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Preußische Allgemeine Zeitung / 28. August 2004
Ein wichtiger Bereich, der von der Bundeshoheit in die Länderhoheit verlegt werden muß, ist das öffentliche Dienstrecht. Nach dem Grundgesetz stand die Gesetzgebungskompetenz für das Beamtenrecht ursprünglich im wesentlichen dem Landesgesetzgeber zu. Es gab nur eine Rahmengesetzgebungskompetenz des Bundes (Art. 75 GG). Anfang der 70er Jahre wurden jedoch Beamtenbesoldung und -versorgung in die konkurrierende Gesetzgebung des Bundes überführt (Art. 74a GG). Dies war falsch. Die Länder sollten selbst über das Besoldungs- und Versorgungsrecht entscheiden. Die vorgeschlagene Änderung der Kompetenzverteilung soll dazu beitragen, den Ländern auf einem gerade für sie zentralen Politikfeld wieder mehr Handlungsspielraum zu geben, damit sie Probleme eigenverantwortlich lösen können. In den 70er Jahren wurde aus der damaligen Situation heraus die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse in der damaligen Bundesrepublik zu sehr betont. Nach der Wiedervereinigung gerät wieder stärker ins Bewußtsein, daß es tatsächlich unterschiedliche Lebensverhältnisse in verschieden Teilen unseres Landes gibt, auf die der Gesetzgeber auch angemessen reagieren können muß. Die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Besoldungs- und Versorgungsrecht ist zu streichen. Die Länder entscheiden eigenständig, wie sie ihre Beamten und Richter entlohnen. Dabei ist eine stärkere Leistungsorientierung anzustreben. Auch das Hochschulrahmengesetz ist kein geeigneter Rahmen für die Struktur unserer Hochschulen. An Stelle einer bundesweiten Vereinheitlichung sind den Ländern und Hochschulen Spielräume für ihre eigenen Entwicklungsvorstellungen einzuräumen. Der Studien- und Wissenschaftsstandort Deutschland hat in den vergangenen Jahren an Ansehen verloren. Ausländische Studierende bevorzugen ein Studium im englischsprachigen Raum. Immer mehr deutsche Wissenschaftler sind an ausländischen Hochschulen tätig. Durch das Hochschulrahmengesetz und andere steuernde Einflußnahmen des Bundes wird der Wettbewerb zwischen den Ländern und den Hochschulen behindert. So sind wir nicht länger in der Lage, der internationalen Konkurrenz Paroli zu bieten. Die Verwaltung der Hochschulen durch Überregulierung und Detailsteuerung, die letztlich auf die Bestimmungen des Hochschulrahmengesetzes zurückzuführen sind, müssen einer kontrollierten Eigenverantwortung der Wissenschaftseinrichtungen weichen. Die Zielvorstellung von "gleichen" Hochschulen läßt nur Mittelmäßigkeit zu, der Ruf nach Exzellenz führt zu Differenzierungen und unterschiedlichen Perspektiven. Die Hebel dazu liegen in der Freigabe des Hochschulzugangs, in unternehmerischen Konzepten für die Führung der Wissenschaftseinrichtungen sowie in erweiterten Möglichkeiten der Hochschulen, sich neue Finanzierungsquellen zu erschließen und dabei unter anderem für exzellente Ausbildungsangebote auch angemessene Entgelte verlangen zu können. Deutsche Hochschulen werden nur dann international wettbewerbsfähig, wenn man den Wettbewerb zuläßt. Daher wird die ersatzlose Streichung des Hochschulrahmengesetzes und die Abschaffung der Zentralvergabestelle für Studienplätze (ZVS) vorgeschlagen. Nur so können die Hochschulen unterschiedliche Wege gehen und ihre Stärken entwickeln. Schwerpunkte in der Lehre zu bilden und "Cluster" als Forschungsnetzwerke auszuprägen, ist besser durch einen fairen Wettbewerb als durch staatliche Programmplanung zu erreichen. Die vom Bund vorgesehenen Mittel für "Eliteuniversitäten" sind daher statt dessen für den Wettbewerb um Köpfe und Ideen zur Verfügung zu stellen. Dann werden sich die besonders leistungsstarken Hochschulen/Fakultäten herauskristallisieren. Für die Führung der Hochschulen sind unternehmerische Konzepte sowie eine Trennung der Aufgaben zwischen akademischer Selbstverwaltung bei den Inhalten von Forschung und Lehre einerseits und der Verantwortung für die strukturelle sowie finanzielle Entwicklung andererseits notwendig. Diesem Ziel dient auch ein einheitliches Personalstatut für die Wissenschaftseinrichtungen, das das bisherige Dienstrecht und die Anwendung des öffentlichen Tarifrechts ersetzt und dem Ziel einer größeren Autonomie und Eigenverantwortung der Wissenschaftseinrichtungen Rechnung trägt. Die Kompetenz dazu sollte bei den Ländern liegen. In der Schulpolitik hat sich der Wettbewerbsföderalismus bewährt: Sachsen und Thüringen haben mit ihrem zweigliedrigen Schulsystem und dem zwölfjährigen Abitur Maßstäbe gesetzt, denen sich immer mehr Länder anschließen. Jetzt geht es um die Qualität. Pisa hat der