Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
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Preußische Allgemeine Zeitung / 20. März 2004
Bleibt in Ansätzen stecken Sind wir alle Verbrecher? Glaubt man dem reißerischen Titel dieses Buches,
so müßte jeder Deutsche "kriminell" sein. Wer verstößt beispielsweise
nie gegen Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung? Die Kriminalstatistik hält
jährlich 6,5 Millionen Straftaten fest, bei einer geschätzten Dunkelziffer von
500 Millionen. Allein der Versicherungsbetrug richtet per anno 2,5 Milliarden
Euro Schaden an. Riesige Verluste entstehen auch durch Schwarzarbeit, korrupte Beamte,
Parteibuchwirtschaft. Allein wegen Steuerhinterziehung verliert der Staat etwa
200 Milliarden Euro jährlich, während 2003 der Bundeshaushalt 250 Milliarden
Euro erreichte. Die Zahl der aufgeklärten Tötungsdelikte liegt erstaunlich
niedrig. Mindestens 60.000 Morde blieben in Deutschland jährlich unentdeckt,
vor allem weil rund 50 Prozent der Totenscheine, bedingt durch ärztliche
Inkompetenz, falsch ausgestellt würden. Das wahre Ausmaß der Kriminalität enthülle der Staat nicht, damit keine
Panik in der Öffentlichkeit entstehe. Gewiß präsentiert Christian Bommarius, Redakteur der Berliner Zeitung,
bemerkenswerte Zahlen. Dennoch liege seit Einführung der
Kriminalitätsstatistik 1882 die Zahl der jährlich Verurteilten konstant bei
einem Prozent der Gesamtbevölkerung. Die meisten Rechtsbrüche stellen nur
Bagatelldelikte dar. Der Polizeiapparat müßte gigantisch aufgebläht werden, wollte Justitia
alle Straftaten verfolgen. Die Obrigkeit ziehe es vor, jene, die sie fassen
könne, exemplarisch zu bestrafen, um potentielle Täter abzuschrecken.
Bommarius unterschlägt jedoch die Frage, ob der Staat Menschen für die "Generalprävention"
instrumentalisieren darf. Kriminalität gebe es in allen Gesellschaftsrängen,
aber primär landen Angehörige unterer Schichten - häufig wegen Drogendelikten
- im Gefängnis. Was soll und kann dieses Buch bewirken? Die wissenschaftliche Deutung des
Phänomens der Kriminalität bleibt in Ansätzen stecken. Zwar klagt Bommarius
darüber, daß die politische Klasse angesichts krimineller Jugendlicher nur den
Knüppel des Strafrechts schwinge, obwohl das eigentliche Problem in "Frustration,
Deklassierung und Verarmung" zu suchen sei. Dennoch vertritt auch Bommarius
letztlich simples "law-and-order"-Denken. So liest man die geistreiche
These, daß die Kriminalität "erst mit der Verwahrung des letzten Verbrechers"
ende. R. Helfert Christian Bommarius: "Wir kriminellen Deutschen", Siedler Verlag, Berlin
2004, 128 Seiten, 16 Euro
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