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20.03.04 / Partei als Medienmogul / SPD bezeichnet möglichen Aufkauf der Frankfurter Rundschau als Erhalt der "Vielfalt der Presse"

© Preußische Allgemeine Zeitung / 20. März 2004

Partei als Medienmogul
SPD bezeichnet möglichen Aufkauf der Frankfurter Rundschau als Erhalt der "Vielfalt der Presse"

Ein Imperium wächst", titelte die FAZ und meinte damit keinesfalls Siemens, Telekom, Mercedes oder andere weltweit agierende Unternehmen, sondern den Medienkonzern Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft (DDVG), der gerade dabei ist, 75 Prozent der finanziell angeschlagenen Frankfurter Rundschau (FR) aufzukaufen. Doch was auf den ersten Blick eine erfreuliche Nachricht zu sein scheint, ist auf den zweiten Blick ein äußerst zweischneidiges Schwert. Denn die Herrscherin über jenes wachsende Imperium ist niemand anderes als die SPD.

Eine Partei, sogar noch eine, die an der Regierung ist, kauft eine überregionale Zeitung. Ist das Rechtens? Wie sind da noch Meinungs- und Pressefreiheit gesichert?

"Parteienmacht und Medienmacht gehören nicht in eine Hand", kommt es denn auch von seiten der Union. Deren rechtspolitischer Sprecher Norbert Röttgen hält den geplanten Einstieg der SPD-eigenen DDVG für nicht mit dem politisch-publizistischen Gebot der Gewaltenteilung vereinbar. Zudem: Inwieweit kann man noch von Chancengleichheit der Parteien reden, wenn eine der Parteien als Medien-Großunternehmer auftritt?

"Ein Netz aus Medien-Beteiligungen spannt sich über die gesamte Republik", klagt Sachsens CDU-Sprecher Clemens Löcke. So habe die DDVG "Anteile an 23 Zeitungen und 38 Anzeigenblättern mit einer Gesamtauflage von rund sechs Millionen und mit zwölf Millionen Lesern. Die SPD ist quasi ein Medienkonzern in der Größenordnung des Springer-Verlages."

Und tatsächlich, untersucht man die Zeitungslandschaft unter dem Aspekt der DDVG-Beteiligungen, so stellt sich heraus, daß die SPD fast in jedem Bundesland irgendwo mitmischt. Erst Anfang dieses Jahres wurde die bayerische Frankenpost zu 100 Prozent übernommen, angeblich nur provisorisch, bis sich eine andere Lösung fände. Keineswegs provisorisch sind die Beteiligungen an drei der vier größten Tageszeitungen in Sachsen. Der Vogtland-Anzeiger in Plauen gehört sogar zu 100 Prozent der Holding. Auch in Niedersachsen ist die DDVG präsent. So hält sie rund 20 Prozent der Madsack-Verlagsgruppe, die neben der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung unter anderem noch die Neue Presse und das Göttinger Tageblatt herausgibt, was eine Auflage von ungefähr 300.000 ausmacht. Die Westfälische Verlagsgesellschaft gehört der DDVG ebenfalls zu 100 Prozent.

Der Geschäftsführer des Verbandes der hessischen Zeitungsverleger, Gerhard Ohnesorge, hält das geplante Engagement der Medien-Holding in Hessen für durchaus "vertretbar", denn schließlich gehe es hier auch um den Erhalt von Arbeitsplätzen. Doch selbst wenn die SPD der Frankfurter Rundschau beim Kauf der vorgesehenen 75 Prozent 30 Millionen Euro zukommen läßt, ist mit weiteren Kündigungen zu rechnen. Die Strukturkrise in der Zeitungsbranche hat unter anderem aufgrund schwachen Anzeigengeschäfts nicht nur die Frankfurter Rundschau geschwächt. Diese wird, wenn alles nach Plan läuft, 2005 ungefähr 40 Prozent weniger Stellen haben als noch 2002 - rund 700 von 1.600 Mitarbeiter werden bis dahin ihre Arbeit verloren haben. Und das, obwohl die Mitarbeiter bereits auf rund 20 Prozent ihres Gehaltes sowie auf das Weihnachts- und Urlaubsgeld verzichteten. Für Geschäftsführer Günter Kamissek und die Angestellten wiegt die Angst vor Arbeitsplatzverlust schwerer als die Sorge vor dem möglichen Verlust der Meinungsfreiheit. Zudem gilt die Frankfurter Rundschau als linksliberal und stand der SPD schon immer sehr nahe.

Interessanterweise verkauft die SPD-Schatzmeisterin Inge Wettig-Danielmeier das Engagement der SPD in der Medienbranche sogar als Vorteil für die Meinungs- und Pressefreiheit. So wolle die DDVG verhindern, daß die gesamte deutsche Medienlandschaft von Großkonzernen beherrscht werde. Der deutsche Bürger habe der DDVG - die übrigens mit ihren Medienbeteiligungen trotz branchenweiter Rezession 2003 zwischen neun und zehn Millionen Euro verdient hat - sogar noch dankbar zu sein, da sie es sei, die "die Vielfalt der Presse" erhalte.

"Ach du heilige Einfalt", sollte nun vor allem die Hessen-CDU erwidern, doch die schweigt. Der Grund für diese unangebrachte Zurückhaltung ist eine Bürgschaft in zweistelliger Millionenhöhe, die das Land Hessen der Frankfurter Rundschau gegeben hat und die es, sobald die SPD die FR übernimmt, zurückerhält. Auch hier geht also Geld vor Meinung.

Trotz aller Beschwichtigungen der SPD, sich nicht in die Belange der einzelnen Zeitungen einzumischen, kann man sehr wohl vom "Ende der Vielfalt" reden. Schließlich weiß jeder Redakteur, wer sein Arbeitgeber ist, und daher ist kaum davon auszugehen, daß dieser vor lauter Idealismus beispielsweise irgendwelche Fälle von Korruption auf Regierungsebene aufdeckt und damit seinen Job gefährdet. Zudem kann die DDVG durchaus Einfluß darauf nehmen, welche Mitarbeiter eingestellt werden. So kann von vornherein dafür gesorgt werden, daß sich keine "konservativen Quälgeister" in den Redaktionsstuben breitmachen und die Leser möglicherweise noch auf - natürlich aus linker Sicht - völlig falsche Ideen bringen.

Die SPD kann den Einfluß auf "ihre" Medien also so klein reden oder auch rechnen, wie sie will, der Leser braucht nur die Zeitung aufzuschlagen und aufmerksam zu lesen, dann ist er ihm Bilde. Medienbeteiligungen der SPD sind nicht neu, und die Opposition hätte schon längst reagieren müssen. Deren nur ziemlich lauer Widerstand ist letztendlich beschämender als der fröhlich betriebene Einkauf der SPD in die deutsche Meinungsmacherbranche. R. Bellano


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