Dis-kussion einen neuen Impuls gegeben. Es stehen nicht mehr Finanz- und Strukturfragen, auch nicht Klassengrößen oder Schulformen im Vordergrund, es geht um die Frage: Was leistet unser System, was leisten die Lehrer, was leisten die Schüler? Der Wettbewerb der Schulen um die besten Ergebnisse der schulischen Bildung ist zu forcieren. Dazu erhalten in Sachsen die Schulen in ihren Bildungsprogrammen mehr Verantwortung für die Unterrichts-inhalte sowie -methoden und mehr Freiheit bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben. Eingriffe von außen engen den Spielraum der Schulen für eine Entfaltung ihrer Kräfte dagegen eher ein. Die Schulen richten ihre Bildungsprogramme an den unter den Ländern vereinbarten Bildungsstandards aus. Die Länder sorgen für eine interne und externe Evaluation von Schulleistungen und für eine effektive Beratung der Schulen. Die Ergebnisse der Schulleistungen werden in einem regelmäßigen nationalen Bildungsbericht zusammengefaßt und der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Daneben beteiligen sich die Länder weiterhin an internationalen Leistungstests. "Von den Besten lernen" wird damit zur Leitlinie der Schulpolitik in Deutschland. Dafür ist der Wettbewerb der Länder um die beste Schulpolitik vonnöten. Der Straßenbau bietet zahlreiche Möglichkeiten, Fristen zu verkürzen und Verfahren zu vereinfachen. Das sogenannte Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz hat gezeigt, daß regionale Lösungen möglich und erfolgreich sind. Insbesondere durch die Verkürzung der Fristen und die der Klageinstanzen konnten größere Infrastrukturprojekte, die nach dem alten Planungsrecht bis zu 20 Jahren dauerten, in den neuen Bundesländern sehr viel schneller realisiert werden. Die in den Bundesrat eingebrachte und beschlossene Gesetzesinitiative zur Ausweitung der Geltungsdauer des Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz in den neuen Bundesländern bis 2019 muß vom Bundestag zügig verabschiedet werden. Der Bund "übererfüllt" häufig - insbesondere im Umweltrecht - das in EU-Richtlinien Geforderte. Er sollte jedoch EU-Recht nicht zum Vorwand für neue, die Wirtschaft zusätzlich belastende Regulierungen nehmen. In der augenblicklichen Lage ist es unverantwortlich, derart die Wettbewerbssituation der ostdeutschen Wirtschaft gegenüber anderen EU-Mitgliedstaaten zu verschlechtern. So hat sich zum Beispiel der Bund in seinem UVP-Gesetz nicht darauf beschränkt, das europarechtlich zwingend Notwendige zur Umweltverträglichkeitsprüfung zu regeln, sondern hat noch strengere Regelungen erlassen, als vom Europarecht gefordert. Demgegenüber hat der Sächsische Landtag, soweit die Umsetzung der einschlägigen EU-Richtlinien in seine Kompetenz fiel, wirtschaftsfreundliche Regelungen erlassen - ohne das Umweltschutzziel zu gefährden. Der Bund sollte sein UVP-Gesetz entsprechend entschlacken. Als Folge des Bevölkerungsrückgangs wird es in Ostdeutschland in großem Umfang zum Abriß von Wohnimmobilien kommen müssen. Trotzdem ist es bis heute nicht gelungen, den Kündigungsschutz in solchen Fällen auf ein angemessenes Maß zurückzuführen, um - wo dies nötig ist - einen zügigen und damit möglichst kostengünstigen Abriß zu ermöglichen. Angesichts der erheblichen und längerfristigen Leerstände in Ostdeutschland ist ein sozialer Kündigungsschutz nicht mehr in dem Maße notwendig wie bei Wohnungsknappheit. Daher hat der Bundesrat auf Initiative Sachsens dem Bundestag einen Gesetzentwurf zur Einführung eines neuen Kündigungstatbestandes ("Abrißkündigung") vorgelegt. (Fortsetzung folgt)
Georg Milbradt wurde am 23. Februar 1945 in Eslohe/Sauerland geboren, aufgewachsen ist er in Dortmund, wo die Familie, die aus Wongrowitz in der Nähe von Posen stammt, nach Kriegswirren und Flucht schließlich landete. 1964 machte er in Dortmund sein Abitur. Im selben Jahr begann er ein Studium der Fächer Volkswirtschaft, Jura und Mathematik an der Universität Münster, welches er 1968 mit dem Diplom als Volkswirt und der Note "sehr gut" abschloß. 1973 promovierte er zum Dr. rer. pol. "summa cum laude". 1980 erhielt er die Lehrbefugnis für das Fach Volkswirtschaft. In den Jahren 1983 bis 1990 war er als Finanzdezernent der Stadt Münster tätig. Von November 1990 bis Februar 2001 war er sächsischer Staatsminister der Finanzen. 1973 wurde er Mitglied in der CDU, und 1991 wurde er in den Landesvorstand, im November 1999 zum stellvertretenden Landesvorsitzenden der sächsischen Christdemokraten gewählt. Im September 2001 wurde er dann Landesvorsitzender der Sachsen-CDU. Seit dem 18. April 2002 hat Georg Milbradt das Amt des Ministerpräsidenten des Freistaates Sachsen inne. |