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29.05.04 / Die ideale Frau / Ausstellung: Ruth Leuwerik und das Kino der 50er Jahre

© Preußische Allgemeine Zeitung / 29. Mai 2004


Die ideale Frau
Ausstellung: Ruth Leuwerik und das Kino der 50er Jahre

Als im März 1960 die Schauspielerin Ruth Leuwerik als Vertreterin Deutschlands an einem vom englischen Königshaus ausgerichteten Empfang teilnehmen sollte, waren die einschlägigen Illustrierten voller euphorischer Berichte. Wer nahm teil an der sogenannten "Royal Performance"? "Unsere Ruth", der Star des deutschen Nachkriegsfilms. Ihr Porträt zierte seit Jahren schon die Titel der "bunten Blätter", die man auch "Yellow Press" nennt. Die Menschen standen sich geradezu die Beine in den Bauch, um eine Karte für einen ihrer Filme zu ergattern. Und nun war sie sogar bei der Queen - die Königin des Zelluloids bei der Königin der Briten!

"Bei den Proben zu der von Noël Coward moderierten Londoner Galaveranstaltung soll die deutsche Schauspielerin im zackigen Rhythmus zu ,Das Wandern ist des Müllers Lust' einmarschieren", berichtet Peter Mänz in einem Beitrag des Berliner Museums Journal, April 2004. Dieses Ansinnen in Anspielung auf ihren Film "Die Trapp Familie" lehnte die Leuwerik ab. "Nach heftigem Protest wird eine andere musikalische Umrahmung für ihren Auftritt ausgewählt: ,Falling in Love again'." Mänz weiter: "Das Kleid, das Ruth Leuwerik 1960 bei der ‚Royal Performance' trägt, ... ist ein mit Brokatstickereien verziertes Abendkleid in für sie typischer ,schlichter Eleganz'. In der Ausstellung ,Die ideale Frau' ist es eines der zentralen Exponate", hebt Mänz hervor, der als Kurator für die Ausstellung im Filmmuseum Berlin - Stiftung Deutsche Kinemathek verantwortlich zeichnet.

Noch bis zum 15. August sind im 1. Obergeschoß der Räume am Potsdamer Platz, Postdamer Straße 2, auf 300 Quadratmetern Kindheits- und Jugendfotos, Zeitschriften-Cover von der Film-Revue über die Constanze bis zu Twen und Bravo, Fan-Alben, Preise wie der Bambi, Theateraufnahmen, Szenen- und Werkfotos zu sehen. Unter dem Titel "Die ideale Frau - Ruth Leuwerik und das Kino der fünfziger Jahre" wird das Leben der am 23. April 1924 in Essen geborenen Schauspielerin nachgezeichnet, einer Frau, die wie keine andere das Frauenbild der Nachkriegszeit geprägt hat.

Die Presse sprach von ihr als von einer "symbolischen Größe", einer "Märchenfigur, die es gar nicht gibt". "Ruth Leuwerik kultiviert edles Gefühl, das durch alle Leiden hindurch unbeirrbar zum Guten wirkt", so Enno Patalas 1963. Man lobte ihre zurückhaltende, unauffällige Spielweise, sah sie als eher kameradschaftliche denn als leidenschaftliche Frau. Die Leuwerik im Film war tragisch, traurig, rührend - und doch eine Frau, die in Krisensituationen ihr Schicksal zu meistern verstand, die anpackte, wo Not am Mann war, die ihren Partnern unauffällig auf die Sprünge half. Immer blieb sie dabei Dame und wurde so zum Vorbild für viele Frauen im Publikum.

Sie verkörperte so unterschiedliche Charaktere wie die Mutter in der singenden Familie Trapp, die preußische Königin Luise oder in dem Film "Taiga" (1958) eine deutsche Ärztin, die in einem sibirischen Arbeitslager bei ihren Landsleuten neuen Lebensmut weckt. "Sie behauptet sich in der Männerwelt des Lagers, die Kriegsgefangenen himmeln sie an. Die Ärztin tauscht ihre Arbeitskleidung gegen ein Kleid, das ihr die deutschen Soldaten genäht haben. Sie wird zum Projektionsbild, zu einem weiblichen Ideal für die Soldaten. Dieser Rollenwechsel kann auch auf das Frauenbild in der Bundesrepublik der Adenauer-Ära bezogen werden", so Mänz.

In der Berliner Ausstellung sind neben Fotos natürlich auch Filmausschnitte zu sehen. Von "Vater braucht eine Frau" (1952), "Ein Herz spielt falsch" (1953), "Bildnis einer Unbekannten" (1954) über "Die Trapp-Familie" (1956) und "Königin Luise" (1956/1957) bis zu "Die ideale Frau" (1959) oder "Liebling der Götter" (1960) reicht die stattliche Reihe. Auch die Männer an ihrer Seite, seien es Regisseure wie Wolfgang Liebeneiner (insgesamt sieben gemeinsame Filme), Robert Siodmak oder Helmut Käutner, der Produzent und Autor Utz Utermann (acht gemeinsame Filme), seien es der Drehbuchautor Herbert Reinecker (elf Produktionen) oder der Komponist Franz Grothe (Musik für 15 Spielfilme), die Film-Partner Dieter Borsche, O. W. Fischer oder Peter van Eyck, finden Beachtung in dieser Ausstellung.

Drehbuch, Regie, Kameraführung, Ausleuchtung und Kostüme mochten auch noch so ausgefeilt sein, letztendlich entschied das Publikum über Erfolg oder Mißerfolg eines Streifens. Ruth Leuwerik 1962: "Die Frauen bilden das Gros des Filmpublikums. Und diese Frauen können sich mit den Problemen, die ich auf der Leinwand habe, identifizieren." Die "Frauen von nebenan" werden angenommen vom Publikum, auch Königinnen mit menschlichen Problemen, Effi Briest gar und der labile Ufa-Star Renate Müller; als Ruth Leuwerik sich auf der Leinwand jedoch halbseidenem Milieu oder schwierigen Charakteren zuwendet, geht das Publikum nicht mit. 1961 noch hat die Schauspielerin den Wunsch geäußert, "eine Rolle zu spielen, die ,anders' liegt als die Rollen der vergangenen Jahre. Eine solche Rolle drängt sich auch aus dem Impetus der Zeit auf, der ich ganz verhaftet bin. Sofort bin ich bereit, eine Rolle zu spielen, die mehr die Nachtseiten eines Menschen zeigt. Dieser Weg wird in ein neues Rollenfach führen. Um es deutlich zu sagen: Ich bin bereit, jedes Wagnis einzugehen, wenn die mir gestellte Aufgabe den Einsatz lohnt. Und dann bleibt abzuwarten, was das Publikum dazu sagt." - Das Publikum sagte 1962 nein zu Käutners Andersch-Verfilmung "Die Rote". Der Image-Wechsel war nicht gelungen.

Die Leuwerik drehte nur noch wenige Filme und einige Fernsehproduktionen. Seit 1969 lebt sie mit ihrem Mann, dem Arzt Dr. Heinz Purper, in München. In den Herzen der Filmfreunde aber wird sie immer der Star der 50er Jahre bleiben, die Frau, mit der man Pferde stehlen konnte. Silke Osman

 

Beliebter Star der 50er Jahre: Ruth Leuwerik beantwortet Fan-Post. Foto: Filmmuseum Berlin


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