26.04.2024

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08.05.04 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / 08. Mai 2004



Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied und Familienfreunde,

heute wieder eine Fülle von Fragen, die sich in den letzten Wochen angesammelt haben, weil sie hinter den großen Suchwünschen etwas zurückstehen mußten. Dafür bieten sie eine breite und bunte Palette der unterschiedlichsten Themen, die beweisen, daß wir eine echte Anlaufstelle auch für ausgefallene Fragen sind, auf die bisher keine Antwort zu bekommen war.

Da beginne ich gleich mit Liselotte F., die bis heute mit einem Problem nicht fertig geworden ist, das sie seit ihrem elften Lebensjahr belastet. Sie ging damals in Rotenburg an der Wümme zur Schule, die Aufnahmeprüfung in die dortige Mittelschule hatte sie völlig unproblematisch bestanden, so wie sie auch die Volksschule absolviert hatte. Liselotte war das einzige Kind ihrer Eltern, die heftige Gegner des Hitlerregimes waren. Damals, im Jahre 1943, fanden fast in jeder Nacht Flugkämpfe über der Nordheide statt, die Nächte waren kurz. Ob darunter auch die Aufmerksamkeit in der Schule litt - oder hatte es andere Gründe, daß Liselotte wegen "Nichtkönnens" von der Schule verwiesen wurde? Jedenfalls glaubt Frau F. noch die Abneigung zu spüren, die ihr seitens eines Teils der Lehrer- und Elternschaft entgegengebracht wurde. Bei ihren eigenen Eltern fand sie kein Verständnis. Im Gegenteil: Sie schämten sich für das "Versagen" der Tochter bis an ihr Lebensende. Noch heute leidet die nun 72jährige unter den teilweise abfälligen Bemerkungen von Verwandten und Bekannten aus der damaligen Zeit. Dabei kann es an ihrer Intelligenz nicht gelegen haben, denn als sie sich später einem psychologischen Test unterziehen mußte, erfuhr sie zu ihrem grenzenlosen Erstaunen, daß ihr IQ bei 140 lag! Damit hätte Frau F. zu den Hochbegabten zählen müssen! Führte das Nichterkennen oder Negieren dieser Begabung zu dem Schulversagen, wie es ja auch heute noch in gar nicht so seltenen Fällen zu verzeichnen ist? Oder litt sie damals unter einer Ächtung wegen der politischen Einstellung der Eltern, wie sie heute glaubt? Denn vor zwei Jahren hörte sie von einer ehemaligen Oberschullehrerin, deren Schicksal nur anders verlief, weil die ebenfalls regimefeindlichen Eltern einer NS-Organisation beitraten, damit ihre Tochter die höhere Schule besuchen konnte. Damit wurde ihre Vermutung verstärkt, daß sie keine "Versagerin" gewesen, sondern durch die politischen Umstände zu einer solchen gemacht worden sei. Frau F. bittet uns nun, zu diesem Problem Stellung zu nehmen. Haben Leserinnen und Leser ähnliche Erfahrungen gemacht, sind ihnen solche Vorgänge bekannt, gibt es Informationsquellen, die ihr helfen könnten, sich endlich von dieser "Schuldenlast" zu befreien? Zuschriften bitte an die Redaktion.

