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Preußische Allgemeine Zeitung / 20. März 2004
Zwischen Schrott und Schimmel Die Belastung unserer Soldaten vor allen Dingen durch Einsätze in allen
möglichen Winkeln der Erde wächst, ohne daß ihnen die notwendigen Mittel zur
Erfüllung ihrer Aufgaben zur Verfügung gestellt werden. Dadurch leidet
spürbar die "Motivierungs- und Stimmungslage in der Truppe", wie der
Wehrbeauftragte des Bundestages, Wilfried Penner, sich in seinem soeben
vorgelegten Jahresbericht 2003 ausdrückt. Folge der zahlreicher werdenden
Auslandseinsätze ist die Verschiebung der genuinen Aufgabe der Bundeswehr. War
sie ursprünglich allein zur Landesverteidigung gedacht, wird sie immer mehr zu
einem Expeditionskorps nach der Devise des Verteidigungsministers Struck,
Deutschland werde am Hindukusch verteidigt. Die Deformierung der deutschen Streitkräfte bringt eine Kette von
schwerwiegenden Problemen mit sich, Problemen sowohl für die Soldaten als auch
für das ganze deutsche Volk, wenn sich dieses Volk, inzwischen mutiert zur
Bevölkerung, noch mit seinen Soldaten identifiziert. Weil Deutschland seinen Soldaten die notwendigen Mittel für eine
ausreichende Ausstattung vorenthält, wird eine Reform an die andere gehängt.
Durch Reduzierung von Personal- und allen möglichen anderen Kosten (Beispiel:
Privatisierung des Fuhrparks, der Bekleidung, der Verpflegung), durch
Standortschließungen, durch Verkleinerung oder gar Abschaffung von
Waffensystemen will man die Streitkräfte in die Lage versetzen, den Forderungen
der Nato oder der USA nachzukommen. Das neue Ziel, die Bundeswehr, die vor zehn Jahren noch fast 400.000 Soldaten
umfaßte, auf 250.000 zu verkleinern, hat fatale Folgen. Die Soldaten und ihre
Familien leben in ständiger Unsicherheit, wie es mit ihnen weitergehen soll. Da
werden fortgesetzt Standorte geschlossen, Truppen neu formiert, was heute gilt,
wird morgen umgestoßen. Die Bundeswehr soll sich gliedern in 35.000 Soldaten
für die Einsatzkräfte, 70.000 für die Stabilisierungskräfte, 145.000 für
Unterstützungskräfte. Die Einsatzkräfte scheinen zufriedenstellend
ausgerüstet zu sein. Die immer größer werdenden Mängel machen sich vor allem
in der Ausbildung bemerkbar. Da berichtet der Wehrbeauftragte als Beispiel von
einem Panzerbataillon, das offiziell über 44 Kampfpanzer verfügt, von denen
aber nur sechs einsatzbereit sind. Ein Jägerbataillon hat gar nur einen (!)
