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04.09.04 / Mit Rosen gegen Wind und Wetter / Anne Bahrs berichtet

© Preußische Allgemeine Zeitung / 04. September 2004


Mit Rosen gegen Wind und Wetter
Anne Bahrs berichtet von natürlichem Küstenschutz, Dünen, ihrer Bepflanzung und salzverträglichen Rosen

Vor etwa 70 Millionen Jahren begann die Erdneuzeit, Tertiär genannt. Gewaltige Verlagerungen der Gesteinsmassen, die zur Bildung der Hochgebirge dieser Welt führten, fanden ihren Abschluß. Im Laufe der Tertiär-Zeit drang das Meer aus dem Bereich der heutigen Nordsee bis an den Rand der Mittelgebirge vor und lagerte vor allem Sande und Tone ab.

Durch die enormen Klimaschwankungen in den verschiedenen Eiszeiten, die Wucht von Druck und Abrieb der schmelzenden Gletschermassen und die Kraft des Wassers wurden Felsen und Steine gesprengt, Geröll zu Kies und feinstem Sand zerrieben. Das bewegte Wasser bei Ebbe und Flut, bei der Einmündung der Flüsse ins Meer häuft noch immer Fluß-, Schwemm- und Seesand an, der einen geringeren Durchmesser als 0,6 Millimeter hat und daher vom Wind getrieben werden kann. In unserer Heimat schützen die feinsandigen Dünen an den Küsten der Nord- und Ostsee sowie auf den friesischen Inseln das flache Land. Der Sand ist salzhaltig wie die Luft über der See, den Inseln und in Küstennähe. Daher können hier nur Pflanzen gedeihen, die die gegebenen geologischen und klimatischen Bedingungen akzeptieren und auch dem Flugsand trotzen. Seit Jahrhunderten schon versuchen Menschen, die Dünen zu befestigen, ihrem Verwehen und Wandern Einhalt zu gebieten. Tief und breit wurzelnde Gräser werden mühsam gepflanzt. Sie liegen wie ein grau-grüner Flickenteppich über den "Weißen Dünen", die noch immer den hellen Sand durchscheinen lassen. Wenn der Sturm über Inseln und Küsten wütet, wirbelt er den Flugsand auf und breitet ihn wie eine Decke über die Halme. Sind diese bereits kräftig, können neue Triebe die Sandschicht durchstoßen. So wächst die Düne und fällt leewärts ab.

In den geschützten Dünentälern und an den Hängen, wo eine dünne Humusschicht eine reichere Vegetation ermöglicht, kriecht bei Krähenbeeren und Besenheide vielleicht auch die nur zehn Zentimeter kleine Bibernellrose (Rosa pimpinellifolia) über den Boden. Diese "Dünenrose" hat sich mit ihrem Wurzelnetz tief im Dünensand verankert, sich breitflächig in die feinkörnige, salzige Sandschicht gekrallt, bedeckt nun mit ihren zarten, aber kräftig-grünen, fünf- bis neungliedrigen, stark gezähnten Fiederblättchen, die denen der Bibernelle ähneln, die Graudüne und schützt sie vor übermäßigem Austrocknen.

Im Mai und Juni zeigt uns diese winzige Rose ihre weißen oder gelblich-weißen offenen Blüten. Sie duften nach Vanille und locken Wildbienen, Erdhummeln und andere Insekten an. Bald falten sich die Kelchblätter wie Krönchen um die mahagonifarbenen oder schwarzen Hagebutten.

Die kleine Dünenrose ist eine große Helferin beim Küstenschutz. Sie ist hier wie alle anderen Pflanzen in gefährdeten Gebieten unserem besonderen Schutz anvertraut und darf nur von befestigten Wegen aus näher betrachtet werden.

Sind die Lebensbedingungen für die Bibernellrose günstig, wird sie größer. Als Bodendecker wird dieses Röschen auch im Haus- und Steingarten geschätzt. Rosa pimpinellifolia gibt es auch als ein Meter hohe Strauchrose, die bis vier Zentimeter breite Blüten trägt. Man findet sie vereinzelt in Binnenlandschaften mit Silikatmagerrasen.

Eine ebenfalls salzverträgliche Zierde der Küstenlandschaft an Nord- und Ostsee ist die aus Japan stammende, bei uns angepflanzte und auch bereits verwilderte Rosa rugosa, die Kartoffelrose. Sie blüht von Juni bis September am kräftigen, bis zwei Meter hohen Strauch. Ihre rosaroten, offenen Blüten zeigen uns die vielen kleinen Stempelchen, die umgeben sind von reichlich gelb bepollten Staubfäden. Der Duft dieser Rosen lockt auch Honigbienen, Hummeln, Wespen zur Pollenernte an.

Zwischen den dicken Trieben mit den ebenfalls stacheligen Zweigen, die sieben bis neun dunkelgrüne, matt glänzende, ovale und gesägte Fiederblätter tragen, leuchten zwischen Juni und Oktober die schönen Blüten, im Spätsommer gleichzeitig auch scharlachrot die dicken Hagebutten. Sie sind mit vielen heilkräftigen Nüßchen gefüllt. Ihr Fruchtfleisch ist sehr vitaminreich und wohlschmeckend.

Das runzlige Laub dieser Rose färbt sich gelb, wenn die Herbstkartoffeln geerntet werden. Das mag diesem anspruchslosen und weitverbreiteten Strauch den volkstümlichen Namen "Kartoffelrose" eingetragen haben. Die Rosa rugosa ist anspruchslos, braucht keine besondere Pflege, aber sie verträgt keinen kalkhaltigen Boden. Eine vorzügliche Heckenrose und besonders apart ist auch die Sorte "Alba" mit bronzefarbenen Staubwedeln in weißen Blüten. Auch diese Kartoffelrose wurzelt tief und breit.

In den Niederlanden wurde ein Bastard Rosa rugosa mit Rosa nitida gezüchtet. Er ähnelt der Kartoffelrose, ist aber zierlicher in Wuchs und Blattgrün. Auch sein frisch-grünes, glänzendes Laub wird im Herbst kräftig gelb. Diese Rose zeigt ihre rosafarbenen, ungefüllten Blüten im Juni und Juli. Sie ist ebenfalls stachelig und durch ihr tiefgreifendes und verzweigtes Wurzelnetz mit vielen Ausläufern auch zur Dünen- und Hangbefestigung gut geeignet.

Sicherung der Dünen: Auf der Kurischen Nehrung wurden die Dünen durch Bepflanzen mit Seegras gesichert. Die Bibernellrose (unser Foto rechts ) schützt ebenfalls auf natürliche Weise die Dünen vor übermäßigem Austrocknen. Fotos (2): Archiv


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