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28.08.04 / "Totalitär und undemokratisch" / Etwas einseitige Betrachtungen zur Militarisierung der Europäischen Union

© Preußische Allgemeine Zeitung / 28. August 2004


"Totalitär und undemokratisch"
Etwas einseitige Betrachtungen zur Militarisierung der Europäischen Union

Javier Solana, der EU-Beauftragter für Sicherheitspolitik, will die Militarisierung der EU "mit Lichtgeschwindigkeit" vorantreiben. Schlittert Europa in eine neue "Vorkriegszeit"? Eben das glaubt der österreichische Journalist Gerald Oberansmayr.

Die Organisation der EU als Militärmacht sei von "Lügen und Illusionen gepflastert". Der Weg, den Europa beschreite, harmonisiere "den Kontinent nicht, sondern spaltet ihn und weckt die Furien der Vergangenheit".

Schon bald nach 1945 wollten Franzosen und Deutsche ein von der Nato unabhängiges Bündnis ins Leben rufen. Obwohl "Europäische Verteidigungsgemeinschaft" und "Westeuropäische Union" scheiterten, vergaßen Paris und Bonn ihre Verteidigungspläne keineswegs. Sie erneuerten Ende der 80er Jahre die WEU und bildeten deutsch-französische Einheiten.

Der Zusammenbruch des Ostblocks markierte den Anfang globaler europäischer Machtpolitik. Manche Länder, vor allem Großbritannien, folgten diesem Kurs allerdings nicht, so daß ein "hierarchisiertes" Europa der zwei Geschwindigkeiten entstand.

Der Vertrag von Maastricht verpflichte die EU-Staaten auf eine "gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik". Kritiker bezeichnen die "GASP" als eine "Politik, mit der man einen Superstaat macht. Und diese Idee ist totalitär und undemokratisch".

Kanzler Schröder sah im Jugoslawienkrieg den "unter Schmerzen" vollzogenen "Gründungsakt" des neuen Europa, und er forderte die "Enttabuisierung des Militärischen". Heute verwalten, schreibt Oberansmayr, Statthalter der EU Bosnien und das Kosovo wie "Kolonien".

Mehrere europäische Regierungen beschlossen, eigene "Krisenreaktionskräfte" zu formieren, die außerhalb des Nato-Gebietes operieren sollen, speziell in Regionen, die die EU als "Hinterhof" betrachte, Naher und Mittlerer Osten sowie Zentralafrika. Erst vor wenigen Monaten erklärte General Klaus Naumann: "Die Bundeswehr muß die Soldaten wieder mit dem Tod vertraut machen." Deutschland werde "überall auf der Welt verteidigt", äußerte Verteidigungsminister Struck.

Oberansmayr betrachtet solche Kriegsszenarien nicht isoliert. Richtigerweise verknüpft er Militär- und Wirtschaftspolitik und erkennt in der Währungsunion ein "imperiales und neoliberales Konzept". Weil sie den Euro stabil halten wollen, reduzieren unsere Politiker viele Sozialleistungen, damit große Konzerne international erfolgreicher agieren könnten. Letztere benötigten militärisch gesicherte "Absatz-, Kapital- und Rohstoffmärkte".

Alle historischen Erfahrungen belegen jedoch die wirtschaftliche Unproduktivität gewaltsamer Interventionen. Es existieren keine Systemzwänge, die militärisches Engagement notwendig machen. Auch zieht der Autor voreilig Parallelen zur Situation Europas am Vorabend des Ersten Weltkriegs.

Der Kampf gegen den Terrorismus, lautet eine andere bemerkenswerte These, erfasse auch unliebsame innenpolitische Oppositionsgruppen. Die Zukunft malt Oberansmayr düster: "Präventivkriege, konventionelle und nukleare Aufrüstung, Sozialabbau, wachsender Autoritarismus im Innern".

Trotz mancher Einseitigkeiten verdanken wir diesem Buch wichtige Anregungen. Rolf Helfert

Gerald Oberansmayr: "Auf dem Weg zur Supermacht - Die Militarisierung der Europäischen Union", Promedia-Verlag, Wien 2004, 143 Seiten, 10,50 Euro


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