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17.07.04 / Im "besten Klima der Welt" / Kurhotel auf Teneriffa bietet behindertengerechten Urlaub

© Preußische Allgemeine Zeitung / 17. Juli 2004


Im "besten Klima der Welt"
Kurhotel auf Teneriffa bietet behindertengerechten Urlaub

Wie so oft stellte das Schicksal die Weichen. Zuerst waren sie allerdings von Peter Drahl gestellt, denn er besuchte gezielt die Reha-Messe in Düsseldorf, um sich über Kurmöglichkeiten für Behinderte zu informieren. Der Rollstuhlfahrer aus Hamburg-Volksdorf ist querschnittgelähmt, nicht durch einen Unfall, sondern als Folge einer - im Vorfeld als unkompliziert eingestuften - Operation. Bitter für den dreifachen Familienvater, dazu noch engagierten Leistungssportler, der aber auf bewundernswerte Weise - auch nach dem frühen Tod seiner Frau - das Leben als auf den Rollstuhl angewiesener Behinderter so selbständig wie möglich meistert.

Auf der Messe interessierte ihn ein größerer Stand, der über die für die Kanaren einzigartige behindertengerechte Kurhotelanlage "Mar y Sol" informierte, die über die modernsten Einrichtungen für die Rehabilitation verfügt. Das zu dem 400-Bettenkomplex gehörende Therapiezentrum mit einer breiten Palette von bewährten und alternativen Therapieverfahren, einer Wassersportschule, die gehbehinderten Gästen umfangreiche Aktivitäten ermöglicht, der großen Poolzone mit drei Becken, der an das Hotel gebundenen Servicestation mit Notfallservice rund um die Uhr und nicht zuletzt die herrliche Lage an der zehn Kilometer langen Strandpromenade, geradezu ideal für Rollstuhlfahrer, - das alles bewog Peter Drahl, sich näher mit dem Angebot zu beschäftigen. Im Gespräch kam eine junge Spanierin auf die besonders für MS-Gäste konzipierten Therapiemöglichkeiten zu sprechen. Peter Drahl interessierte dies besonders, denn er ist Autor und Verleger der Biographie der ostpreußischen Malerin Gertrud Lerbs, seiner Patentante. Dieser starb an Mutipler Sklerose, die ihr Schaffen in den späten Jahren ihres Lebens lähmte. So holte er den umfangreichen Kunstband hervor und - nun kommt die Weiche: Die Spanierin las den Namen "Königsberg" und rief sofort: "Da hole ich meinen Chef, der kommt auch von dort!"

So trafen sich unerwartet zwei Söhne der Pregelstadt in Düsseldorf: Peter Drahl, der als Dreijähriger seine Geburtsstadt verließ, weil die Eltern nach Hamburg zogen, im Herzen aber immer Ostpreuße geblieben ist wie alle seine Vorfahren - und Hans-Joachim Fischer, 1940 in Königsberg geboren, Gründer der Hotelanlage und Geschäftsführer der "Mar y Sol S.L." in Los Cristianos, Teneriffa, der sich glücklich zeigte, über seine Heimatstadt sprechen zu können. Das geschah dann noch weit ausführlicher, als Peter Drahl auf Teneriffa zur Kur war.

