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08.05.04 / So nicht machbar / Chiracs neuer Finanzminister soll Finanzen regeln

© Preußische Allgemeine Zeitung / 08. Mai 2004


So nicht machbar
Chiracs neuer Finanzminister soll Finanzen regeln

Die Französische Republik verstößt gleich in mehreren Aspekten gegen den Euro-Stabilitätspakt. Nach Angaben des französischen Statistikamtes wies Frankreichs Staatshaushalt im vergangenen Jahr ein Defizit von 4,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf, während der Stabilitäts-pakt der Euro-Zone eine Obergrenze von drei Prozent festgesetzt hat. Zudem betragen die Gesamtschulden der öffentlichen Hand 64 Prozent des BIP statt der zugelassenen 60. Nach Ansicht des neuen Wirtschafts- und Finanzministers Nicolas Sarkozy, der im Zuge der Regierungsumbildung nach dem konservativen Debakel bei den Regionalwahlen aus dem Innenministerium an die Spitze des Wirtschafts- und Finanzministeriums berufen wurde, sei es offenkundig, daß die staatliche Finanzpolitik Frankreichs so nicht weitergeführt werden könne.

Die Sozialabgaben liegen in Frankreich um sieben Prozent höher als in Gesamteuropa und belaufen sich auf fast 52 Prozent des Nationaleinkommens. Zur Zeit weist das Land eine öffentliche Schuld von fast einer Billion Euro bei einem Nationaleinkommen von eineinhalb Billionen Euro auf. Angesichts dessen erklärte Sarkozy kurz nach seiner Ernennung gegenüber dem Privatfernsehsender TF 1, er wolle den Staatshaushalt "wie ein guter Familienvater" bewirtschaften.

Sarkozy, der seine neue Aufgabe als "eine Herausforderung" betrachtet, wird es sicherlich nicht leicht haben, die französischen Finanzen wieder in Ordnung zu bringen. Obwohl die meisten Medien dies nicht betont haben, scheint es, daß Staatschef Jacques Chirac ihm durch seine Ernennung zum "Superminister" ein Danaergeschenk gemacht hat.

Die erste Maßnahme Sarkozys war es, sieben Milliarden Euro zu blockieren. Von dieser Maßnahme war besonders das Verteidigungsministerium hart betroffen, da hier gleich eine Milliarde zurückgehalten wurde. Das wird für das Ministerium schwer zu verkraften sein, da allein der Unterhalt der 15.000 im Ausland stationierten französischen Soldaten jährlich 500 Millionen Euro kostet. Zu konstatieren ist, daß Chirac die voraussichtliche Kürzung des Militäretats nicht beanstandet hat; statt dessen bestand das Staatsoberhaupt auf der Beibehaltung der dem Auswärtigen Amt, dem Kulturministerium und der Forschung gewährten Mittel. Unter solchen Umständen gilt Sarkozy als der starke Mann Frankreichs.

Die Absichten Chiracs, die Steuern zu senken und die staatlichen Ausgaben zu erhöhen, stellen für Sarkozy angesichts der niedrigen Wachstumsrate die Quadratur des Kreises dar. So ist zu bezweifeln, daß Frankreich in den nächsten Jahren den Stabilitätspakt einhalten wird.

Unter solchen Umständen bleibt es abzuwarten, ob Nicolas Sarkozy weiter gegen die Linke wegen der Staatsverschuldung polemisieren oder allmählich eine eigene, von derjenigen Chiracs abweichende Wirtschaftsdoktrin entwickeln wird. P. Campguilhem / R. B.


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