Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
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Preußische Allgemeine Zeitung / 19. Juni 2004
Tapfer erklärte Franz Müntefering nach dem Debakel: "Die SPD wird
gebraucht." Wozu sie eigentlich gebraucht wird, vergaß er zu erklären - und
gab damit ungewollt eine indirekte Erklärung für den Absturz am letzten
Wahlsonntag: Noch nie waren so viele wahlberechtigte Deutsche der Meinung, man
könne in der Politik auch ganz gut ohne Sozialdemokraten auskommen. Magere 21,5 Prozent bei der Europawahl, noch erbärmlichere 14,5 Prozent in
Thüringen erreichte die SPD - da tröstet nicht einmal mehr der Hinweis, daß
die Fünf-Prozent-Hürde sicher geschafft wurde. Schlimmer noch: Nur die extrem
niedrige Wahlbeteiligung bewirkte, daß sich der Absturz in Prozentzahlen nicht
noch krasser darstellte. Bei der EP-Wahl gingen der SPD im Vergleich zu 1999
bundesweit 2.757.842 Wähler laufen (- 33,2 Prozent), in Thüringen verloren sie
67.919 von 214.801 Stimmen (- 31,6 Prozent). Solche Ergebnisse gehen an die
Substanz. Dem selbsternannten Reformer Gerhard Schröder geht neben der "neuen
Mitte" auch die "alte Linke" von der Fahne - wie lange kann er auf solch
schwacher Basis noch regieren? Trotzig verkündet der Kanzler: "Ich kann nur diese Politik weiterführen
und ich will nur diese Politik weiterführen; es gibt ja keine wirklich
vernünftige Alternative." Da hat er recht, aber - wie sooft - nur zur
Hälfte. Es gibt in der Tat keine Alternative zum radikalen Umbau unserer
Gesellschaft, aber es gibt viele Möglichkeiten, diese notwendigen Reformen
besser, effektiver und erfolgreicher durchzuziehen. Das weiß auch Parteichef
Müntefering: "Erst wenn die Reformen Erfolge zeigen, kommt auch die SPD
wieder auf Siegeskurs." Stimmt. Doch sind Erfolge bislang nicht in Sicht: Die Arbeitslosenzahl bleibt
viel zu hoch, von Aufschwung keine Spur, die Stimmung im Lande wird immer
mieser. Berlins rot-grüne Chaostruppe ist unfähig, ihren in die richtige
Richtung weisenden Ankündigungen auch die richtigen Taten folgen zu lassen. Das
Fatale an dieser Situation: Auch die Versprechungen der bürgerlichen
Opposition, sie werde "nicht alles anders, aber alles besser machen",
glänzen nicht gerade vor Glaubwürdigkeit. Denn allzufrisch haben die Bürger
noch in Erinnerung, wie viele Reformchancen sie in 16 Kohl-Kanzler-Jahren
ungenutzt hat verstreichen lassen. Erstaunlich, daß die Grünen sich auch bei diesen Wahlen aus der
Verantwortung stehlen konnten, obwohl sie mit ihren ideologisch geprägten
Aktivitäten maßgeblich am Niedergang Deutschlands mitgewirkt haben. Hier
entfaltet wohl die übergebührliche Unterstützung in den Massenmedien ihre
Wirkung. Die stetig sinkende Wahlbeteiligung ist auch damit zu erklären, daß die
Bürger keine überzeugende Alternative zur kritikwürdigen Regierungspolitik
sehen. Das gilt insbesondere für jene kleineren Parteien, die in den
Ergebnislisten unter "Übrige" rangieren. Da sollte man sich von den wenig
eindrucksvollen Prozentangaben nicht irritieren lassen. Immerhin brachte es die
Familien-Partei, wohl auch dank ihrer sympathischen Werbespots, auf 267.361
Stimmen, eine Partei namens "Deutschland" fand 134.916fache Zustimmung, die
"Bibeltreuen Christen" wurden bundesweit 98.643mal angekreuzt, und selbst
die 0,2 Prozent, die auf Heiner Kappels DP entfielen, bedeuten in absoluten
Zahlen 61.954 Stimmen. Insgesamt sammelten die "Übrigen" 2.532.988 Stimmen,
eine Million mehr als etwa die FDP oder die PDS. Nimmt man nun auch noch die 35.124.816 Nichtwähler und die 744.741
ungültigen Stimmen hinzu, dann fragt man sich, was der Begriff "Volkspartei"
eigentlich zu bedeuten hat. H.J.M. Entsorgt: Die Wähler haben die SPD für ihre Politik abgestraft. Foto: pa |