einsatzfähigen Transportpanzer für Ausbildungszwecke. Aus einem
Fernmeldebataillon wird berichtet, daß, obgleich Soldaten aus dieser Einheit
für Auslandseinsätze vorgesehen sind, eine Kompanie über kein einziges Gewehr
G 36 für die Ausbildung verfügt, und auch über keine Pistole P 1. Es stehen
nur defekte G 3 bereit. Zum Teil fehlt den Einheiten sogar das Fernmeldegerät
(und das in einem Fernmeldebataillon!) - Lieferung Ende 2004, in einigen Fällen
erst 2006. Zu den "Auslandseinsätzen" gehörte im vergangenen Jahr die der
Bundeswehr übertragene Aufgabe, amerikanische Kasernen und andere militärische
Einrichtungen in Deutschland zu bewachen, damit die US-Soldaten im Irak Krieg
führen konnten. Das führte zu einer zunehmenden Verunsicherung, war doch damit
die Bundeswehr mittelbar beteiligt an einem Angriffskrieg. So berichtet Penner,
daß wegen der dubiosen Rechtslage im Politikunterricht Zweifel an der
Rechtmäßigkeit dieses Einsatzes geäußert wurden. Angesichts der strengen
Maßstäbe, die an Ereignisse der Vergangenheit angelegt werden, verblüfft es,
mit welchen Winkelzügen sich die Bundesregierung solchen prekären Fragen
entzieht. Sie beruft sich lediglich auf Artikel 24 Absatz 2 des Grundgesetzes ("Der
Bund kann sich zur Wahrung des Friedens einem System gegenseitiger kollektiver
Sicherheit einordnen ..."). Überall fehlt Geld zur notwendigen Sanierung maroder Kasernen. Die Möbel
sind Schrott, Räume sind von Schimmel und Pilzen befallen, die hygienischen
Mängel in zahlreichen Truppenküchen sind eklatant. Penner berichtet von
Durchfall- und Bindehauterkrankungen Tausender von Soldaten in den letzten
Wochen und spricht von "dringendem Handlungsbedarf". Doch steht das Geld
dafür nicht zur Verfügung. Als Folge der Mißstände muß die Bundeswehr
feststellen, daß immer mehr Unteroffiziere und Offiziere davon absehen,
Berufssoldat zu werden. Sie winken ab, wenn sie erst einmal den Alltag der
Truppe erlebt haben. Auch die Affäre Hohmann (beziehungsweise des vom Verteidigungsminister unter
schimpflichen Umständen seines Amtes enthobenen Kommandeurs des Kommandos
Spezialstreitkräfte, Brigadegeneral Reinhard Günzel) findet ihren Niederschlag
im Bericht. Die Verabschiedung Günzels, so Penner, werde in der Bundeswehr "überwiegend
für richtig gehalten", wobei man bedenken muß, wie schädlich es für
Soldaten wäre, sich öffentlich anders zu äußern. Allerdings liest man auch:
"Nähere Umstände dieser ministeriellen Maßnahme wurden zum Teil heftig
kritisiert. Die Kritik bezog sich auf das Fehlen einer persönlichen Anhörung
wie auch die öffentliche Verwendung des Wortes ,verwirrter General' durch den
Minister." Weitere Kritikpunkte sind unverändert die Besoldung von Soldaten aus der
alten DDR, die nur 91 Prozent des Soldes der "Wessis" erhalten, sowie die
1.399 Fälle von Drogenmißbrauch. Ihnen wurde ebenso- viel Platz eingeräumt
wie dem Horror-Thema "Rechtsextremismus". So mußte der Wehrbeauftragte
Kenntnis nehmen von 139 "besonderen Vorkommnissen mit Verdacht auf
rechtsextremistischen oder fremdenfeindlichen Hintergrund", was bedeutet, daß
0,05 Prozent der Bundeswehrangehörigen sich dieses schrecklichen Deliktes
schuldig gemacht haben. Da liest man etwa: "Während eines Aufenthaltes in
Spanien sang er (ein Maat) die ersten beiden Strophen des Deutschlandliedes und
sprach vom ,Führer'". Oder von einem Oberfeldwebel, der "einen
Hauptgefreiten als ‚Neger' bezeichnet" habe. Der Mann hat übrigens
zugeben müssen, daß er "vermummt an einer NPD-Veranstaltung teilgenommen hat".
Muß man sich etwa vermummen, wenn man in der Bundesrepublik an der
Veranstaltung einer unliebsamen, aber keineswegs verbotenen Partei teilnehmen will? Von derartigen Albernheiten abgesehen, ist ein solcher Bericht wichtig. Wenn
man einen Schluß ziehen soll, dann den, daß unser Staat mit seinen Soldaten
verantwortungslos umgeht. Kritisch: Der Wehrbeauftragte W. Penner hat schlechte Nachrichten.
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