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Preußische Allgemeine Zeitung / 12. Juni 2004
Mit seiner Forderung, notorischen Defizitsündern das Stimmrecht zu entziehen, dürfte sich der österreichische Finanzminister Karl-Heinz Grasser bei den Großen der EU wenig Sympathien eingehandelt haben. Trotzdem wird man zugeben müssen, daß er damit die Lebenslüge des Stabilitätskonstrukts angesprochen hat: Denn verbale Rügen oder blaue Briefe sind Schall und Rauch, während eine theoretisch mögliche Geldbuße nur das Defizit des betreffenden Staatshaushalts weiter erhöhen würde. Man sollte sich nichts vormachen: Das scheinbare Hoch des Euro ist in Wahrheit ein Tief des Dollars, und die Inflationsrate ist nur deshalb so niedrig, weil die schlechte Wirtschaftslage deflationär wirkt und weil Öl in Dollar notiert wird - also der gestiegene Ölpreis nicht voll auf die Preise in der Eurozone durchschlägt. Daß Österreichs Bundeskanzler Schüssel dem Vorstoß Grassers eine klare Abfuhr erteilte, läßt darauf schließen, daß er sich weiterhin Chancen auf die Nachfolge von Romano Prodi als Kommissionspräsident ausrechnet. Zugleich wird deutlich, wie angeschlagen Grasser bereits sein muß: Als Genie der Selbstvermarktung war er einst das beliebteste Regierungsmitglied und der Schwarm aller potentiellen Schwiegermütter. Heute - als Überläufer von der FPÖ - hat er auch in der ÖVP keine Hausmacht und ist ganz auf das Wohlwollen Schüssels angewiesen. Grasser könnte sich aber inzwischen mit neuen Protektoren arrangiert haben. Das würde erklären, warum er als Eigentümervertreter der Republik Österreich ausgerechnet den Berg-und-Tal-Akrobaten Ron Sommer in den Aufsichtsrat der staatlichen Industrie-Holding ÖIAG holen und ihn sogar zum Chef der Telekom Austria machen will. Zur Information: Die ÖIAG hält derzeit noch 42,2 Prozent an der Telekom, und bei deren (höchst umstrittener) Vollprivatisierung wäre für Investoren einiges zu holen. RGK |