Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
©
Preußische Allgemeine Zeitung / 01. Mai 2004
Alle Jahre wieder kehrte mit dem Frühling in Berlin auch der Streit um die sommerliche Love Parade ein. In einer ersten Phase ging es um die Streckenführung der weltgrößten Raverparty, um den Müll, um den Lärm, vor allem aber ums Geld. Die Organisatoren erwarteten, daß die Stadt für alle Kosten aufkam, sie waren ausschließlich für den Spaß zuständig. In der Phase zwei drohten sie mit der Absage oder Verlegung der Parade. In der Phase drei gab der Berliner Senat klein bei. In diesem Jahr war es anders. Das Stück endete in der Phase zwei. Die Love Parade ist tatsächlich abgesagt - kaum jemand regt sich auf oder äußert auch nur Bedauern. Denn längst hatte die Parade ihren Nimbus verloren. Nur die Veranstalter hatten nichts davon mitbekommen. Begonnen hatte sie 1989 als alternatives, phantasievolles Spektakel auf dem Ku'damm. Jedes Jahr strömten mehr Raver hinzu, die Ansprüche stiegen. Die Strecke wurde auf die breite Straße des 17. Juni zwischen Ernst-Reuter-Platz und Brandenburger Tor verlegt. Das Fernsehen begann, das Spektakel live zu übertragen, die Sponsoren standen Schlange. Bis 2001 wurde es als Demonstration eingestuft, obwohl Losungen wie "Friede, Freude, Eierkuchen" oder "Music is the key" (Musik ist der Schlüssel) an Beliebigkeit kaum zu überbieten waren. So war sichergestellt, daß die Stadt automatisch die Kosten für Müllbeseitigung, Sanitäter sowie Tausende Polizisten übernahm. Ihr Anspruchsdenken begründeten die Veranstalter mit der Anziehungskraft der Parade und den Einnahmen, die den Berliner Hotels, Gaststätten und Verkehrsbetrieben zuflossen. Doch diese Modellrechnungen waren stets zweifelhaft, und mit der Anziehungskraft ist es vorbei. Ihren Höhepunkt hatte die Parade 1999 mit 1,3 Millionen Teilnehmern. Seitdem ging die Zahl ständig zurück, im letzten Jahr waren es noch 500.000 Raver. Das ist zwar eine beträchtliche Masse, deutet aber auf den tendenziellen Zerfall des Massenspektakels hin. Dessen Sinn lag gerade darin, jährlich zu wachsen und mittels dieser Dynamik für sich die Zukunft zu proklamieren. Als die Dynamik dahinschwand, breitete sich Melancholie aus. Die Jugendveranstaltung wurde absurd. Die Spaßgesellschaft ist in die Jahre gekommen. Vorbei sind die Zeiten, als die Techno-Fans ihre Rente sicher wähnten und junge Besserverdiener aus der Computer-, Musik- oder Medienbranche sich im Adlon einquartieren konnten. Im letzten Jahr war das Publikum überwiegend im Schüleralter, viele kamen aus Osteuropa, und die Kaufkraft war entsprechend gering. Die Stimmung war eher verbissen als ausgelassen. Auch die Sponsoren machen sich rar. Die schlechte wirtschaftliche Lage trifft gerade die Wer-be-, Musik- und Medienwirtschaft. Früher hat sich jeder Politiker, der sich als unkonventionell, modern, weltoffen darstellen wollte, bei der Parade angebiedert. Doch jetzt, da sie ihr Sieger-Image verloren hatten und als Bittsteller daherkamen, erlebten die Organisatoren, wie ihnen ihre Arroganz von damals auf die Füße fiel. 2003 hatte die Berlin Messe die Müllbeseitigung übernommen und dafür das Recht erhalten, Getränke und Speisen zu verkaufen. Der Umsatz war viel geringer als erwartet, die Messe schloß mit einem Minus von 500.000 Euro ab. In diesem Jahr wollte sie sich ohne Aussicht auf eine schwarze Null nicht mehr beteiligen. In anderen Zeiten hätte man darüber nicht viele Worte verloren, mit einem Augenzwinkern wäre das Geld lockergemacht worden. In Zeiten der Finanzkrise aber kann kein Politiker in der Öffentlichkeit mehr mit demonstrativer Großzügigkeit punkten, im Gegenteil. Man kann es auch noch deutlicher sagen: Den Zeitpunkt für einen Tod in Würde hat die Love Parade längst verpaßt. Von Berlin zieht sie vielleicht nach Hamburg oder doch nach München? Die Love Parade sucht ein neues Zuhause. Nach dem Aus für Berlin überbieten sich angeblich die Städte. Rentner-Rocker Udo Lindenberg macht sich für seine Stadt stark: "In Hamburg die Love-&-Peace-Parade mit Dialog aller Kulturen und Religionen. Klasse." Auch München ist noch im Gespräch, trotz des Scheiterns einer ähnlichen Veranstaltung, des "Union Move". Von der CSU hieß es bereits: "Warum sollte die Love Parade jetzt in München plötzlich funktionieren?" Foto: pa |