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26.06.04 / Heere

© Preußische Allgemeine Zeitung / 26. Juni 2004


Heere von Habenichtsen
EU-Freizügigkeitsrichtlinie strapaziert Sozialsysteme
von Martin Schmidt

Ausgerechnet die linksliberale Frankfurter Rundschau veröffentlichte am 15. Juni einen alarmierenden Artikel mit der Überschrift "EU-Staaten unterschätzen die Probleme der Freizügigkeit".

Der Beitrag weist auf jüngste Verlautbarungen aus dem Münchner Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung hin. Demzufolge könnte der Sozialstaat westlicher Prägung in den alten EU-Staaten in absehbarer Zeit unter dem Druck von Wohlfahrtswanderungen aus dem ostmitteleuropäischen Raum zerbrechen. Ursache hierfür ist laut Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn eine in der Öffentlichkeit "noch völlig unterschätzte" neue Freizügigkeitsrichtlinie der Europäischen Union.

Während bisher grundsätzlich nur erwerbstätige EU-Bürger das Recht auf freie Niederlassung in einem anderen Mitgliedsland ihrer Wahl hatten, dessen Sozialsysteme sie dann auch in Anspruch nehmen konnten, gilt dieses Recht jetzt zugleich für nicht Erwerbstätige. Die für die erstgenannte Gruppe in den Beitrittsverträgen mit den ostmitteleuropäischen Neulingen verankerten Übergangsfristen für eine Zulassung auf dem deutschen Arbeitsmarkt sind in der genannten EU-Richtlinie für Arbeitslose nicht vorgesehen.

Vor diesem Hintergrund spricht Sinn eine ungeschminkte Warnung aus: "Das wird viele, die in den ärmeren Regionen Europas zu Hause sind, veranlassen, in die reichen Sozialstaaten der EU zu wandern."

Die von Brüssel als Hindernisse gegen eine solche Entwicklung festgeschriebenen Maßnahmen dürften in den Augen der Münchner Wirtschaftswissenschaftler wirkungslos bleiben. Denn die für eine Aufenthaltserlaubnis in einem anderen EU-Mitgliedsstaat erforderlichen Nachweise bestimmter Mindestsummen an Geldmitteln können nach Ansicht der Kritiker leicht unterlaufen werden, indem die nötigen Summen schnell auf Konten hin- und her transferiert werden.

Der unglaubliche Leichtsinn, ja Dilettantismus der Brüsseler Bürokraten zeigt sich auch darin, daß solche EU-internen Empfänger einer Aufenthaltserlaubnis, die dann der Sozialhilfe im Gastland zur Last fallen, künftig - im Unterschied zu den noch kürzlich geltenden Gesetzen - nicht mehr ausgewiesen werden dürfen.

"Wer drin ist, den wird der Sozialstaat so schnell nicht mehr los", folgert Ifo-Präsident Sinn. Und sehr viele Menschen werden seiner Meinung nach den Versuch machen "reinzukommen". Schließlich seien die Anreize übermächtig, wenn man bedenkt, daß beispielsweise der Durchschnittslohn in der Slowakei bei einem Fünftel der westdeutschen Sozialhilfe liege.

Dementsprechend sei die Bundesrepublik Deutschland wahrscheinlich das Hauptziel des kommenden Massenzustroms. Diesen beziffern die Fachleute des Münchner Instituts für Wirtschaftsforschung auf insgesamt vier bis fünf Millionen Menschen, von denen vermutlich etwa die Hälfte zu uns kommen werden. Vor dem Hintergrund dieses Szenarios zitiert die Frankfurter Rundschau den US-amerikanischen Ökonomen David Wildasin, der den Sozialstaat europäischer Prägung in einem jahrzehntelangen Prozeß zugrunde gehen sieht.

Hans-Werner Sinn weist auf einen Ausweg hin, der von den EU-Mächtigen und den nationalen Regierungschefs aber offenbar nicht gewollt ist: "Das jeweilige Heimatland müßte für die Sozialleistungen an nicht erwerbstätige Zuwanderer zuständig bleiben", fordert er.

Wenn man jedoch keinen solchen Riegel vorschiebt, liegen die mittel- und langfristigen Konsequenzen, auf der Hand: Die vergleichsweise reichen Sozialstaaten müssen ihre Wohlfahrtsleistungen zurückschrauben, um die Haushalte nicht völlig überzustrapazieren, und, so Sinn, "wir bekommen amerikanische Verhältnisse".

Im Zuge dieser Entwicklung, die auch ohne die jüngste EU-Richtlinie bereits seit Jahren in vollem Gange ist (also "nur" eine Beschleunigung erfährt) und offensichtlich im Interesse der hiesigen Wirtschaft ist, wird eine Menge zerstört, was durchaus wert wäre, bewahrt zu werden. Das gilt gerade für Deutschland, wo das seit Reichskanzler Bismarck über mehr als hundert Jahre hinweg gewachsene und vielfach bewährte Sozialgefüge zum Auslaufmodell degradiert ist.

Zu dessen Grundlagen gehört die Überzeugung, daß es in einer zu einem Staatswesen vereinigten größeren Gemeinschaft stärkere und schwächere Glieder gibt und daß die schwächeren mitunter durchaus die Unterstützung der stärkeren bedürfen. Nicht von ungefähr hat Bismarck einmal in einer Rede gesagt: "Die Könige von Preußen sind niemals vorzugsweise die Könige der Reichen gewesen."

Leider hat die bundesdeutsche Gesellschaft seit den 70er Jahren die Grundfesten der alten solidarischen Ordnung zunehmend selbst unterhöhlt, indem angesichts eines allzu selbstverständlich gewordenen Wohlstandes Sozialleistungen nach dem Gießkannenprinzip unters eigene Volk sowie an Angehörige fremder Völker verteilt wurden.

Nun ist der Katzenjammer gerade bei der deutschen Linken groß, ohne daß dort der Wille zu einer echten Kehrtwende erkennbar ist, in deren Gefolge dann möglicherweise etliche "soziale Errungenschaften" noch gerettet werden könnten.

Die Perspektiven sind in der Tat erschreckend: Während angesichts massiver Produktionsvorteile zahlreiche bundesdeutsche Unternehmen Standorte gen Osten verlagern, wo etwa in Tschechien oder Polen die Arbeitnehmerstunde in Industriebetrieben nur ein Sechstel kostet (heutige Prognosen besagen, daß es in Tschechien noch bis 2039 dauern wird, bis diese Kosten die Hälfte des deutschen Wertes erreicht haben), wandern von dort demnächst Hunderttausende Habenichtse nach Deutschland zu. Allerdings werden diese schon bald nicht mehr in der "sozialen Hängematte" landen, weil der deutsche Staat pleite ist und keine Almosen mehr verteilen kann.

Doch bedauerlicherweise spricht sich die neue Lage des einstigen Wirtschaftswunderlandes diesseits und jenseits der Grenzen nur langsam herum.

Vielleicht kann man dem Ganzen aber auch etwas Positives abgewinnen: Mit dem Verschwinden von Wohlstand, sozialem Netz und Wohlstandsmentalität könnten die Deutschen endlich einen verantwortungsbewußten Umgang mit den verbliebenen Ressourcen forden und Politiker wählen, die für eine Wahrung nationaler Interessen stehen.

Almosenempfänger: Deutschland droht weiterer Massenzuzug


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