Natürlich sind die Erinnerungen verwischt, wenn man als Vierjähriger die Stadt der Kindheit verlassen muß, zumal die elterliche Wohnung in der Schönstraße 17 schon im August 1944 zerbombt worden war. Der Vater, Versicherungsdirektor Fritz Fischer, aus Großheidekrug bei Königsberg stammend, und seine Frau Helene geborene Becker aus Memel hatten vier Kinder: Die 1930 geborenen Zwillinge Manfred und Wolfgang, die zwei Jahre ältere Tochter Hannelore und den kleinen Hans-Joachim. Mit der Flucht im Dezember 1944 begann ein langer Irrweg, der über das Erzgebirge und die Altmark nach Werder bei Potsdam führte. 1953 gelang dann die Flucht nach West-Berlin. Die Hochschulreife erreichte er mit Absolvierung der Abendschule parallel zur Elektroschule, das anschließende Studium der Elektrotechnik mußte mit verschiedenen Tätigkeiten - zwecks Nebenverdienst - vereinbart werden. Dann kam eine kontinuierliche Phase aufgrund einer leitenden Tätigkeit bei den Stadtwerken in Tübingen. Dort lernte er auch seine Frau Ilse, eine Buchhändlerin, kennen. Leider blieben dem Ehepaar nur zehn unbeschwerte Jahre, denn 1973 erkrankte Ilse an Multipler Sklerose. Als 1980 das Ehepaar auf Anraten des Tübinger Neurologen nach Teneriffa flog, saß Frau Fischer bereits im Rollstuhl. Das Klima bekam der Erkrankten so gut, daß ihr Mann auf die sehr waghalsig erscheinende Idee kam: "Ich bau für Dich hier ein maßgeschneidertes Hotel!" Und er hielt sein Versprechen. 1985 erfolgte die Gründung einer Gesellschaft zur Erstellung einer behindertengerechten Kurhotels im Fischerdorf Los Cristianos, das gerade vom Tourismus entdeckt wurde. Vor allem wegen seiner geradezu idealen Lage in einer allergiearmen Heilklimazone im Südwesten der Insel Teneriffa, die als "bestes Klima der Welt" apostrophiert wird.

Ein Jahr später gab Hans-Joachim Fischer seine Tätigkeit auf und begann nach dem Kauf eines 11.000 Quadratmeter großen Grundstückes mit der Objektplanung. Die Schwierigkeiten, die bis zur Eröffnung des Hotelbetriebes 1990 zu bewältigen waren, kann man erahnen. Die geglückte Erfüllung seines Planes aber wurde von einem tragischen Geschehen überschattet: Ilse Fischer war nur ein kurzer Aufenthalt in der für ihre Krankheit konzipierten Anlage vergönnt: 1991 erlag sie ihrem Leiden.

Ihr Mann hat noch einmal geheiratet. Seine Frau Elli leitet die große therapeutische Abteilung, die wesentlich zum guten Ruf des Hauses beiträgt. Denn heute ist Mar y Sol ein Kurhotel, das ein Maximum an therapeutischen, gastronomischen und touristischen Einrichtungen bieten kann. Die zwölf weißen Häuser mit den 208 Studios und Appartements sind alle rollstuhlgerecht eingerichtet. Aber nicht nur Behinderte kuren hier, sondern auch viele Senioren, die nicht oder nur teilweise gehbehindert sind. Gäste aus dem europäischen Norden verbringen in Los Cristianos sogar die Wintermonate im "besten Klima der Welt".

Das konnte auch Peter Drahl bestätigen, der die warmen Märzabende am Pool inmitten von Blüten und Palmen genoß. Und er wurde gar nicht müde, wie er erstaunt feststellte, obgleich er jeden Tag auf der langen Promenade am Meer mit seinem "Handbike" am Rollstuhl Herz und Kreislauf trainierte. Sieben Tage lang und immer über 20 Kilometer. Für ihn ein großes Erlebnis, daß er diese Leistungen vollbringen konnte. Wo findet er sonst solch eine ideale Trainingsstrecke?

Hans-Joachim Fischer, der Ostpreuße auf Teneriffa, freut sich natürlich, wenn er Landsleute wie Peter Drahl begrüßen kann. Gemeinsame Wurzeln verbinden, auch wenn sie in andere Erde verpflanzt wurden. Aber das wissen wir ja alle und bekommen es immer wieder zu spüren. R. Geede

Reha unter blauem Himmel: Im Mar y Sol auf Teneriffa wird Urlaub mit gesundheitsfördernden Maßnahmen wie spezieller Gymnastik und Massagen verknüpft. Foto: Mar y Sol


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