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04.09.04 / Die Rückkehr der "Alten" / Der französische Arbeitsmarkt zeigt: Mitarbeiter jenseits der 50 sind wieder gefragt

© Preußische Allgemeine Zeitung / 04. September 2004


Die Rückkehr der "Alten"
Der französische Arbeitsmarkt zeigt: Mitarbeiter jenseits der 50 sind wieder gefragt

Die "Alten" kommen wieder. Trugen in den 90er Jahren Früh- oder gar "Zwangsverrentungen" zur Belastung der Sozialsysteme bei, wurden ältere Arbeitnehmer ab 50 Jahren aus den Betrieben gedrängt, zählte nur "jung und dynamisch", so zeichnet sich nun ein Umdenken ab. In Frankreich tauschen Unternehmen bereits "junge Wölfe" gegen "alte Füchse", deren Erfahrung und Ruhe wieder stärker gefragt sind. Für Deutschland rechnen Experten spätestens 2010 mit einer massiven Trendwende.

Die "quinquas", die 50jährigen auf dem Arbeitsmarkt der Grande Nation hatten es schwer. Bei ähnlichen Pensionsgesetzen und demographischen sowie Arbeitsmarkttrends wie in Deutschland mußten sie jungen Mitbewerbern weichen. Wie in Deutschland förderte die Regierung jahrelang die Verjüngung der Arbeitswelt in der Hoffnung, so die Arbeitslosigkeit bekämpfen zu können. Die Folge ist nicht nur statistisch gesehen radikal - 2001 arbeiteten von den Erwerbstätigen über 55 Jahren nur 31 Prozent. EU-Länder wie Schweden oder Großbritannien weisen dagegen über 60, beziehungsweise immerhin noch 50 Prozent im Beruf Aktive in dieser Altersklasse auf. Der Preis des Jugendwahns: Belastung der Rentenkassen, Kürzungen, Abschläge und der Verlust von teurer in Jahrzehnten erworbener Arbeitserfahrung.

Jetzt sucht Frankreich wieder nach den "alten Füchsen". Die 52jährige Nadine Halimi beispielsweise wurde von der Telefonfirma GTS Omnicom als Chefbuchhalterin eingestellt - bei einem Durchschnittsalter von 30 Jahren im Betrieb. Auch der Direktor ist 32 und kam allein mit der verjüngten Belegschaft offenbar nicht zurecht: "Jemand mit soliden Nerven" mußte her. Denis Kessler, Vizepräsident des französischen Arbeitgeberverbandes Medef, rief sogar zur völligen Umkehr auf: "Wir müssen so viel Energie darauf verwenden, die älteren Angestellten zu behalten, wie wir darauf verwendet haben, sie loszuwerden." Gewerkschafter sehen die Entwicklung mit einem lachenden und einem weinenden Auge, freuen sich um die Wertschätzung der "alten Hasen", beklagen, daß viele Unternehmen die 50-Plus-Kollegen aber nicht oder noch nicht für ihre Qualifikationen angemessen honorieren wollten.

In der Generation mit Naherwartung auf die Rente machen sich die nun Gefragten teils auch enttäuscht daran, von der erwarteten vorzeitigen Pension Abschied zu nehmen - der Staat hat per Gesetz die Verabschiedung der 50jährigen verteuert, zum Schutz der wieder gefragten Generation, wie es heißt. Viele Personalabteilungen müssen indes die 180-Grad-Wende erst umsetzen. Bei ihnen laufen teils noch immer die alten Programme getreu dem Motto "alt muß raus". Peugeot-Citroën will das Wagnis eingehen, doch eine Studie anderer Großkonzerne, darunter Danone, France Télékom und Renault, kommt zu einem ernüchternden Ergebnis: Zuerst müßten die Arbeitnehmer selbst ihre Einstellung ändern, sonst hätten Modellversuche wenig Sinn, da nur eine Minderheit bereit sei, bis zur regulären Rente im Betrieb zu bleiben. Besonders die starke "Baby-Boom"-Generation sorgt wohl 2005 für einen deutlichen Anstieg der Rentner und hat sich eher auf die Frühpensionierung mit 55 Jahren eingestellt.

In Deutschland hingegen machen die über 50jährigen nicht fünf Prozent aller Arbeitslosen aus, wie in Frankreich, sondern sogar elf. Ein Umdenken setzt hier noch langsamer ein, doch könnte die demographische Lage ein Umdenken auch hier erzwingen - voraussichtlich in sechs Jahren, wenn Fachkräftemangel den Faktor Alter ausgleicht. SV


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