Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
©
Preußische Allgemeine Zeitung / 08. Mai 2004
Lewe Landslied und Familienfreunde, heute wieder eine Fülle von Fragen, die sich in den letzten Wochen
angesammelt haben, weil sie hinter den großen Suchwünschen etwas zurückstehen
mußten. Dafür bieten sie eine breite und bunte Palette der unterschiedlichsten
Themen, die beweisen, daß wir eine echte Anlaufstelle auch für ausgefallene
Fragen sind, auf die bisher keine Antwort zu bekommen war. Da beginne ich gleich mit Liselotte F., die bis heute mit einem Problem nicht
fertig geworden ist, das sie seit ihrem elften Lebensjahr belastet. Sie ging
damals in Rotenburg an der Wümme zur Schule, die Aufnahmeprüfung in die
dortige Mittelschule hatte sie völlig unproblematisch bestanden, so wie sie
auch die Volksschule absolviert hatte. Liselotte war das einzige Kind ihrer
Eltern, die heftige Gegner des Hitlerregimes waren. Damals, im Jahre 1943,
fanden fast in jeder Nacht Flugkämpfe über der Nordheide statt, die Nächte
waren kurz. Ob darunter auch die Aufmerksamkeit in der Schule litt - oder hatte
es andere Gründe, daß Liselotte wegen "Nichtkönnens" von der Schule
verwiesen wurde? Jedenfalls glaubt Frau F. noch die Abneigung zu spüren, die
ihr seitens eines Teils der Lehrer- und Elternschaft entgegengebracht wurde. Bei
ihren eigenen Eltern fand sie kein Verständnis. Im Gegenteil: Sie schämten
sich für das "Versagen" der Tochter bis an ihr Lebensende. Noch heute
leidet die nun 72jährige unter den teilweise abfälligen Bemerkungen von
Verwandten und Bekannten aus der damaligen Zeit. Dabei kann es an ihrer
Intelligenz nicht gelegen haben, denn als sie sich später einem psychologischen
Test unterziehen mußte, erfuhr sie zu ihrem grenzenlosen Erstaunen, daß ihr IQ
bei 140 lag! Damit hätte Frau F. zu den Hochbegabten zählen müssen! Führte
das Nichterkennen oder Negieren dieser Begabung zu dem Schulversagen, wie es ja
auch heute noch in gar nicht so seltenen Fällen zu verzeichnen ist? Oder litt
sie damals unter einer Ächtung wegen der politischen Einstellung der Eltern,
wie sie heute glaubt? Denn vor zwei Jahren hörte sie von einer ehemaligen
Oberschullehrerin, deren Schicksal nur anders verlief, weil die ebenfalls
regimefeindlichen Eltern einer NS-Organisation beitraten, damit ihre Tochter die
höhere Schule besuchen konnte. Damit wurde ihre Vermutung verstärkt, daß sie
keine "Versagerin" gewesen, sondern durch die politischen Umstände zu einer
solchen gemacht worden sei. Frau F. bittet uns nun, zu diesem Problem Stellung
zu nehmen. Haben Leserinnen und Leser ähnliche Erfahrungen gemacht, sind ihnen
solche Vorgänge bekannt, gibt es Informationsquellen, die ihr helfen könnten,
sich endlich von dieser "Schuldenlast" zu befreien? Zuschriften bitte an die
Redaktion. Die Aufarbeitung der Vergangenheit ist besonders für die Vertriebenen
schwierig, die auf der Flucht noch Säuglinge oder Kleinkinder waren und deren
Angehörige verstorben sind, ohne detaillierte Angaben gemacht zu haben. Sie
haben also die Flucht erlebt, ohne sich daran erinnern zu können, möchten aber
wissen, was damals geschah. So ergeht es Helga Backes, die 1943 in Wertheim,
Kreis Gumbinnen geboren wurde. Zu dem 17 Kilometer südlich von Gumbinnen
gelegenen Gut gehörten auch die Güter Groß-Datzen und Klein-Ort, auf denen
die Eltern von Frau Backes, die Geschwister ihrer Mutter und die Großeltern
