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Preußische Allgemeine Zeitung / 08. Mai 2004
So manchem Deutschen dürfte am vergangenen Sonntag abend beim Blick in die Nachrichtensendungen vor Schreck sein Wurstbrot aus der Hand gefallen sein. "Bei einem geheimen rot-grünen Spitzentreffen am vergangenen Mittwoch im Kanzleramt sollen die Kurskorrekturen in der Finanzpolitik verabredet worden sein. Mehrere Zeitungen berichten über eine weitgehende Abkehr vom Sparkurs, streichen und kürzen bringe nicht das notwendige Wachstum, wird der grüne Außenminister zitiert", verkündete beispielsweise der Nachrichtensprecher der Tagesschau. Ende des Sparkurses? Kurskorrekturen? Wovon da die Rede war, würde eine Kurskorrektur um 180 Grad bedeuten. Sollte die Bundesregierung, die monatelang versuchte, die Bürger von der Notwendigkeit ihrer Reform- und Sparpakete zu überzeugen, plötzlich beinahe über Nacht eine absolute Kehrtwende vollzogen haben. War alles, was zuvor gesagt worden war, also falsch? Kaum hatte jedoch die Meldung über den angeblichen Kurswechsel die Öffentlichkeit erreicht, setzte auch sofort ein lauter Proteststurm ein, der wiederum Rot-Grün dazu veranlaßte, alles vorher Gesagte gar nicht so gemeint zu haben. Während Friedrich Merz (CDU) sich darüber ereiferte, daß Deutschland allmählich zu einer "Bananenrepublik" absteige und von "einer Truppe von Leuten, die es nicht mehr können", regiert werde, kamen von Hans Eichel (SPD) und Wolfgang Clement (SPD) schon die ersten Dementis. Die Annahme, daß die Regierung vom Sparkurs abweiche, sei "grundfalsch". Zwar wolle man deutlich mehr Geld in Forschung und Bildung investieren, denn dies bestimme Deutschlands Zukunftsfähigkeit, aber an der Reformpolitik solle sich nichts ändern. Wie das jedoch genau durchgeführt werden soll, zumal sich immer mehr Haushaltslöcher auftun, sagt keiner so recht. Laut Schröder solle die geplante Erhöhung der Ausgaben statt über Schulden über die Streichung von Subventionen und der Eigenheimzulage finanziert werden und Grünen-Chef Rainer Bütikofer redet von einem "Dreiklang Sparen, Investieren, Reformen", doch bedeutet das bei der derzeitigen Finanzlage, daß man irgendwo gleich einen Milliardenbetrag in zweistelliger Höhe irgendwo einsparen müßte. Ob der über Subventionsstreichung gegen die hierzulande offenbar stets starken Lobbies zu erzielen ist, bleibt fraglich. Also dann doch wieder Schulden? "Die Schulden von heute sind die Steuern von morgen", warnen Wirtschaftsexperten, und ein Wachstum auf Pump sei ein "Gebäude, das auf Sand errichtet ist", meint Angela Merkel (CDU). Und tatsächlich wird der Bürger wohl kaum mehr konsumieren, auch wenn die nötigen Sparprogramme nicht an ihn herangetragen werden, da er inzwischen weiß, daß er die Rechnung spätestens übermorgen präsentiert bekommen wird. Fakt ist, daß sich Rot-Grün mit dieser Debatte absolut keinen Gefallen getan hat. Inzwischen schieben sich die jeweiligen Verantwortlichen zudem noch gegenseitig die Schuld in die Schuhe. "Es gibt immer Mißverständnisse, wenn ein Außenpolitiker sich zu Wirtschafts- oder Finanzfragen äußert", wies Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) öffentlich den Außenminister Joschka Fischer (Grüne) in seine Schranken. Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement wiederum dürfte eher beleidigt sein, da er an den besagten Gesprächen des rot-grünen Spitzentreffens nicht teilgenommen hat und man ohne seine Stellungnahme an die Öffentlichkeit ging. Zur abschließenden Bewertung der gesamten Kurswechseldebatte kann man nur noch die Aussage des Regierungssprechers Bela Anda heranziehen. Spätestens dann wird deutlich, daß die Ankündigungen, Dementis und teilweise getätigten Dementis der Dementis frei von jeglicher Sinnhaftigkeit sind. "Der Bundeskanzler zieht die Konsequenz daraus, daß er dem Verfahren, so, wie es in der Regel und auch hierbei geordnet abläuft, entsprechend seiner Aufgabe mit großer Sorgfalt, aber auch in Zuständigkeit des betreffenden Ressorts belassend, daß er diese Aufgabe weiterhin so wahrnimmt, das heißt, daß der Finanzminister entsprechend die Arbeiten so tut, die dann im Kabinett besprochen werden müssen und besprochen werden sollen." R. Bellano
Die üblichen Verdächtigen: In der Debatte um einen möglichen Kurswechsel von Rot-Grün fühlt sich der Beobachter immer mehr wie in einer Kasperletheatervorstellung. Keiner weiß was, alle dementieren und schieben den anderen die Schuld zu. Foto: pa |