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05.06.04 / An Zapfsäulen ablesbar / Krise in den ölreichen Ländern trifft auch Europa

© Preußische Allgemeine Zeitung / 05. Juni 2004


An Zapfsäulen ablesbar
Krise in den ölreichen Ländern trifft auch Europa

Wir nähern uns dem Ernstfall. Der tritt ein, wenn in Saudi-Arabien das Regime stürzt oder ein Bürgerkrieg ausbricht, der die Ölproduktion lahmlegt. So weit sind wir noch nicht, aber die Drohungen der Al Kaida, erneut und immer wieder zuzuschlagen, sind durchaus ernst zu nehmen. Die Männer um Osama bin Laden wollen genau das: den Sturz der Dynastie Saud und den Ernstfall für die vom Öl abhängigen Industrienationen.

Ihr Motiv ist religiös. Sie wollen - und sagen es - alle Christen von der arabischen Halbinsel vertreiben. Für sie ist die Halbinsel "ahram", heiliger Boden. Hier sind die heiligsten Stätten des Islam, Mekka und Medina, und die befinden sich in der Gewalt eines Regimes, das in ihren Augen mit den Ungläubigen gemeinsame Sache macht. Dabei ist das saudische Königshaus selber ziemlich radikal-islamisch. Es folgt der Lehre des Predigers Abd al Wahhab aus dem 18. Jahrhundert. Das Paradoxe an der Situation ist zweifellos, daß Osma bin Laden, selber ein Wahhabit, das Königshaus verdammt, weil es ungläubige Handlungen vollziehe, die nicht unmittelbar aus dem Koran und den prophetischen Überlieferungen zu rechtfertigen seien, etwa die Erlaubnis erteile, daß Nicht-Muslime am Golf Zelte für ihre Soldaten aufschlagen oder die Frauen in den Camps mit freien Unterarmen herumlaufen.

Uns mutet das, gelinde gesagt, seltsam an. Die Al Kaida als Bande von Verrückten abzutun wäre aber leichtsinnig. Sie ist nach Erkenntnissen der Geheimdienste zum einen wieder so schlagkräftig wie vor dem 11. September 2001, zum anderen intelligent genug, um die Schwachstellen der "Ungläubigen" ins Visier zu nehmen. Die schwächste Stelle ist das Öl. Washington hat vorgesorgt und Reserven gehortet, was mit dazu beitrug, den Ölpreis zu erhöhen. Um den Preis zu senken, wollte das Königshaus in Riad nun die Produktion ausweiten. Alle anderen pumpen schon am Limit ihrer Kapazitäten, ausgenommen der Irak, weil der erst die Schäden der zahlreichen Anschläge auf Pipelines und Bohrtürme beheben muß. Jetzt schlägt der Terror auch verstärkt bei den Anlagen in Saudi-Arabien zu, eine Erhöhung der Produktion ist fraglich.

Wir werden die weitere Eskalation an den Zapfsäulen ablesen können. Es sei denn, den Amerikanern gelingt ein veritabler Befreiungsschlag gegen den Terrorismus. Daß sie von der arabischen Halbinsel oder generell aus dem Vorderen und Mittleren Orient abziehen, ist angesichts der labilen Machtverhältnisse in der Region aber unwahrscheinlicher denn je. Die Truppen, die Al Kaida verjagen will, stehen dort zum Teil schon seit dem ersten Golfkrieg vor 14 Jahren. Sie sichern die Ölzufuhr vom Golf. Auch unter einem Präsidenten Kerry werden sie bleiben. Denn alles andere hieße, den Ernstfall widerstandslos kommen zu lassen und sich dem Terror der Islamisten zu beugen. Sie mögen in anderen Ländern die Staatsgewalten vorführen und lächerlich machen, beim Öl läßt Wa-shington nicht mit sich spaßen. Lim


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