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26.06.04 / "Verräter" in Uniform / Ausländerkriminalität: Ein Tabu-Thema schlägt zurück

© Preußische Allgemeine Zeitung / 26. Juni 2004


"Verräter" in Uniform
Ausländerkriminalität: Ein Tabu-Thema schlägt zurück
von Annegret Kühnel

Schon kurz nachdem Ronald Schill 2001 Hamburgs Innensenator geworden war, löste Berlin die Hansestadt als Deutschlands Kriminalitätshochburg ab. Insbesondere in den Ausländerbezirk im nördlichen Neukölln, Kreuzberg und Wedding erreicht die Verbrechensrate Rekordmarken.

Allein in Kreuzberg lebt jeder sechste der 150.000 Einwohner von der Stütze, Arbeitslosenrate: 30 Prozent. Von den Jugendlichen ist jeder zweite ohne Job. Das Geld vom Sozialamt gibt es kundenfreundlich aus einem Automaten, der von den Sozialhilfebeziehern mittels Chipkarte bedient wird. Der Sozialstadt-rätin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) wird nachgesagt, sie vertrete die Auffassung, die bisherige Politik der Integration sei gescheitert. Vielmehr sei ein friedliches Nebeneinander der Kulturen gefragt.

Der Staat wird jedoch, entgegen der Formel des "friedlichen Miteinanders der Kulturen", einer grassierenden Kriminalität nicht Herr, die insbesondere von nationalen Minderheiten ausgeht. Man versucht es mit Entgegenkommen: Statt Recht und Gesetz mit größerer Härte durchzusetzen, soll ein neues Modell der Verständigung mit den Zugewanderten die Lage entschärfen.

TiK heißt das Zauberwort und steht für "Transfer interkultureller Kompetenz". Die Berliner Polizeiführung unter ihrem neuen Präsidenten Glietsch (SPD) glaubt, mit diesem von Soziologen entwickelten Modell Probleme mit Zugewanderten in den Griff zu bekommen.

So heißt es in einer Pressemitteilung der Berliner Polizei unter der Überschrift "Polizei und Moscheevereine - Partner im Kiez": "Die Polizeidirektion Fünf, zuständig für Friedrichshain-Kreuzberg und Neukölln, unterhält seit langem gute Kontakte zu ausländischen Vereinen und Institutionen." "Erhöht werden" solle, so heißt es weiter, die "interkulturelle Öffnung und Beratungskompetenz von Polizeidienststellen".

Das Modellprojekt ist zuerst in der Wache an der Neuköllner Sonnenallee angelaufen, die von einem hohen Ausländeranteil und unübersehbaren Verwahrlosungstendenzen gekennzeichnet wird. Der letzte Satz der Pressemitteilung lautet: "Zur Vertiefung des dabei erworbenen interkulturellen Wissens wurden Moscheebesuche durchgeführt."

Passend dazu berichtete der Tagesspiegel in der vergangenen Woche, daß Polizeipräsident Glietsch sich mehr Ausländer in Uniform wünscht. Polizeipräsident Glietsch glaubt, daß die Akzeptanz der Polizei unter den Zuwanderern steige, wenn sich Ausländer unter den Vertretern der Behörde befänden. In Bezirken wie Neukölln gibt es ganze Straßenzüge, die unter Polizeibeamten als "No-go-Area" gelten - ein aus dem Amerikanischen entlehnter Begriff, soll heißen: Dorthin geht man nicht. Die Bewohner bestimmter Gegenden akzeptieren Vertreter der Staatsmacht einfach nicht mehr.

Es gibt Zweifel, ob die Akzeptanz der Polizisten wirklich steigt, wenn mehr türkischstämmige Beamte auf Streife gehen. So berichtet eine junge Türkin im Polizeidienst - ebenfalls im Tagesspiegel - daß sie von türkischen Jugendlichen als "Verräterin" beschimpft würde.

Auch der Lesben- und Schwulenverband Deutschlands (LSVD) hat die wachsende Ausländerkriminalität als brisantes Problem erkannt. Traditionell ist der LSVD fest ins linksliberale Milieu eingebunden und unterstützt daher die Idee der multikulturellen Gesellschaft nach Kräften. Homosexuelle gehören indes zu den Hauptopfergruppen der Gewalt zugewanderter Täter aus südlichen Ländern. Nun soll eine Kampagne unter dem Motto "Kai ist schwul. Murat auch. Sie gehören zu uns. Jederzeit!" helfen, an der auch die Polizei beteiligt ist.

"Hintergrund für die Beteiligung an dieser Aktion ist die Erkenntnis, daß Jugendliche und Heranwachsende ausländischer Herkunft bei Rohheitstaten, auch gegen Homosexuelle, überrepräsentiert sind," heißt es in einer Mitteilung der Polizei vom 10. Juni.

Diese Kampagne ist insofern einzigartig, als daß die Ausländerkriminalität explizit Erwähnung in offiziellen Stellungnahmen der Polizei findet. Längst hatte sich der Zeitungsleser daran gewöhnt, von ausländischen Verbrechern nur noch durch Attribute wie "südländisch aussehend" oder "mit osteuropäischem Akzent" zu erfahren, weil die Nationalität seitens der Polizei meist unterschlagen wird.

In den Ausländerbezirken von Berlin stellen Armut und Kriminalität Politik und Polizei vor kaum lösbare Probleme: Junge Muslimin im Stadtteil Neukölln. Foto: Archiv


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