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12.06.04 / Kerry: Enkel eines Schlesiers / Europäische Wurzeln des US-Präsidentschaftskandidaten erforscht

© Preußische Allgemeine Zeitung / 12. Juni 2004


Kerry: Enkel eines Schlesiers
Europäische Wurzeln des US-Präsidentschaftskandidaten erforscht

Spätestens seit John F. Kennedy ist ein gewisses Interesse an den europäischen Wurzeln amerikanischer Spitzenpolitiker festzustellen. Denn selbst wenn die Beziehungen zwischen Verwandten längst abgerissen und vergessen sein sollten, ist die "alte Heimat" stolz auf "große Söhne" und hofft auf zahlungskräftige Gäste, die "dort gewesen" sein wollen.

Verständlich, daß auch der Präsidentschaftskandidat John F. Kerry durchleuchtet wurde. Prompt meldete sich der Bürgermeister von Bennisch, das seit 1918 zu Mähren gehört und heute Horni Bene'ov heißt, und reklamierte Kerrys Großvater als Tschechen. Und ein Bezirkspolitiker der SPÖ ließ sich als weitläufiger Verwandter in einem jener Blättchen ablichten, die gratis an alle Wiener Haushalte verteilt werden.

Wie aber sieht es wirklich aus? Kerrys Mutter Rosemary jedenfalls entstammt dem Forbes Verlags-Imperium, und seine jetzige Frau Teresa war in erster Ehe mit dem 1991 verunglückten Senator Heinz aus der "Ketchup-Dynastie" verheiratet. Unklar blieb nur die Herkunft von Vater Richard Kerry, weshalb die Zeitung Boston Globe den Ahnenforscher Felix Gundacker mit Untersuchungen beauftragte. Die Ergebnisse sind unter www.johnkerry.at  auch im Internet abrufbar.

Kurz zusammengefaßt: Kerrys Großvater Fried-rich (Fritz) Kohn wurde 1873 tatsächlich in Bennisch geboren, das damals aber Teil des "Herzogtums Schlesien" war, jenes kleinen Restes, den die Habsburger nicht an Preußen verloren hatten. Laut Zensus von 1880 bekannten sich nur drei der 4.200 Einwohner von Bennisch als Tschechen, alle anderen aber als Deutsche, darunter auch die Personen mosaischen Glaubens.

Urgroßvater Benedikt Kohn stammte aus Südmähren und war Brauereipächter in Bennisch. Urgroßmutter Mathilde Fränkel kam aus Oberglogau in Preußisch-Schlesien. Nach dem Tod des Urgroßvaters übersiedelte die Witwe mit den Kindern nach Mödling bei Wien, wo Verwandte eine Schuhfabrik betrieben und später Fritz mit Auszeichnung das Gymnasium absolvierte. Fritz heiratete 1900 die aus Budapest gebürtige Ida Löwe. Sie konvertierten 1901 zum Katholizismus, ließen den Familiennamen in Kerry ändern und wanderten 1905 in die USA aus. Der gesamte Familienverband gehörte also zu jenem emanzipierten deutsch-jüdischen Bürgertum, das so typisch für die Donaumonarchie war. Urgroßmutter Mathilde konvertierte nicht und starb 1935 in Wien.

Ahnenforschung kann natürlich keine Auskunft darüber geben, ob die Herkunft für Kerry eine Rolle spielt. Aus der Familientradition läßt sich in den USA zwar meist ableiten, ob jemand den Republikanern oder den Demokraten "gehört". Aber selbst das läuft nur auf graduelle, nicht auf prinzipielle Unterschiede hinaus.

Daß sich Kerry zur Unterstützung Israels bekennt, ist ein Pflichtritual und besagt ebenfalls nichts. Bedeutsamer ist da schon, daß Kerry als Senator den Auslandsabenteuern Bushs zugestimmt hat. Und genau das ist der Grund, warum er von Bushs kläglicher "Show" bisher wenig bis gar nicht profitieren konnte! Dazu kommt, daß den Wähler hauptsächlich die Wirtschaftslage daheim interessiert - und hier hat Bush gute Karten. Kerry wird Bush also nur schlagen können, wenn sich Weltpolitik und Weltwirtschaft drastisch verschlechtern sollten. So oder so - trübe Aussichten. Richard G. Kerschhofer


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