Die Aufarbeitung der Vergangenheit ist besonders für die Vertriebenen schwierig, die auf der Flucht noch Säuglinge oder Kleinkinder waren und deren Angehörige verstorben sind, ohne detaillierte Angaben gemacht zu haben. Sie haben also die Flucht erlebt, ohne sich daran erinnern zu können, möchten aber wissen, was damals geschah. So ergeht es Helga Backes, die 1943 in Wertheim, Kreis Gumbinnen geboren wurde. Zu dem 17 Kilometer südlich von Gumbinnen gelegenen Gut gehörten auch die Güter Groß-Datzen und Klein-Ort, auf denen die Eltern von Frau Backes, die Geschwister ihrer Mutter und die Großeltern Jacobi lebten und arbeiteten. Helga Backes wurde in der Kirche von Nemmersdorf getauft, dort gingen auch ihre zehn und zwölf Jahre älteren Brüder zur Schule. Nach dem fürchterlichen Einfall der Russen ist die Familie von Wertheim aus geflüchtet. Wohin? Frau Backes meint Labiau, spricht aber auch von Osterode, wo die Familie bis Januar 1945 gelebt haben soll, bis dann die große Flucht begann, die in Brandenburg an der Havel endete. Wie sie dorthin gekommen sind, weiß Frau Backes nicht. Die Geschwister ihrer Mutter sind wahrscheinlich von Hela aus über See nach Schleswig-Holstein gekommen, da aber niemand mehr von ihnen lebt, kann Frau Brandes nicht erfahren, ob sie, ihre Mutter und Brüder auch dabei waren. Nun hofft sie, daß Landsleute aus der engeren Heimat ihr etwas über den Treck aus Wertheim und den Fluchtweg sagen können, vielleicht erinnert sich ja auch noch jemand an ihre Familie? Für jede Auskunft wäre unsere Leserin dankbar. (Helga Backes, Kiefernweg 12 in 66424 Homburg.)

Zwei kleine Fotos aus der Heimat hat Renate Wiesner noch in ihrem Besitz. Das eine zeigt die Freundin ihrer Mutter, das zweite deren Söhne Dietrich und Norbert aus Sensburg. Dort wurde auch die Schreiberin 1932 als Renate Baehr geboren. Die beiden "Sensburger Freunde" wohnten wohl in der Nähe von Waldheim. Vielleicht sehen sie diese Fotos und finden sich auf ihnen wieder? Weiterhin sucht Frau Wiesner die "Hanni aus Selbongen". Dieser Name steht unter zwei Heimatgedichten, die Frau Wiesner ihrem Schreiben beigelegt hat in der Annahme, sie seien in unserer Zeitung veröffentlicht worden - stimmt aber nicht, deshalb können wir die Autorin auch nicht ausfindig machen. Unter dem Poem "Inulzer See" steht aber zusätzlich der Name H. Wiberny, vielleicht führt dieser Hinweis zu der Gesuchten. Über das leidige Thema "die Masuren", das Sie, liebe Frau Wiesner, beklagen, haben wir schon oft geschrieben, werden es aber demnächst erneut tun, weil immer noch - oder schon wieder - unser Masuren irrtümlich mit dem Artikel belegt wird. Sie schreiben, daß Sie endlich jetzt in Brandenburg ein Zuhause gefunden hätten, das dem Ihrer Kindheit ähnlich sehe: "Die Landschaft mit den Wäldern, Seen, Alleen, Störchen und Kranichen ist wunderschön! Aber das Heimweh bleibt!" Es bleibt immer, liebe Frau Wiesner! Es hängt wie früher die Kletten an unsern Kinderbeinen mit abertausend Haken in unserer Seele. (Zuschriften an Renate Wiesner, Lindenstraße 5 in 16798 Fürstenberg/Havel, Telefon 03 30 93/5 38 18.)

Damals in Masuren spielte der Vater von Ingrid Trentmann mit seinen Kameraden ein Spiel, das er innig liebte. Es hieß "Kliepa" und wurde von zwei Mannschaften mit einem geformten Holzstück, das mit römischen Ziffern versehen war, gespielt. Das Holz wurde mit einem Schläger in die Luft geschlagen und mußte von der gegnerischen Mannschaft aufgefangen werden. Die weiteren Spielregeln hat der 1929 in Puppen Geborene leider nicht mehr behalten. Wer kennt sie und kann den Spielverlauf sowie Schläger und Holzstück genau beschreiben? (Ing-rid Trentmann, Hermann-Löns-Weg 13 in 49134 Wallenhorst, Telefon 0 54 07/3 04 96.)

Eure Ruth Geede

 

Dietrich und Norbert aus Sensburg: Wer Näheres über das weitere Schicksal der beiden Brüder weiß, melde sich bei Renate Wiesner, Lindenstraße 5 in 16798 Fürstenberg/Havel, Telefon (03 30 93) 5 38 18. Foto: Wiesner


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