26.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
12.06.04 / Letztendlich pure Langeweile / Mario Adorfs Autobiograhie läßt vieles unerwähnt oder bruchstückhaft

© Preußische Allgemeine Zeitung / 12. Juni 2004


Letztendlich pure Langeweile
Mario Adorfs Autobiograhie läßt vieles unerwähnt oder bruchstückhaft

Unordentlich" nennt Adorf dieses Buch, das Lebensszenen eines bedeutenden Schauspielers ausbreitet. Sofern "unordentlich" den freien Flug der Gedanken bedeutet, hegt man große Erwartungen, die aber enttäuscht werden. Am ehesten gefallen die Passagen über Adorfs Kindheit und Jugend. Der Leser gewinnt nur hier Einblicke in die Person des Autors, der viel verschweigt, sobald die Chronik der frühen Jahre endet.

Mario Adorf, 1930 in Zürich als unehelicher Sohn eines italienischen Vaters und einer deutschen Mutter geboren, lebte in dem Eifelstädtchen Mayen, wo er seine Kindheit im Heim verbrachte. Später kam Adorf in die Hitlerjugend. Vergeblich begehrte er Aufnahme in eine "Nationalpolitische Erziehungsanstalt", denn ihm fehlte der vollständige "Nachweis arischer Herkunft". Statt dessen besuchte er das Gymnasium und nahm 1944 kurzfristig an dem Lehrgang einer "NS-Führerschule" teil. Adorf erlebte die Schlußphase des Krieges als Erntehelfer und Meldegänger. 1950 machte er Abitur.

Nun folgt ein merkwürdiger Bruch der Erzählung. Kommentarlos berichtet Adorf, daß er in den 50er Jahren Unterricht an der Otto-Falckenberg-Schauspielschule in München nahm. Kein Wort erfährt der Leser darüber, warum er den ungewöhnlichen Beruf des Schauspielers ergriff. Und nur im Klap-pentext steht, daß Adorf auch "Philologie und Theaterwissenschaft" studiert habe!

Adorf schildert Hintergründe zahlreicher Filme von "Nachts, wenn der Teufel kam" bis "Die verlorene Ehre der Katharina Blum". Seine vielleicht beste künstlerische Leistung, die Darstellung Mussolinis, erwähnt der Schauspieler aus unerfindlichen Gründen nicht. Auch über Erlebnisse mit Berufskollegen und Regisseuren, darunter Rainer Werner Fassbinder, berichtet Adorf, aber gerade diese Kapitel bleiben oberflächlich wie eine Talkshow. An Hollywood störte ihn "die eiskalte Haltung gegenüber den kleinsten Fehlern".

Bei der Lektüre dieser "Autobiographie" empfindet man einen schalen Geschmack, teilweise pure Langeweile. Mario Adorf zieht es vor, sich zu verbergen. Rolf Helfert

Mario Adorf: "Himmel und Erde. Unordentliche Erinnerungen", Verlag Kiepenheuer und Witsch, Köln 2004, 260 Seiten, 18,90 Euro


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren