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28.08.04 / Dem Alltag Gestalt gegeben / Der Designer Bernhard Jablonski aus Königsberg entdeckte im Ruhestand seine Vorliebe für poetische Fotografie

© Preußische Allgemeine Zeitung / 28. August 2004


Dem Alltag Gestalt gegeben
Der Designer Bernhard Jablonski aus Königsberg entdeckte im Ruhestand seine Vorliebe für poetische Fotografie

An jedem Tag, zu jeder Stunde, jeder Minute greift man zu Gegenständen, die den Alltag erleichtern sollen. Man benutzt den Fön, die elektrische Zahnbürste, den Federhalter, ohne groß zu überlegen, wie sie hergestellt wurden, wer für die äußere Form verantwortlich ist. Viele dieser Geräte für den Haushalt, aber auch für das Auto hat der in Königsberg geborene Bernhard Jablonski gestaltet. Konsumgüter, technische Geräte und Maschinen entstanden in seiner Designwerkstatt wie etwa Scheibenwischer und erste Blinker und Rückleuchten für den legendären VW-Käfer. So arbeitete er unter anderem für die Firma Robert Bosch und deren Tochtergesellschaften oder für Pelikan. Als Projektleiter war Jablonski auch verantwortlich für die Studie der Firma Bosch zum Thema "Sicherheit im Kfz-Bereich". Überhaupt standen elektrotechnische Geräte und immer wieder das Auto im Mittelpunkt seines Designer-Schaffens.

Als Rektor der Fachhochschule für Gestaltung in Pforzheim (1976-1985) führte Bernhard Jablonski einen Studiengang Kraftfahrzeug-Design ein, den einzigen von insgesamt vier auf der Welt. Wichtig war ihm, den Studenten zu vermitteln, Harmonie von Mensch, Natur und Technik zu schaffen. Ein Bestreben, das Anerkennung fand. Fast alle von ihm gestalteten Produkte wurden in die jeweiligen Sonderschauen "Gute Industrieform" aufgenommen. Forschungsprojekte zur Humanisierung des Arbeitslebens, der optimalen Arbeitsplatzgestaltung fanden ihre vorläufige Krönung in Aufträgen, Kontrollzentren für die Nahverkehrsbahn im kanadischen Vancouver und für die Hochtrassenbahn in den Londoner Docklands zu gestalten.

Bernhard Jablonski, der am 5. August in Pforzheim seinen 80. Geburtstag begehen konnte, ist ursprünglich Bildhauer. Schon als Kind hat er gern modelliert, wie er sich schmunzelnd erinnert. Während die Geschwister den verträumten Jungen oft hänselten, hatte die Mutter viel Verständnis für den Sohn, der schon früh seinen Vater verlor. Von der Schulbank wurde Jablonski zur Wehrmacht einberufen, wurde mit 17 Jahren Soldat und geriet in französische Kriegsgefangenschaft. Selbst in einer solchen Situation gelang es ihm noch, mit Ton, Holz oder Metall gestalterisch zu arbeiten. Als er dann aus der Gefangenschaft entlassen wurde, folgte er dem Vorschlag einiger Kameraden und ging nach Stuttgart, in seine Vaterstadt Königsberg konnte er schließlich nicht mehr zurückkehren.

Mit großen Sandsteinbrocken eines kriegszerstörten Hauses, das einem befreundeten Architekten gehörte, konnte Jablonski endlich erste bildhauerische Arbeiten gestalten. 1948 erhielt er schließlich in der Staatlichen Akademie der Künste ohne Aufnahmeprüfung einen Studienplatz; ein Stipendium der Studienstiftung des deutschen Volkes half beim Lebensunterhalt des frisch Verheirateten. Ab 1954 arbeitete Jablonski dann als freischaffender Bildhauer und Formgestalter, bis er 1963 an die Fachhochschule in Pforzheim berufen wurde. Beispiele aus seinem bildhauerischen Schaffen finden sich heute in Stuttgart (Relief am Rathauseingang), in Friedrichshafen (Flugzeug-Vogelgruppe aus Aluminium in den Dornierwerken), in Bad Mergentheim (Relief an der Außenwand der Landesversicherungsanstalt) oder in Pforzheim (Rathausuhr).

Nach seiner Emeritierung 1985 fand Bernhard Jablonski mehr Zeit, sich den schönen Dingen des Lebens zu widmen. Eine schwere Augenerkrankung schien ihm einen Strich durch die Rechnung machen zu wollen. Als er die Krankheit überwunden hatte, entdeckte er seine große Begeisterung für die Fotografie. Blüten und Blätter, organische und geologische Formationen haben es ihm angetan. Dabei will er nicht einfach die Realität abbilden, sondern den Blick des Betrachters auf die Schönheiten der Natur lenken, die nicht auf Anhieb zu sehen sind. Ein bestimmter Ausschnitt einer Blüte etwa wird so sehr vergrößert, daß man den Ursprung nur schwer noch erkennen kann. Fotografien mit durchaus malerischer Qualität entstehen. "Man sollte sich die Zeit zum Meditieren nehmen", rät der Fotograf dem Betrachter.

Schon oft waren diese poetischen Arbeiten Jablonskis auf Ausstellungen zu sehen, auf denen man sich von der Maxime des Königsbergers überzeugen konnte. "Sehen ist eine Kunst", sagt er. "Anders sehen ergänzt und erweitert dieses Können." Bernhard Jablonski gibt Anstöße, die Welt "anders" zu sehen.

Silke Osman

 

Bernhard Jablonski: Bildhauer, Formgestalter und jetzt auch Fotograf Foto: Sebastian Seibel


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