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10.07.04 / Die Griechen und ihr Otto

© Preußische Allgemeine Zeitung / 10. Juli 2004


Hans-Jürgen Mahlitz:
Die Griechen und ihr Otto

König Otto von Griechenland - da gab es doch schon mal einen? Richtig: Vor 172 Jahren riefen die damaligen Großmächte Rußland, Frankreich und England das soeben von türkischer Oberhoheit befreite Griechenland zum Königreich aus, und mangels geeigneten Personals im eigenen Lande liehen die Hellenen sich den 16jährigen Sohn des bayerischen Königs Ludwig I. aus. So regierte König Otto I. in Athen. Nach 30 überwiegend unruhigen Regentschaftsjahren wollte das Volk der Hellenen ihn nicht mehr haben, entthronte ihn und schickte ihn zurück in die bayerische Heimat.

Und nun haben die Hellenen also König Otto II. Formell ist er zwar noch nicht gekrönt, immerhin aber schon Ehrenbürger der Hauptstadt, Ehrenstaatsangehöriger und Träger eines Ehrenkreuzes der griechisch-orthodoxen Kirche. Weitere Ehrungen sind nur eine Frage der Zeit. Im bürgerlichen Leben heißt er Otto Rehagel, von Beruf ist er Fußballtrainer, und seit Sonntag,

4. Juli (auf den Tag 50 Jahre nach dem "Wunder von Bern"), ist er der Hauptverantwortliche dafür, daß nicht Frankreich oder England, nicht Deutschland, Holland oder eine andere der sogenannten

Kicker-Großmächte, sondern Griechenland sich für die nächsten vier Jahre Europameister nennen darf.

Wäre dies ausschließlich das Resultat spielerischer, balltechnischer oder taktischer Finessen, so wäre es wohl kaum Thema eines Leitartikels in dieser Zeitung. Das "Wunder von Lissabon" hat aber noch weitere, tiefergehende Ursachen und Hintergründe, die gerade in einer sich Preußisch nennenden Zeitung durchaus der Betrachtung wert sind.

Werfen wir einen Blick zurück in die jüngere Fußballgeschichte. Wie war es damals, vor 50 Jahren, in Bern? Da standen nicht nur elf junge Männer, die sich noch "elf Freunde" nennen durften, ohne dafür ausgelacht zu werden, auf dem Platz. Da war, als "zwölfter Mann", ein ganz besonderer Geist mit dabei, und der hat letztlich den Ausschlag gegeben. Man hat ihn bei dieser wie bei manch späterer in die Annalen des Sports eingegangener Gelegenheit beschrieben mit der Formulierung "deutsche Tugenden"; man könnte auch sagen "preußische Tugenden": Einsatzbereitschaft, der Wille, alles für die Gemeinschaft zu geben ("einer für alle, alle für einen"), Fleiß (vor allem im Training), Disziplin (nicht nur im Befolgen taktischer Vorgaben, sondern auch im persönlichen Lebensbereich). Wo solche Tugenden sich mit spielerischem Talent und Freude am Spiel trafen, kam der Erfolg in Form von Welt- und Europameistertiteln. Zugleich sind damit die Defizite beschrieben, die dazu führten, daß unsere Nationalmannschaft diesmal so kläglich versagte und frühzeitig ausschied.

Der Trainer Otto Rehagel aber hat es verstanden, einer jungen, unverbrauchten und unverdorbenen Mannschaft genau diese Tugenden zu vermitteln. Keine andere Mannschaft hat in diesem Turnier so perfekt spielerische Begeisterung und eiserne Disziplin verbinden können; schon daher wurde sie verdient Europameister.

Daß ein deutscher Trainer so entscheidend an diesem sensationellen Erfolg mitwirkte, darf uns mit Stolz erfüllen. Ein wenig war dies auch "ein Sieg für Deutschland", ein Sieg für jene Tugenden, die einst dieses Land positiv prägten und inzwischen leider weitgehend in Vergessenheit gerieten, mit fatalen Folgen. Denn die deutsche Misere findet ja bei weitem nicht nur auf dem Sportplatz statt.

Was können wir von "König Otto" und seinen Griechen lernen? Ganz einfach: dasselbe, was diese Hellenen von ihrem umjubelten "Otto Rehakles" gelernt haben: Freude, Begeisterung, Selbstvertrauen - und eben eine gute Portion deutscher, sprich preußischer Tugenden. Damit kann man sogar mehr als "nur" Fußball-Europameister werden.


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