Jacobi lebten und arbeiteten. Helga Backes wurde in der Kirche von Nemmersdorf
getauft, dort gingen auch ihre zehn und zwölf Jahre älteren Brüder zur
Schule. Nach dem fürchterlichen Einfall der Russen ist die Familie von Wertheim
aus geflüchtet. Wohin? Frau Backes meint Labiau, spricht aber auch von
Osterode, wo die Familie bis Januar 1945 gelebt haben soll, bis dann die große
Flucht begann, die in Brandenburg an der Havel endete. Wie sie dorthin gekommen
sind, weiß Frau Backes nicht. Die Geschwister ihrer Mutter sind wahrscheinlich
von Hela aus über See nach Schleswig-Holstein gekommen, da aber niemand mehr
von ihnen lebt, kann Frau Brandes nicht erfahren, ob sie, ihre Mutter und
Brüder auch dabei waren. Nun hofft sie, daß Landsleute aus der engeren Heimat
ihr etwas über den Treck aus Wertheim und den Fluchtweg sagen können,
vielleicht erinnert sich ja auch noch jemand an ihre Familie? Für jede Auskunft
wäre unsere Leserin dankbar. (Helga Backes, Kiefernweg 12 in 66424 Homburg.) Zwei kleine Fotos aus der Heimat hat Renate Wiesner noch in ihrem Besitz. Das
eine zeigt die Freundin ihrer Mutter, das zweite deren Söhne Dietrich und
Norbert aus Sensburg. Dort wurde auch die Schreiberin 1932 als Renate Baehr
geboren. Die beiden "Sensburger Freunde" wohnten wohl in der Nähe von
Waldheim. Vielleicht sehen sie diese Fotos und finden sich auf ihnen wieder?
Weiterhin sucht Frau Wiesner die "Hanni aus Selbongen". Dieser Name steht
unter zwei Heimatgedichten, die Frau Wiesner ihrem Schreiben beigelegt hat in
der Annahme, sie seien in unserer Zeitung veröffentlicht worden - stimmt aber
nicht, deshalb können wir die Autorin auch nicht ausfindig machen. Unter dem
Poem "Inulzer See" steht aber zusätzlich der Name H. Wiberny, vielleicht
führt dieser Hinweis zu der Gesuchten. Über das leidige Thema "die Masuren",
das Sie, liebe Frau Wiesner, beklagen, haben wir schon oft geschrieben, werden
es aber demnächst erneut tun, weil immer noch - oder schon wieder - unser
Masuren irrtümlich mit dem Artikel belegt wird. Sie schreiben, daß Sie endlich
jetzt in Brandenburg ein Zuhause gefunden hätten, das dem Ihrer Kindheit
ähnlich sehe: "Die Landschaft mit den Wäldern, Seen, Alleen, Störchen und
Kranichen ist wunderschön! Aber das Heimweh bleibt!" Es bleibt immer, liebe
Frau Wiesner! Es hängt wie früher die Kletten an unsern Kinderbeinen mit
abertausend Haken in unserer Seele. (Zuschriften an Renate Wiesner,
Lindenstraße 5 in 16798 Fürstenberg/Havel, Telefon 03 30 93/5 38 18.) Damals in Masuren spielte der Vater von Ingrid Trentmann mit seinen Kameraden
ein Spiel, das er innig liebte. Es hieß "Kliepa" und wurde von zwei
Mannschaften mit einem geformten Holzstück, das mit römischen Ziffern versehen
war, gespielt. Das Holz wurde mit einem Schläger in die Luft geschlagen und
mußte von der gegnerischen Mannschaft aufgefangen werden. Die weiteren
Spielregeln hat der 1929 in Puppen Geborene leider nicht mehr behalten. Wer
kennt sie und kann den Spielverlauf sowie Schläger und Holzstück genau
beschreiben? (Ing-rid Trentmann, Hermann-Löns-Weg 13 in 49134 Wallenhorst,
Telefon 0 54 07/3 04 96.) Eure Ruth Geede Dietrich und Norbert aus Sensburg: Wer Näheres über das weitere Schicksal
der beiden Brüder weiß, melde sich bei Renate Wiesner, Lindenstraße 5 in
16798 Fürstenberg/Havel, Telefon (03 30 93) 5 38 18. Foto: Wiesner |