Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
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Preußische Allgemeine Zeitung / 18. September 2004
Florian warf seinen nagelneuen Schulranzen achtlos auf den Waldboden und seufzte. Eine Woche ging er nun schon zur Schule, aber dort gefiel es ihm gar nicht. Wie konnte er sich bloß davor drücken?
Plötzlich ein lauter Knall. Zu seinen Füßen riß die Erde auf und weitete sich zu
einem großen Loch aus. Florian wollte schon weglaufen, aber seine Neugier
siegte. Von unten drang eine murmelnde Stimme dumpf zu ihm herauf und kam immer
näher. Eiskalt lief es ihm über den Rücken. Jetzt bemerkte er eine Leiter und
zwei kleine Hände, die sich an die oberste Sprosse klammerten; ein rundes
Kindergesicht, umrahmt von dichtem rotem Haar sah ihn unsicher an. "2130 ...",
rief der Rotschopf und sprang aus dem Loch. Rotes Fell, schwarze Hörnchen, ein
Schwanz mit Quaste - das sah ganz nach einem Teufelchen aus.
In Florians Zimmer entdeckte Max gleich einen Staubsauger. "Der ist richtig",
sagte er und hielt das Rohr hoch, und auf einmal machte es "zschschsch ...!" und
durch das offene Fenster kamen reihenweise bunte Buchstaben geflogen und
verschwanden im Staubsauger.
In den nächsten Wochen wurden alle Kinder mit Bussen in die Schulen der
nächstliegenden Städte gebracht, weil es im eigenen Ort nicht den kleinsten
Buchstaben mehr gab. Und alle kamen kaum noch zum Spielen, weil ihnen die
Fahrerei viel Zeit wegnahm. Max seufzte, aber er tat, was sein Freund wünschte. Als die beiden allein im Haus waren, leerten sie sämtliche Staubsaugerbeutel, die versteckt hinter alten Kleidern im Schrank gelegen hatten, auf dem Teppich aus. Max senkte feierlich die kleinen Hände in den bunten Buchstabenberg und warf alle Buchstaben durch das Fenster. Sie fielen aber nicht auf den Boden, sondern tanzten eine Weile lustig im Wind, ehe sie sich zu einer geraden Linie formten und wie die Wildgänse über die Dächer davonflogen. "So", sagte Max stolz, "die Dinger sind wieder in den Computern, Fernsehern, Heften und Büchern eurer Stadt." Eine Taube mit zartblauen Flügeln saß plötzlich auf dem Fensterbrett und pickte mit dem Schnabel gegen die Scheibe. Florian ließ sie herein. Das Tierchen trippelte auf dem Tisch herum und von jetzt auf gleich war die Taube keine Taube mehr, sondern ein kleiner Engel mit rotem Kurzhaarschnitt und frecher Stupsnase. "Ich bin Orlanda", sagte er zu Max, "du hast mir doch neulich den Weg zum Himmel gezeigt, als ich mich verflogen hatte. Deshalb bist du doch auf die Erde verbannt worden, denn gute Taten sind der Hölle ein Greuel."
"Teufel auch", rief Max. "Nein, gerade der bist du nicht mehr", erklärte der
Engel Orlanda mit sanftem Lächeln, "durch einen Fehler bei deinem Entstehen hat
dein Körper die Gestalt eines Teufels angenommen, deine Seele aber ist nach wie
vor die eines Engels." - "Engel auch!" Max war perplex. "Jetzt weiß ich, warum
es mir immer so schwer fiel, Böses zu tun. Aber was geschieht denn nun mit mir?"
- "Habe Vertrauen", riet ihm Orlanda und flog hinaus. "Wenn es nach mir geht, immer", sagte Florian "aber Buchstabenweghexen ist out, okay?" - "Na klar", meinte Max, "aber jetzt muß ich schnell einen Pfannekuchen essen. In der Hölle gab es immer nur verglühte Eierkohlen. Igitt!" |