Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
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Preußische Allgemeine Zeitung / 18. September 2004
Wonach sollten die Deutschen ihr Verhalten gegenüber anderen Völkern
ausrichten? Nach dem kategorischen Imperativ des großen ostpreußischen
Philosophen Immanuel Kant (1724-1804), der alle Menschen zu herber Sittlichkeit
führen wollte, oder eher nach den schlauen Ratschlägen des Florentiner
Machttheoretikers Machiavelli (1469-1527), der die Menschen so nahm, wie sie
sind, mit Fähigkeiten und Fehlern? Für den ersten spricht der untadelige Ruf,
das idealistische Menschenbild. Sich aber ausschließlich auf ihn zu berufen,
verkennt die Wirklichkeit. Außerdem steht ihm der erfahrungsgemäß geringe Erfolg
bei Völkern entgegen, denen Habgier, Neid und Mißgunst nach wie vor vorrangige
Richtschnur ihres Handelns sind. Der zweite eignet sich aufgrund seines
schlechten Leumunds, seines Machtwillens wenig dafür, edle Verhaltensweisen
abzustrahlen; bedenkenswert bleiben seine praktischen Erkenntnisse dennoch, weil
nicht wenige Nachbarn und Partnerstaaten mit dem "Machiavelli" in der Faust ihr
Verhalten gegenüber uns Deutschen auszurichten scheinen. Mit beispielgebender
Unschuldsmiene nehmen sie eigene nationale Interessen als selbstverständliche
Maxime ihrer Politik wahr. Das Verhältnis zu den Deutschen richten sie nahezu
ausschließlich an der Nützlichkeit für sich selbst aus. Von ihnen könnte man
lernen ...
Wer aufmerksam die Verhaltensauffälligkeiten unserer neuen "Freunde" beobachtet,
merkt schnell, daß sich Frankreich immer noch als Großmacht empfindet, deren
nationaler Ruhm ohne Abstriche betont wird, während England unverändert gegen
jede Vormacht auf dem Kontinent das Gleichgewicht der Kräfte betreibt. Damit der
Wirtschaftskoloß Deutschland nicht beide übertrifft, der einstige Verlierer doch
noch zum Sieger wird, hat man Institutionen geschaffen, die Teile der
Leistungsfähigkeit kanalisiert abschöpfen. Kleinere direkte Nachbarn wie Dänen
oder Niederländer kommen nur selten ohne Erinnerung an die Vergangenheit aus.
Wahre Meister der anklagenden Rückbesinnung sind Polen und Tschechen, die es mit
Machiavelli meisterlich verstehen, ausschließlich ihre Opferrolle mit
wiederkehrenden Inszenierungen zu betonen. An die völkerrechtswidrige Aneignung
von fast einem Viertel von Deutschland, an die brutale Vertreibung oder an die
vielen "geschenkten" Milliarden zu erinnern, die seit 1945 jenseits der Oder
versickert sind, ist unfein wie von den vielen deutschen Zwangsarbeitern im
polnischen Okkupationsgebiet bis 1957 zu sprechen, die bisher ohne jedes Anrecht
auf Entschädigung oder Beachtung ihres Problems auskommen mußten, weil nicht nur
Polen darüber aus gutem Grund nicht spricht, sondern für deutsche Regierungen
nur das Leid fremder Zwangsarbeiter zählt. Geschickt inszenierte
Ordensverleihungen an Genscher, Kohl, v. Weizsäcker und schließlich Dr. h.c.
Schröder, Papstaudienzen, feucht-fröhliche Staatsempfänge und so weiter gaukeln
dem politischen Establishment "Friede, Freude, Eierkuchen" vor. Da bleibt für
erfahrenes Leid von Deutschen kein Platz mehr.
Deutschland kann trotz mannigfacher Wohltaten nach dem Krieg rundum tun und
lassen, was es will; es ist zunächst Gegenstand von Erinnerung, Verdächtigung
und Kritik. Lange Zeit haben sich die Deutschen als Zahlmeister für Europa ins
Zeug gelegt. Das erweckte den Verdacht, die Deutschen wollten erneut die
Vorherrschaft in Europa gewinnen. Als das Geld spürbar knapper floß, weil es ab
1989 galt, zunächst die neuen Bundesländer "aufzupäppeln", wurde die Befürchtung
vernehmbar, nur wegen schnöder Eigeninteressen vernachlässige ausgerechnet
Deutschland die hehre Idee eines einigen Europa.
Machiavelli hätte es nicht verwerflich gefunden, eine Rolle der eigenen
Bedeutung entsprechend zu spielen, seinen Nutzen zu verfolgen und zuerst die
Dinge im eigenen Haus in Ordnung zu bringen. Kein Nachbar hätte anders
gehandelt. Aber das zeigt eben die Unterschiede. Wenn man die legitimen Wünsche
der Deutschen im eigenen nationalen Interesse und im Vertrauen auf die bewährte
Bußfertigkeit kritisiert, brauchen die liebeshungrigen Deutschen nicht gleich in
Verzweiflung zu geraten. Die Deutschen sollten sich auch zukünftig mit der ihnen von ihren Nachbarn und Partnern zugedachten Rolle abfinden. Sich überwiegend im Kriechgang zu bewegen schafft selten verläßliche Freunde. Tüchtigkeit, Fleiß, Disziplin und überschäumende Liebe können bei fehlender Selbstbehauptung auch zur Bürde werden, weil sie dem Irrtum Vorschub leisten, ausschließlich mit Kant auskommen zu können. Mit Schulterklopfen, Schecks und "Party" allein sind Gräben dauerhaft nicht zu überdecken. Der wohlmeinende Ratschlag Machiavellis an Herrscher und Völker, sich besser nur darauf zu verlassen, worüber sie selbst bestimmen können, nicht aber darauf, was in das Belieben anderer gestellt ist, scheint für uns nicht zu gelten. Die Gier nach Anerkennung und "Liebe" macht uns anfällig und unglaubwürdig. |