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15.05.04 / Der 11. September als "Schadensfall" / New York: Prozeßlawine um Attentatsfolgen

© Preußische Allgemeine Zeitung / 15. Mai 2004


Der 11. September als "Schadensfall"
New York: Prozeßlawine um Attentatsfolgen

Der 11. September war nicht nur eine menschliche Tragödie und nicht nur ein Vorwand für längst beschlossene Kriegshandlungen: Er war auch ein "Schadensfall", wie das nüchtern in der Versicherungswirtschaft heißt. Aber handelt es sich beim Attentat auf das World Trade Center (WTC) um ein einziges Schadensereignis - oder um deren zwei, weil doch zwei Flugzeuge beteiligt waren?

Obwohl das den Opfern ebenso egal sein kann wie dem Weißen Haus, beschäftigt es seit zweieinhalb Jahren die Gerichte. Und war-um? Dazu muß man sich ein paar Grundregeln des Versicherungsrechts vergegenwärtigen: In jedem Versicherungsvertrag ist die pro Schadensfall maximal auszuzahlende Entschädigung (die "Deckungssumme") festgelegt. Liegt sie unter dem Wert des versicherten Objekts, ist man "unterversichert", und die Entschädigung fällt niedriger aus als der Schaden. "Überversicherung" bringt aber keinen Vorteil, denn man hat höchstens Anspruch auf Ersatz des tatsächlichen Schadens.

Nun, der Immobilienkaiser Larry Silverstein war nicht Eigentümer des WTC, doch hatte er den gesamten Gebäudekomplex wenige Wochen vor der Katastrophe von der New Yorker Hafenbehörde langfristig gepachtet. Allerdings war er mit 3,55 Milliarden Dollar nur auf etwa 70 Prozent des tatsächlichen Wertes versichert, also unterversichert. Er behauptet daher, daß es sich um "zwei Schadensfälle" gehandelt habe und er so trotz Unterversicherung auf seine Kosten kommen würde. Daß die Versicherer vehement die Ein-Schaden-These verfechten, ist mehr als verständlich.

Nachdem die Gerichte schon einigen der minderbeteiligten Versicherungen recht gegeben hatten, gewann jetzt auch die haupt- geschädigte Schweizer Rückversicherung "Swiss Re" ihren Prozeß. Ein kleiner Trost, denn trotzdem bleibt etwa eine Milliarde Schaden an ihr hängen. Silverstein hingegen müßte sich gar nicht kränken, denn seine tatsächlichen Kosten für Hypotheken und den Pachtzins an die Hafenbehörde sind mehr als gedeckt. Lediglich die zukünftigen - also noch gar nicht erwirtschafteten - Gewinne fallen eben geringer aus. Eindeutige Nutznießer sind jedenfalls die von den Streitparteien eingesetzten New Yorker Anwälte, die nach glaubwürdigen Quellen bereits mehrere hundert Millionen Dollar an Honoraren kassieren konnten. Und noch geht die Prozeßlawine weiter, denn Silverstein hat Berufung eingelegt... R. G. Kerschhofer


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