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Preußische Allgemeine Zeitung / 08. Mai 2004
In mancher geselligen Runde mag in der vorigen Woche höhnisches Gelächter erklungen sein, als man den Spiegel las. Der Journalist Henryk M. Broder ließ sich über die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, die Grünen-Bundestagsabgeordnete Marieluise Beck, aus, die den längst verstorbenen marxistischen Literatur- und Kulturkritiker Walter Benjamin beschuldigte, in einem Anfang der 30er Jahre geschriebenen Text für eine Rundfunksendung Zigeuner in einer Weise beschrieben zu haben, die geeignet sei, "Stereotype und Vorurteile ... eher zu betonen als zu hinterfragen". Daher "empfiehlt" die Bundesbeauftragte dem Verlag Hoffmann und Campe in Hamburg, von der Veröffentlichung von Benjamins Text, der mit anderen gerade auf einer CD erschienen ist, "abzusehen". Und um zu kontrollieren, ob der Verlag pariert hat, beschied Marieluise Becks Dienststelle den renom-mierten Verlag, er habe den Vollzug der "Empfehlung" der Beauftragten zu melden. Benjamin, einer der Säulenheiligen aller linken Schöngeister, ein Rassist! Und Marieluise Beck, die einmal Lehrerin an einer Realschule war, als kompetenter Literaturzensor! Das Büro dieser sich offenbar überschätzenden Bundesbeauftragten erklärte dem Verleger, warum es sich in literarische Angelegenheiten einmischt: Es sei Aufgabe der Beauftragten für die Zuwanderung von Ausländern, "zu einem spannungsfreien Zusammenleben zwischen Zuwanderern und Einheimischen, zwischen Minderheiten und Mehrheiten beizutragen." Besonders amüsant ist es zudem, da der Hoffmann und Campe Verlag stets stramm linksliberal war, in dessen umfangreichem Nachkriegsverlagsprogramm wohl kein einziger Buchtitel erschienen ist, in dem auch nur eine Zeile gegen die politische Korrektheit verstoßen hat. (So war es übrigens auch schon vor 1945.) Zudem tut sich Hoffmann und Campe etwas darauf zugute, daß Heinrich Heine vor eineinhalb Jahrhunderten seine Werke bei Hoffmann und Campe verlegen ließ. Bislang waren es stets nur Rechtsabweichler, die gerügt und angegriffen wurden, weil sie zwar nicht gegen das Strafrecht verstoßen hatten, wohl aber unkonventionelle Meinungen äußerten und durch Druck dazu gebracht werden sollten, sich künftig wie gleichgeschaltet zu verhalten. Jetzt aber geraten offenbar auch die Väter des Marxismus in die Mühle. Da kann man Frau Beck empfehlen, sich auch einmal der Schriften des Karl Marx kritisch anzunehmen, der sich nicht selten in antisemitischen Schmähungen überschlagen hat. Nun hat der Verlag nicht gekuscht, sondern er hat die Angelegenheit an die große Glocke gehängt, was offenbar den Wächtern über die politische Korrektheit peinlich ist. Verlagsleiter Moritz hat eine Liste von verdächtigen Erwähnungen von Zigeunern zusammengestellt und angeregt, auch sie solle Frau Beck einmal mit wachsamen Augen prüfen, wie etwa "Aber am Abend, da spielt der Zigeuner" von Cindy & Bert oder Vico Torriani mit seiner verdächtigen Schnulze "Du schwarzer Zigeuner". Auch hier wird der "soziale und ökonomische Kontext weitestgehend ausgeblendet", wie es die Zensorin rügte. Jochen Arp |