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07.08.04 / Nur kein Neid / Wenn Politiker "in die Wirtschaft gehen": Landeseigene Betriebe als Versorgungsparadies

© Preußische Allgemeine Zeitung / 7. August 2004


Nur kein Neid
Wenn Politiker "in die Wirtschaft gehen": Landeseigene Betriebe als Versorgungsparadies

Ein Staatssekretär, der sein Gehalt auf 180.000 Euro mehr als verdoppelt, indem er in die kommunale Wohnungswirtschaft wechselt, für die er bis dahin politisch zuständig war? In Berlin ist das kein Problem. Auch ein Senator, der seine Unfähigkeit gleich in mehreren Ressorts hintereinander unter Beweis stellen durfte, weil er aus innerparteilichen Proporzgründen unverzichtbar war, findet, wenn er beim besten Willen nicht mehr im Amt zu halten ist, dort sein warmes Plätzchen. Egal, ob die Gesinnung rot oder schwarz ist - in diesem Punkt waren sich alle Parteien einig.

Unternehmen, die der Kommune oder dem Land gehören, sind überall ein beliebter Unterschlupf für Politiker, die ver- und entsorgt werden müssen. Gewöhnlich heißt es dann: Sie gehen in die Wirtschaft! Diese Formulierung klingt wie ein Ritterschlag, denn sie deutet an, daß die Betreffenden zu mehr befähigt sind als nur zur Politik, die - nach einem allgemeinen Konsens - ein schmutziges Geschäft ist. Nur den Bürgern zuliebe haben sie diese Fron auf sich genommen, so der Anschein, wenn sie plötzlich einen gut bezahlten Posten "in der Wirtschaft" angeboten bekommen. Doch in Wahrheit fahren die Politiker auf diese Weise ihre ganz persönliche Ernte ein. Nur in den seltensten Fällen bekommen sie den Posten wegen erwiesener Fähigkeiten. Ausschlaggebend ist in der Regel das dichte Beziehungsnetz, das sie während ihrer Politikkarriere geknüpft haben. Der bekannteste Fall in Berlin ist der langjährige CDU-Fraktionschef Klaus-Rüdiger Landowsky, der damit protzte, sein Geld nicht in der Politik, sondern "in der Wirtschaft" zu verdienen. Er war Chef der landeseigenen Berliner Bank, die er an den Rand der Katastrophe führte.

Noch immer gibt es in Berlin viele Posten zu vergeben. Nachdem der eingangs genannte Wechsel des Ex-Staatssekretärs Frank Bielka (SPD) zur Wohnungsbaugesellschaft DeGeWo für viel böses Blut gesorgt hat, wollen die Parteien im Abgeordnetenhaus jetzt für mehr Durchschaubarkeit bei den Managergehältern in den Landesunternehmen sorgen. Sie sollen einzeln offengelegt werden, so Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS). Er verweist auf die Kontrollfunktion der Öffentlichkeit. Und im Konfliktfall kämen die Gehälter eh raus. Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) ist dagegen. Er befürchtet eine "Neiddebatte".

Das Parlament will noch mehr ändern. FDP, CDU und Grüne fordern eine leistungsabhängige Bezahlung der Manager. Beinahe revolutionär klingt der Vorschlag des FDP-Fraktionsvorsitzenden Martin Lindner, nur noch ein symbolisches Festgehalt auszuzahlen. 90 Prozent des Gehalts müßten "leistungsabhängige Variablen sein".

Prämien gibt es in einigen Unternehmen bereits jetzt. Es handelt sich allerdings nur um einen Trick, der die Einkünfte noch zusätzlich steigert. Die Pauschale wird nämlich auf das Niveau des bisherigen Gehalts gesetzt und die Erfolgsprämie draufgelegt. Abzüge für Mißerfolge gibt es nicht.

Ein paar Beispiele: Der Vorstandsvorsitzende der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), Andreas Graf von Arnim, bekommt im Jahr rund 260.000 Euro brutto. Die acht Direktoren erhalten jeweils zwischen 143.000 und 191.000 Euro. Bei der Berliner Stadtreinigung (BSR) verdient Vorstandschef Gerhard Gamperl zwischen 280.000 und 300.000 Euro. Beim Krankenhauskonzern Vivantes erhielten die drei Geschäftsführer im Jahr 2001 zusammen 600.000 Euro. Inzwischen wurde die Geschäftsführung auf vier Personen erweitert. Vivantes-Chef Wolfgang Schäfer soll rund 250.000 Euro erhalten. Der Konzern arbeitet mit Verlusten. Bei der Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft DeGeWo liegen die Vorstandsgehälter zwischen 140.000 und 200.000 Euro im Jahr. Ex-Staatssekretär Bielka ist ihr Geschäftsführer. A.K.


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