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Preußische Allgemeine Zeitung / 22. Mai 2004
Wird der Berliner Flughafen Tempelhof im Herbst wirklich geschlossen? Vor Jahren wäre die Antwort klar gewesen: Ja, er wird! Und bald auch der zweite innerstädtische Flughafen in Tegel! Denn ursprünglich sollte 2007 ein neuer Großflughafen in Berlin-Schönefeld, wo schon die DDR ihren Zentralflughafen unterhalten hatte, in Betrieb genommen werden. Endlich sollten Transatlantikflüge von Berlin starten können, was heute wegen der zu kurzen Rollbahnen nicht möglich ist. Doch die kühnen Visionen gingen unter im Kompetenz- und Planungschaos in Berlin und Potsdam. Erst wurde gegen das Vergaberecht verstoßen, dann vermeldete die Betreibergesellschaft ihren Bankrott, und jetzt muß man sich auf die Einsprüche der Anwohner am südöstlichen Stadtrand einrichten. Und Geld ist sowieso keines da. Inzwischen ist davon die Rede, daß ab 2007 tatsächlich Interkontinentalflüge starten werden - allerdings von Cottbus aus. Nur den Namen haben Ministerpräsident Matthias Platzeck und Bürgermeister Klaus Wowereit (beide SPD) schon festgelegt: Internationaler Flughafen Willy Brandt! Trotzdem schwebt über Tempelhof das Damoklesschwert der Schließung, wofür wirtschaftliche Argumente ausschlaggebend sind: Seit 1991 haben sich Betriebsverluste in Höhe von 139 Millionen Euro angesammelt. Allein 2003 betrug das Defizit 15,4 Millionen. Jetzt hat die Fluggesellschaft Germania das Angebot gemacht, den Flugbetrieb gemeinsam mit den Partnern von der Berliner Flughafengesellschaft (BFG) zu übernehmen. Diese winkt wegen der schlechten Ertragslage jedoch ab und hält das Angebot für einen Werbecoup. Der ist allerdings gut plaziert, denn das Verhältnis der Berliner zum Flughafen Tempelhof ist ein sentimentales. Von 1923 bis 1974 war er der städtische Zentralflughafen und in den 30er Jahren der verkehrsreichste Europas. Damals wurde er großzügig ausgebaut. Als 1974 Berlin-Tegel fertiggestellt wurde, sank Tempelhof zu regionaler Bedeutung herab. Doch weder Tegel und erst recht nicht Schönefeld haben je so viele Gefühle geweckt oder sind gar zur Ikone aufgestiegen wie das alte Tempelhof. Der mächtige, gerundete Bau mit 49 Gebäudeteilen und 10.000 Räumen umfaßt das Flugfeld zur Innenstadt hin. Bei aller Wucht des Gebäudes handelt es sich nur um ein Fragment, das vom ursprünglichen Entwurf übriggeblieben ist. Er stammt vom Architekten Ernst Sagebiel, der auch das Reichsluftfahrtministerium - heute: Bundesfinanzministerium - in der Wilhelmstraße erbaut hat. Beispielsweise war auf einem der Hallendächer eine Tribüne für 80.000 Zuschauer geplant, die die jährlichen Reichsluft- tage verfolgen sollten. Der Flughafen war als Teil des Hauptstadtprojekts Germania konzipiert, das 1952 abgeschlossen sein sollte. Die Grundsteinlegung erfolgte 1937. Nach Ausbruch des Krieges wurden die Arbeiten eingestellt. 1948/49 wurde hier während der Berlin-Blockade der größte Teil der Luftbrücken-Transporte abgewickelt. Zunächst als Militärflugplatz genutzt, wurde Tempelhof 1959 für den deutschen Zivilluftverkehr ausgebaut. Das Gebäude war in Billy Wilders Komödie "Eins, zwei, drei" eine unverzichtbare Kulisse. Über Tempelhof schwebten auch die Filmstars der Berlinale ein und brachten ein bißchen Metropolenflair in die eingeschnürte Teilstadt. Aber nicht nur symbolisch, auch praktisch war Tempelhof ein Eckstein der Freiheit, bildeten doch die Luftkorridore die einzige unkontrollierte Verbindung nach Westdeutschland. Die Tempelhof-Gegner verweisen auf die Lärmbelästigung und Unfallgefahr, die von innerstädtischen Flughäfen ausgehen. Gleiches gilt übrigens für Tegel, wo sich die Anwohner neben Lärm über Dachziegel beschweren, die durch den Luftzug der an- und abfliegenden Maschinen gelockert werden. Die Pläne für eine alternative Nutzung des Tempelhofer Geländes sind vage: Abwechselnd ist von Wohnungen, von einem Park mit Golfanlagen oder einem Universitätscampus die Rede. Selbst private Rettungsangebote schmettert der Senat ab: Der Zentralflughafen Tempelhof (hier eine Aufnahme aus den 50er Jahren) wurde während der Berlinblockade zum Symbol für den Freiheitswillen der Berliner. Links das 1951 aufgestellte Luftbrückendenkmal - die "Hungerharke" Foto: Ullstein |