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21.08.04 / Berliner Sommertheater

© Preußische Allgemeine Zeitung / 21. August 2004


Hans-Jürgen Mahlitz:
Berliner Sommertheater

Mit einem Paukenschlag hatte Gerhard Schröder sich auf der Bühne des Berliner Sommertheaters zurückgemeldet: Er entdeckte, als Pendant zur altbekannten rot-roten, die schwarz-rote Volksfront. Durch die anhaltend massiven Proteste und Demonstrationen gegen "Hartz IV" in die Enge getrieben, trat er die Flucht nach vorn an und beschuldigte den rechten Flügel der Union, gemeinsam mit der ultralinken PDS "gnadenlosen Populismus" zu betreiben. Einig waren sich die ansonsten so gegensätzlichen "Volksfrontler" bei der Gegenattacke. CSU-Landesgrupprenchef Glos warf dem Kanzler "Flegeleien" vor, PDS-Vormann Bisky empörte sich über regierungsamtliche "Diffamierungen".

In der Tat: Hier hat Schröder wieder einmal gründlich daneben gegriffen. Wenn man an die künftigen Wahlen denkt, kann man sich vieles vorstellen, eine Koalition der Union mit der in PDS umbenannten SED allerdings am allerwenigsten. Außerdem paßt der Vergleich historisch nun überhaupt nicht.

Der Begriff "Volksfront" tauchte in den 30er Jahren erstmals auf. 1935 formulierte die Kommunistische Internationale das Ziel, Sozialisten, Sozialdemokraten, Linksbürgerliche und Kommunisten sollten sich verbünden, um gemeinsam den - tatsächlichen oder vermeintlichen - Faschismus und Nationalsozialismus zu bekämpfen. Damit meinte man schon damals - weit über wirklich bekämpfenswerte totalitäre Kräfte hinaus - alles, was aus linker Sicht nicht links genug war; insofern könnten heutige "Antifaschisten" sich auf eine lange historische Tradition berufen, sofern sie zu solch komplizierten Denkvorgängen fähig sind.

Wer Näheres zum Thema "Volksfront" erfahren will, schlage nach in der Parteigeschichte der PDS. Der Zwangszusammenschluß von KPD und SPD in Ostberlin 1946 war die eindrucksvollste Umsetzung der Pläne der Kommunistischen Internationale von 1935 - Volksfront von oben. Eine machtgierige Funktionärsclique machte Front gegen das Volk. Der daraus entstandenen SED reichte das auf Dauer nicht, um die auf Sowjetbajonette gestützte Macht zu sichern; sie erweiterte die Volksfront zur Nationalen Front. Die hielt sich immerhin bis 1989. Das einzige, was von ihr und ihrer Pseudo-Republik übrigblieb, ist die PDS.

Natürlich ist diese Partei im Kern sich bis heute treu geblieben. Wie 1946 und wie in den Jahrzehnten der deutschen Teilung sucht sie in alter Volksfronttradition immer wieder Bündnispartner im sozialdemokratischen, liberalen und bürgerlichen Lager.

Dennoch geht Schröders Volksfrontvorwurf, soweit er sich an die Union richtet, an den Realitäten völlig vorbei. Wer hat denn - nach dem kläglichen Ende des SED-Regimes - die politischen Erben der "rotlackierten Faschisten", wie der große Sozialdemokrat Kurt Schumacher sie einst nannte, politisch salonfähig und auf Landesebene sogar zu Koalitionspartnern gemacht? Wer hat mit dieser schändlichen Anbiederung nur um der Macht willen die DDR-Dissidenten und die Montagsdemonstranten von 1989 verraten? Sozialdemokraten! Und wer hat noch 1986 dem Wahlfälscher Egon Krenz versichert, wie sehr er "von Erich Honecker beeindruckt" sei? Das war Gerhard Schröder, damals Bundestagsabgeordneter, später Ministerpräsident, heute Kanzler (Zitat aus seinem Brief an den SED-Funktionär Krenz: "Du wirst für Euren Parteitag und die Volkskammerwahlen sicher viel Kraft und Gesundheit benötigen. Beides wünsche ich Dir von ganzem Herzen.").

Wer einem Spitzenmann der Mauermörderpartei solch freundschaftliche Zeilen schrieb, weiß wohl besonders gut, was "Volksfront" ist. So scheint CSU-Generalsekretär Söder in diesem Falle richtig zu liegen, wenn er von einem "durchsichtigen und peinlichen Ablenkungsmanöver" spricht.


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