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01.05.04 / Stets alle Register gezogen / Dem Komponisten und Organisten Oskar Gottlieb Blarr zum 70. Geburtstag

© Preußische Allgemeine Zeitung / 01. Mai 2004


Stets alle Register gezogen
Dem Komponisten und Organisten Oskar Gottlieb Blarr zum 70. Geburtstag

Er ist nicht nur ein hervorragender Komponist, sondern auch ein Organist, der "alle Register zieht", wenn es um Musik geht. Bereits 1984 spielte er auf ostpreußischen Orgeln, die das Inferno überstanden hatten, Werke deutscher Komponisten für eine Schallplatteneinspielung. Auch im Königsberger Dom war er vor drei Jahren schon zu hören. "Von entscheidender Wichtigkeit waren für mich frühkindliche Erfahrungen", erinnert sich Oskar Gottlieb Blarr an seinen Weg zur Musik. "Mein Vater hatte eine Schmiede, und als Kind war ich immer in der Schmiede, wo ich den Arbeitern zuguckte. Ich glaube, daß ich dabei eine Prägung im rhythmischen und im Perkussionsbereich erfahren habe. Dann sang meine Großmutter schön und viel, von morgens bis abends, wenn meine kindliche Erinnerung richtig ist. Und wenn einen Volkslieder so intensiv begleiten - auch die von ihr gesungenen Choräle waren ja Volkslieder -, dann bilden sie so etwas wie einen Sickerfundus, hinter dem man nicht mehr zurück kann. Überdies hatten wir in meiner Heimatstadt in Ostpreußen eine alte, berühmte Orgel von 1650 mit einem herrlichen Barockprospekt, und diese Orgel war das erste Musikinstrument, das ich mit Bewußtsein wahrnahm ... Immer wenn wir aus dem Kindergottesdienst kamen, spielte draußen auf dem Marktplatz die Regimentskapelle. Diese Harmoniemusik mit dem steifen Dirigenten vorneweg hat mich fast genauso beeindruckt wie die Orgel ..."

Orgel und Regimentskapelle befanden sich in dem kleinen Städtchen Bartenstein; dort, genauer gesagt in Sandlack, Kreis Bartenstein, erblickte Oskar Gottlieb Blarr vor 70 Jahren am 6. Mai 1934 das Licht der Welt. Die Flucht vor der Roten Armee führte die Familie dann nach Norddeutschland. Bereits mit zwölf Jahren komponierte Blarr Lieder, Bläsersätze, Klavierstücke, eine Sonate für zwei Violinen und sogar eine Sinfonie für Kammerorchester. 1947 erhielt er ersten systematischen Privatunterricht in Klavier, Violine, Orgel und Tonsatz. In Hannover studierte er schließlich Kirchenmusik und Schlagzeug, legte 1960 das Staatsexamen für Kirchenmusik und 1961 das Staatsexamen für Schlagzeug ab.

Als Kantor und Organist an der Düsseldorfer Neanderkirche gründete er den Chor der Neanderkirche und 1970 die Reihe für zeitgenössische Musik "3 MAL NEU". Die Salzburger Sommerakademie, die Kölner Hochschule für Musik und die Essener Folkwang-Schule waren weitere Stationen des Ostpreußen, der 1974 zum Kirchenmusikdirektor ernannt wurde und 1976 das Diplom für Komposition erhielt. Ab 1983 betreute er eine Klasse für Instrumentation an der Robert-Schumann-Hochschule, wo er 1990 zum Professor ernannt wurde.

Oft sind es geistliche Themen, denen Oskar Gottlieb Blarr, der mit vielen Preisen ausgezeichnet wurde, sich in seinen Kompositionen widmet. Aber auch die Heimat Ostpreußen ist einer der Bezugspunkte in seinem Schaffen. In einer frühen Kritik über den Komponisten Blarr war einmal zu lesen, er wisse Kunstfertigkeit und neuzeitliche Ausdrucksformen mit personaler Handschrift zu verbinden. Die Freunde seiner Musik wissen das gewiß auch heute noch zu schätzen, ebenso die Tatsache, daß der rührige Ostpreuße auch mit 70 keineswegs daran denkt, "kürzer zu treten". So hielt er erst vor wenigen Tagen einen Vortrag über den Philosophen Immanuel Kant und seine Auswirkungen auf andere Künste. SiS

Oskar Gottlieb Blarr: Musik ist sein Leben. Foto: Breitling


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