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17.07.04 / Stets eine Nation geblieben / Montenegros Eigenstellung dringt auf Unabhängigkeit 

© Preußische Allgemeine Zeitung / 17. Juli 2004


Stets eine Nation geblieben
Montenegros Eigenstellung dringt auf Unabhängigkeit 
von Otto v. Habsburg

Vor nicht zu langer Zeit hat der sogenannte "hohe Vertreter der Europäischen Union für die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik", der spanische Sozialdemokrat Javier Solana y Madariaga, unter Androhung schwerer Sanktionen Montenegro, die Crna Gora, gezwungen, ein weitreichendes Abkommen mit Serbien einzugehen. Es wurde damit an Stelle des alten Begriffes Jugoslawien eine Gemeinschaft Serbien-Montenegro geschaffen, ein Regime, in dem Serben viel mächtiger sind als der kleine Partnerstaat. Damit wurde von Solana anstelle von Jugoslawien ein größeres Serbien konzipiert, das vielleicht britischen und anderen Wirtschaftsinteressen entspricht, nicht aber den historischen und politischen Realitäten. Im Hintergrund stand offensichtlich weniger eine Überlegung bezüglich der Zukunft Montenegros, sondern der Gedanke, eine echte Volksabstimmung in der fast ausschließlich von Albanern bewohnten Region Kosovo wenn möglich zu verhindern, um dieses Gebiet erneut Belgrad zu unterstellen. Es ging dabei weniger um die immer wieder in den Vordergrund gespielten serbisch-nationalen Emotionen, sondern um einen Sonderstatus, der Belgrad den Zugriff auf den im Kosovo gelegenen Distrikt Trepca sichert, weil dieser viele natürliche Reichtümer besitzt. Diese aber können nur dann erfolgreich von gewissen Kreisen ausgebeutet werden, wenn wieder ein größeres Jugoslawien entsteht.

Daraus resultiert auch die westliche Politik gegenüber Montenegro, das man für ein größeres Serbien zu brauchen glaubt, um die Kosovo-Albaner unter die Belgrader Herrschaft bringen und wieder dominieren zu können.

Die Zerstörung der Unabhängigkeit Montenegros war eine der politisch niederträchtigsten Handlungen der Alliierten im Ersten Weltkrieg. Von Anfang an hatte der montenegrische König Nikita die Partei Serbiens, also der Alliierten ergriffen. Das Land war durch die österreichisch-ungarische Armee niedergekämpft worden. Die montenegrische Führung flüchtete zu den Alliierten, wurde dort aber in Ungnade aufgenommen, unter dem Vorwand, die Bevölkerung des Bergkönigsreiches spreche serbisch und müsse daher die Herrschaft des neuen serbischen Königshauses der Karageorgevic einverleibt werden. Das entsprach nicht den örtlichen Gegebenheiten. Die Montenegriner sind ein Gebirgsvolk, das wohl die serbische Sprache spricht, aber sich seit Alters her als eine eigenständige Nation empfindet. Als die Türken den Balkan beherrschten, bewahrten die Montenegriner ihrer Eigenstellung, da es den Osmanen niemals gelang, ihre Autorität wirklich auf die Schwarzen Berge auszudehnen. Montenegro hatte weiter seine angestammte Dynastie der Petrovic, die in einer gewiß sehr altertümlichen, aber volksnahen Form regierte. Ohne die Bevölkerung zu befragen, wurde aber nach dem Ersten Weltkrieg das Land an Serbien angeschlossen.

Seither haben die Montenegriner immer wieder versucht, ihre Unabhängigkeit zurückzugewinnen. Selbst im kommunistischen Jugoslawien unter Marschall Tito ertrotzten sie sich eine Sonderstellung. Als dann Anfang der 90er Jahre Jugoslawien aufgelöst wurde, hatten die Montenegriner einen eigenen Staat erhofft. Dem machten aber die Serben und ihre internationalen Unterstützer zunächst einen Strich durch die Rechnung. Es hat allerdings von Anfang an einen starken montenegrinischen Widerstand unter der Führung von Milo Djukanovic gegen das Milosevic-Regime in Belgrad gegeben. Alles wurde versucht, Djukanovic, der zum montenegrinischen Präsidenten aufstieg, zu diskreditieren. Es gelang aber nicht, den populären Mann von der Bevölkerung zu trennen. Dagegen wurde von Belgrad die Serbisierung versucht. Dort war die serbisch-jugoslawische Orientierung stärker als in den Bergen, wo die Menschen klar an der montenegrinischen Identität festhielten. Bei allen Wahlen siegte daher die Partei von Djukanovic. Alle Versuchungen aus Belgrad und aus dem Westen blieben ohne Erfolg.

Jüngst haben die führenden Montenegriner, nicht nur Präsident Dju-kanovic, sondern auch Ministerpräsident Miodrag Vukovic und Außenminister Dragisa Burzan, erneut die Forderung auf einen Volksentscheid erhoben. Zwar haben die internationalen Organe alles versucht, diesen Wunsch der Montenegriner zu ersticken - wieder ohne Erfolg -, doch diesmal ist die Aussicht auf eine Volksabstimmung größer.

Gewiß sind noch mächtige Versuche zu erwarten, irgend ein falsches Jugoslawien zu erhalten. Erfolg dürfte es aber diesmal trotz der Anstrengungen einiger internationaler Bürokraten nicht geben. Es kommt daher wohl jene Volksabstimmung, die, wenn ehrlich durchgeführt, eine Mehrheit für ein unabhängiges Montenegro ergeben dürfte.


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