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01.05.04 / Chance zur Einigung vertan / Griechischen Zyprern wird die Schuld an der verpaßten Wiedervereinigung gegeben

© Preußische Allgemeine Zeitung / 01. Mai 2004


Chance zur Einigung vertan
Griechischen Zyprern wird die Schuld an der verpaßten Wiedervereinigung gegeben
von R. Bellano

Sie hatten sich in einer freien demokratischen Wahl entschieden, doch diese Entscheidung brachte ihnen den Zorn hochgestellter Politiker ein. So sprach Uno-Generalsekretär Kofi Annan von einer "verpaßten historischen Chance" und der EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen von einem "Schatten, der über dem EU-Beitritt Zyperns" läge. Dabei hatten die griechischen Zyprer nie einen Zweifel daran gelassen, wie sie über den Annan-Plan zur Wiedervereinigung des seit 1974 geteilten Inselstaates dachten. Alles Bitten, Flehen und sogar Drohen seitens der EU und auch der USA hatte die Griechen nicht beeinflussen können, und so entschieden sich 75,83 Prozent von ihnen für ein klares "Nein" zur Wiedervereinigung.

"Wir sind für eine Lösung, aber eben nicht für diese Lösung", hatte der Präsident der 480.000 griechischen Bewohner Zyperns, Tassos Papadopoulus, mehrfach verkündet und war offen für ein "Nein" beim Referendum eingetreten. Dafür erntete er von fast allen Seiten Kritik. Auch der Präsident der 180.000 Türken im Norden Zyperns, Mehmet Ali Talat, echauffierte sich über Papadopoulus Haltung. Er rief die türkischen Wähler auf, zur Wiedervereinigung zuzustimmen, um endlich Frieden auf der Insel einkehren zu lassen - und um die von der EU im Falle einer Wiedervereinigung zugesagten 260 Millionen Euro zu erhalten. Trotzdem entschieden sich nur knapp zwei Drittel der Türken für ein "Ja", wo doch eine Wiedervereinigung für sie laut offiziellen Stellen nur Vorteile geboten hätte.

Die griechischen Zyprer haben sich unter anderem für ein "Nein" entschieden, da der Annan-Plan nur einen eingeschränkten Rückerhaltsanspruch für die von ihrem Grund und Boden vertriebenen Griechen vorsah. Auch war der vorgesehene Verbleib von türkischen Soldaten auf Zypern ein Kritikpunkt für die meisten der Annan-Plan-Gegner. So hofft Tassos Papadopoulus darauf, daß seine Landsleute nach einem EU-Beitritt eine bessere Ausgangs-position haben, um ihre Interessen durchzusetzen. Diese feierten erleichtert den Ausgang des Referendums, nicht wissend, welche Folgen ihre teilweise auch aus dem Bauch heraus getroffene Entscheidung in der Welt auslösen würde.

Denn Kofi Annan und Günter Verheugen sind nicht die einzigen, die nahezu beleidigt auf die freie Meinungsäußerung der griechischen Zyprer reagieren. Man wirft dem reicheren Süden indirekt vor, aus lauter Habgier den armen türkischen Norden von den EU-Fördergeldern und der EU-Wirtschafts-Privilegien ferngehalten zu haben. Auch der hier stark vertretenen orthodoxen Kirche und der Hotelierslobby wird unterstellt, alte Vorurteile mobilisiert zu haben, um eine Wiedervereinigung zu verhindern.

Präsident Mehmet Ali Talat und die türkischen Wähler hingegen werden für ihr "Ja" ausdrücklich gelobt. Es wird nun geprüft, ob der Norden als eine Sonderzone der EU beitreten könne, denn man "werde die türkische Gemeinschaft, nach dem, was passiert sei, nicht im Regen stehen lassen". So werden vermutlich die 260 Millionen doch noch in den Norden fließen, auch ohne Wiedervereinigung. Dies sei jedoch keinesfalls als Belohnung für das "Ja" zum Referendum zu werten, versicherte Verheugens Sprecher Filori.

Auch in Deutschland blickt man verunsichert nach Zypern und dann weiter in die Türkei. Mit einer Wiedervereinigung Zyperns hätte die Türkei schon ihren Fuß indirekt in der EU gehabt, schließlich wären von da ab immerhin türkische Soldaten auf EU-Territorium stationiert gewesen. Da Rot-Grün einen Beitritt der Türkei befürwortet, hofft es, daß die Ereignisse vom vergangenen Wochenende keine negativen Auswirkungen hierauf haben werden, zumal sich die Türkei ja als äußerst "kooperativ" erwiesen habe. Der CDU-Europaabgeordnete Elmar Brock hingegen sieht das anders. "Der EU-Beitritt der Türkei rückt in weite Ferne, weil es ab dem 1. Mai ein ungelöstes Problem gibt zwischen einem Mitgliedsland, nämlich Zypern, und der Türkei."

Am 1. Mai wird also nur der griechische Süden Zyperns Mitglied in der EU werden. Das ist hinsichtlich der Völkerverständigung zwar schade, allerdings hatten die griechischen Zyprer offenbar auch Gründe für ihr "Nein" zur Wiedervereinigung. Eine beleidigte Abkehr von der Insel seitens der EU und der Uno hilft da wenig. Der Dialog muß weitergeführt werden und zwar mit Argumenten und nicht Bitten, Flehen und Drohen.

Selbstbewußt: Griechische Zyprer erinnern an die Invasion und Vertreibung von etwa 180.000 Griechen aus dem Norden der Insel durch die Türken. Im Referendum entschieden sie eigenmächtig gegen die Wünsche der EU. Foto: AP


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