Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
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Preußische Allgemeine Zeitung / 18. September 2004
Normalerweise gilt es als einfacher, einen Sack Flöhe zu hüten, als im
polnischen Parlament Einmütigkeit zu erzielen. Da sitzen von strammen
Altkommunisten bis zu ebenso strammen Neonationalisten politische Kräfte
beisammen, wie man sie sich gegensätzlicher kaum vorstellen kann. Offenbar gibt
es derzeit nur ein Thema, das selbst diese Bandbreite zu überspannen vermag:
wenn es gegen den Nachbarn im Westen geht.
So auch am Freitag letzter Woche, als die Sejm-Abgeordneten in Warschau wieder
einmal das betrieben, was sie den Deutschen so gern vorwerfen:
Geschichtsklitterung und Revisionismus. Obwohl nämlich seit gut einem halben
Jahrhundert die Frage von Reparationsleistungen für Schäden, die Deutschland
Polen während des Zweiten Weltkriegs zugefügt hat, zwischenstaatlich
abschließend geregelt ist, hielten es die polnischen Parlamentarier für
angemessen, ihre Regierung aufzufordern, von Berlin Entschädigungszahlungen zu
fordern und notfalls auch gerichtlich einzuklagen. Sie ignorierten mit diesem
Beschluß die internationale Rechtslage, wie sie auch von bislang allen
polnischen Regierungen einschließlich der zur Zeit amtierenden gesehen wird.
Daß sich folglich die Warschauer Regierung in bemerkenswert klarer Form von dem
Beschluß des eigenen Parlaments distanziert hat, ist ein gutes Zeichen und läßt
hoffen, daß wenigstens in Teilen der polnischen politischen Klasse Vernunft über
Emotionen siegt. Besorgniserregend aber bleibt, daß der Parlamentsentschluß, der
einstimmig bei nur einer Enthaltung getroffen wurde, offensichtlich die
Stimmungslage weitester Teile der polnischen Bevölkerung widerspiegelt.
Zweifellos ist dieser Vorgang auch als Reaktion auf die Diskussionen der letzten
Wochen über die Preußische Treuhand zu sehen, eigentlich also nur eine billige
Retourkutsche. Angeheizt hatte diesen Streit vor allem Bundeskanzler Schröder,
als er in Warschau das durchaus strittige Thema Preußische Treuhand in - wie
BdV-Präsidentin Steinbach formulierte - "unanständiger" Weise mit dem Projekt
eines Zentrums gegen Vertreibungen verknüpfte. Solcherart ermuntert, wurden die
Reaktionen in Polen heftiger und unsachlicher.
In Pommern wurde jetzt sogar - als Antwort auf die im selben Atemzug heftig
beschimpfte Preußische Treuhand - eine "Polnische Treuhand" gegründet. In ihr
wollen sich polnische Bürger aus Gdingen zusammenschließen und vor
internationalen, eventuell auch amerikanischen Gerichten Entschädigungen für die
Zwangsaussiedlung während der deutschen Besatzung einklagen.
Solchen Verfahren werden aber von Rechtsexperten ebenso wenig Erfolgsaussichten
eingeräumt wie Klagen der Preußischen Treuhand. Gleiches gilt für die jetzt vom
Sejm aufgestellten Entschädigungsforderungen. Den Abgeordneten in Warschau ist
dies bewußt. Woraus man leider schließen muß, daß es ihnen wohl nur darum ging,
das Klima weiter zu vergiften. H.J.M.
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