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20.03.04 / Tod im Wald 

© Preußische Allgemeine Zeitung / 20. März 2004

Tod im Wald 
von Ronald Gläser

Im Jahr 1994 gründete Berlin die Bankgesellschaft Berlin. Damit führte das Land unter anderem die Berlin-Hyp, die Landesbank Berlin und die Berliner Bank unter dem Dach einer Holding zusammen. Der Diepgen-Senat glaubte, mit dem Großprojekt seinen finanziellen Spielraum ausbauen zu können.

Doch die öffentlich-rechtlichen Institute hatten keine Erfahrung mit dem freien Markt. Sie legten Immobilienfonds auf, deren Zeichnern Gewinne über Jahrzehnte hinweg garantiert wurden. In der anhaltenden Flaute fuhr das Prestigeobjekt deswegen gegen die Wand.

Gleichzeitig schufen sich die Verantwortlichen mit den umstrittenen Immobiliengeschäften ein Abkassierinstitut de Luxe. SPD- und CDU-Leute landeten auf den hochdo-tierten Aufsichtsrats- und Vorstandsposten.

Das Handeln der beteiligten Politiker läßt sich mit dem Begriff "Organisierte Kleptokratie" vortrefflich beschreiben. CDU-Strippenzieher Landowsky muß schließlich zurücktreten. Im Ruhestand genießt er dank seiner vielen Pöstchen monatliche Bezüge zwischen geschätzten 15.000 und 20.000 Euro. Der CDU/SPD-Senat stürzte über die Affäre, doch der SPD gelang es, ihre eigene Rolle bei dem Skandal zu vertuschen. So weit, so schlecht.

Doch der Skandal zieht noch weitere Kreise. Ein Toter wird gefunden. Er war Angehöriger einer Tochterfirma der Bankgesellschaft. Und die Berliner Justiz vergißt, sich das Handy des Toten anzusehen. Der Strick, an dem sich der Mann erhängt haben soll, wird vernichtet. Der ermittelnde Staatsanwalt rät angeblich dem Vater des Verstorbenen, die Leiche zu verbrennen, um "über den Schmerz hinwegzukommen". So sind alle Beweise futsch. Ermittlungen eingestellt. Aus die Maus.

Berlins früherer Justizsenator Wolfgang Wieland fühlt sich zu Recht an sizilianische Verhältnisse erinnert: Bilanzbetrug, Korruption, ein Toter, aus Angst untergetauchte Zeugen. Die Vorgänge lesen sich wie eine Mafia-Thriller. Wen wundert es noch, wenn sich die Bürger immer mehr von diesem Staat und seinen Institutionen abwenden?

Gegen Michel Friedman ist Berlins Generalstaatsanwalt Hans-Jürgen Karge vorgegangen. Er hat ihn (leider nur vorläufig) aus dem Verkehr ziehen lassen. Das war mutig. Aber bei einem Skandal, der die gesamte politische Klasse in Mißkredit bringen könnte, macht er einen Rückzieher. Wovor hat der Jurist Angst? Schreckt ihn das Schicksal des Toten im Wald?


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