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24.07.04 / Schlecht inszeniert / Nachtrag zu Cap Anamur

© Preußische Allgemeine Zeitung / 24.Juli 04


Schlecht inszeniert
Nachtrag zu Cap Anamur
von Hans-J. Mahlitz

Ein Nachwort in eigener Sache: Als die vorige Folge dieser Zeitung in Druck ging, standen wir mit unserer Kritik an Cap Anamur ("Das inszenierte Drama") ziemlich einsam da in der deutschen Medienlandschaft. Leise Zweifel rührten sich: Hatten wir den edlen Rettern vielleicht doch Unrecht getan? Hatten wir, was uns in den Tagen zuvor vorzugsweise vom ZDF auf den Bildschirm geliefert worden war, vielleicht falsch interpretiert?

Die Zweifel währten nur einen Tag, dann zog Bundesinnenminister Otto Schily nach und äußerte öffentlich den Verdacht, die Cap-Anamur-Crew habe sich möglicherweise der Beihilfe zum Menschenhandel schuldig gemacht, was schwerwiegende strafrechtliche Konsequenzen haben könne. Und noch einen Tag später, während die ersten PAZ-Exemplare bei den Abonnenten eintrafen, ging das ARD-Magazin Panorama auf kritischen Kurs, sprach von "Geisterfahrt" und "PR-Aktion".

Inzwischen haben die italienischen Behörden bestätigt: Von den 37 an Bord der Cap Anamur befindlichen Afrikanern stammten 30 aus Ghana, sechs aus Nigeria und einer aus Niger. Sie hätten also schon auf Grund ihrer Herkunft keine Chance, in irgendeinem EU-Land Asyl zu bekommen. Kein einziger kam aus den von Hunger und von staatlich sanktioniertem Völkermord heimgesuchten Gebieten im Sudan. Folgerichtig lehnte Italien alle Asylanträge ab, will allerdings aus humanitären Gründen 14 der Betroffenen nicht sofort abschieben.

Erst nach Tagen gaben die Mitarbeiter von Cap Anamur zu, daß sie die Afrikaner bereits drei Wochen vor ihrem Eintreffen an der sizilianischen Küste an Bord genommen hatten. Wo genau, verraten sie ebenso wenig wie die Reiseroute während dieser Zeit. Ein mehr als merkwürdiges Verhalten, wenn man angeblich akut vom Tod durch Ertrinken, Verdursten oder Verhungern bedrohte Menschen an Bord hat - offenbar war es wichtiger, auch noch Cap-Anamur-Chef Bierdel sowie Fernsehjournalisten in genügender Zahl an Bord zu nehmen und ansonsten den publikumswirksamsten Zeitpunkt abzupassen.

Auch Cap-Anamur-Gründer Rupert Neudeck, vor zwei Jahren aus der Leitung der Hilfsorganisation ausgeschieden, übte scharfe Kritik an seinen Nachfolgern: er sei "erschüttert", daß "die spektakuläre Rettung von Bootsflüchtlingen zumindest teilweise für die Medien inszeniert wurde". Möglicherweise sogar nicht nur für die Medien, sondern mit ihrer tatkräftigen Mitwirkung! Wie sonst ist es zu erklären, daß hochprofessionellen Fernsehjournalisten tagelang an all diesen unglaubwürdigen Inszenierungen nichts aufgefallen sein soll; so naiv können die sonst so "kritischen Geister" doch eigentlich nicht sein.

In Berlin stößt die PR-Aktion inzwischen auf herbe Ablehnung. Der Unionsabgeordnete Wolfgang Bosbach wirft Cap Anamur vor, den Schleuserbanden in die Hände zu spielen; die würden dann "noch bessere Geschäfte machen". Ähnlich äußerte sich Schilys Pressesprecher: "Cap Anamur fördert bei Afrikanern die Illusion, sie kämen über das Meer sicher nach Europa. Aber die meisten verdursten und ertrinken." Der langjährige SPD-Abgeordnete Freimut Duve befand, es sei "fahrlässig, leichthin mit dem Etikett des Genozid-Opfers zu hantieren, um medial zu wirken". Duves Wort hat besonderes Gewicht: Er hat in den 90er Jahren gemeinsam mit Elfie Wörner und Christian Schwarz-Schilling vorbildliche humanitäre Arbeit in Ex-Jugoslawien geleistet.

Was mag das einst so renommierte Hilfskomitee bewogen haben, zu solch unsauberen Mitteln zu greifen? Ein Verdacht wird vorerst nur hinter vorgehaltener Hand geäußert: Ebbe auf den Spendenkonten - da brauchte man eben eine spektakuläre Aktion, um die spendenmüden Deutschen aufzurütteln.


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