß den Ursachen der Misere auf den Grund gehen, um überzeugende Problemlösungen zu finden und durchzusetzen.

Die breite Öffentlichkeit wird unausweichlich gewordenen Änderungen nicht mehr haltbarer Rahmenbedingungen und dem unabdingbaren Abschied von der Vollkasko-Mentalität um so eher Verständnis entgegenbringen, je besser sie informiert ist. Hier sollte eine präzise, sachliche und allgemeinverständliche Darstellung der komplexen Arbeitsplatzproblematik und ihrer Verflechtung mit der Wettbewerbsfähigkeit im Vordergrund stehen. Andernfalls steht Polarisierung sowie die nachhaltige Gefährdung des sozialen Friedens und der Wettbewerbfähigkeit unserer Wirtschaft ins Haus.

Nachstehend der Versuch, Zusammenhänge aufzuzeigen, die in dem Mißklang ständig veränderter Reformprojekte leicht übersehen werden könnten:

Schaffung oder Erhalt von Arbeitsplätzen setzt Nachfrage im Markt nach Produkten oder Dienstleistungen voraus, deren Absatz abhängt von im Vergleich zu anderen Anbietern qualitativ und preislich überlegener Wettbewerbsfähigkeit.

Zur Erreichung ausreichender Wettbewerbsfähigkeit sind hohe Flexibilität in der Anpassung an wechselnde Erfordernisse des Marktes, Innovationskraft, optimale Kostenkontrolle, Mobilität und nicht zuletzt der Wille zur Leistung im volkswirtschaftlich wie betriebswirtschaftlich solidarischen Zusammenspiel der Sozialpartner unabdingbar.

Diese Prämissen gelten für Binnen- und Weltmarkt gleichermaßen. Sowohl die fortschreitende technische Revolution als auch der globale Charakter der Wettbewerbslandschaft zwingen uns zur Anpassung unseres Verhaltens und unserer Rahmenbedingungen an die Realitäten, das heißt konkret: Unaufhörliches innovatives Ringen um bessere, kostengünstigere Angebote an Produkten, Verfahren und Dienstleistungen; radikale Entrümpelung beziehungsweise Reform der relevanten Rahmenbedingungen.

Nur wenn wir immer wieder Vorsprungpositionen mit hoher Wertschöpfung sichern, können wir unsere Erwartungen an Lebensstandard und Sozialleistungen erfüllen, einschließlich der Verantwortung für die (wirklich) sozial Schwachen, denen die gesamte Gesellschaft Hilfe schuldet.

Welche Faktoren gefährden die Erreichung der genannten Ziele, insbesondere aber die Wettbewerbsfähigkeit und unsere Arbeitsplätze in Deutschland?

Hier ist ein in Jahrzehnten gewachsenes Paket sich negativ ergänzender Faktoren zu nennen, insbesondere die sowohl für Unternehmen wie für Arbeitnehmer zu hohen Steuerlasten und Lohnnebenkosten; das teilweise vorhandene Mißverhältnis zwischen Lohn und Leistung/Qualifikation; die im Weltvergleich einmalige Regelungsdichte, deren Zeit- und Kostenaufwand nebst Unsicherheit über den jeweiligen Verfahrensausgang; die verbreitete Technik-/Fortschrittsfeindlichkeit mit ideologischem Hintergrund; der Rückstand in Forschung, Bildung und Ausbildung; die Verdrängung unverzichtbarer Grundwerte durch blinden Egoismus; die ideologisch fundierte Negativierung von Leistung und Eliten; Kommunikationsschwächen im Dialog der Sozialpartner.

Diese hausgemachten Belastungen zu beseitigen muß dringendes Anliegen der Arbeitgeber wie der Arbeitnehmer und ihrer Organisationen sein, im Verein mit Politik und Wissenschaft, von den Medien konstruktiv begleitet.

Das partei- wie auch gesellschaftspolitische Dilemma ist offensichtlich: Viel zu lange standen Problemverdrängung und ideologische Träumerei allen Versuchen im Wege, sich den Realitäten zu stellen, Fehlentwicklungen als solche zu erkennen und abzustellen sowie endlich eine zukunftssichernde Politik zu betreiben. Unser Maxistaat, auf Bundes-, Länder- und kommunaler Ebene, ist nicht mehr finanzierbar (die Staatsverschuldung hat 1,3 Billionen Euro überschritten, beträgt also rund das Fünffache des aktuellen Jahreshaushalts des Bundes). Keine der noch so vielversprechend angekündigten Reformen wird den bitter nötigen Erfolg bringen, solange der in Deutschland oft zitierte Spruch "Leistung muß sich wieder lohnen" nicht Alltagsrealität geworden ist. Gemäß neuester Gallup-Studie sind derzeit nur zwölf Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland engagiert tätig, 70 Prozent machen nur "Dienst nach Vorschrift", und 18 Prozent haben bereits innerlich gekündigt.

Hier sind nicht nur die Betriebsleitungen gefordert, sondern in erster Linie wohl die Träger politischer Entscheidungen, die sich eindeutig von dem Konzept der Vertagung allfälliger Problemlösungen auf die Zukunft und der Verschiebung der Schuldentilgung auf die noch nicht (und in immer geringerer Zahl) Geborenen verabschieden müssen. Das Wohl des deutschen Volkes zu mehren, dieser Verfassungsauftrag an die politische Klasse richtet sich doch vorrangig auf die Gegenwart, ohne freilich Lehren aus der Vergangenheit und Zukunftssicherung auszuschließen. Qualitätsmanagement auf breiter Front ist gefragt - heute!