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18.09.04 / Das vorläufige Ende einer Waffenbrüderschaft / Vor 60 Jahren mußte Finnland aus der gemeinsamen Front mit den Deutschen gegen den Bolschewismus ausscheren

© Preußische Allgemeine Zeitung / 18. September 2004


Das vorläufige Ende einer Waffenbrüderschaft
Vor 60 Jahren mußte Finnland aus der gemeinsamen Front mit den Deutschen gegen den Bolschewismus ausscheren

Die deutsch-finnische Waffenbrüderschaft im Zweiten Weltkrieg hat eine Tradition, die noch über die Gründung eines unabhängigen Finnland im Jahre 1917 hinausreicht. Bereits zwei Jahre vorher war aus finnischen Freiwilligen ein preußisches Jägerbataillon aufgestellt worden. Diese zuletzt 2.000 Mann starke Formation wurde ausschließlich an der Ostfront eingesetzt. Nach dem Ersten Weltkrieg konnte die Weimarer Republik unter Umgehung des Versailler Diktats auf finnischen Werften U-Boote bauen.

In dem geheimen Zusatzprotokoll zum deutsch-sowjetischen Angriffsvertrag lieferte Hitler Finnland an Stalin insoweit aus, als dort das skandinavische Land als Bestandteil der russischen Interessensphäre ausgewiesen war. Wenige Monate nach Vertragsabschluß, am 30. November 1939, überfiel die Sowjetunion im Windschatten des zwischenzeitlich ausgebrochenen Zweiten Weltkrieges Finnland. Stalin wollte sich das Land - ähnlich wie zuvor die drei baltischen Republiken Estland, Lettland und Litauen - einverleiben, aber das kleine skandinavische Volk ließ sich nicht einschüchtern und nahm einen Krieg gegen den übermächtigen Nachbarn im Osten in Kauf, obwohl die finnischen Streitkräfte in den 20er und 30er Jahren wenig Mittel erhalten hatten. Zur großen Enttäuschung Finnlands blieb Deutschland tatsächlich neutral, also vertragstreu. Hitler wahrte die Neutralität sehr konsequent. Im Hamburger Hafen wurden italienische Fiat-Jäger beschlagnahmt, die Finnland bestellt hatte.

In einem unerhört verlustreichen Kampf konnten sich die finnischen Streitkräfte ein halbes Jahr behaupten. Bis März 1940 hatte die Rote Armee rund eine Million Soldaten, in 45 Divisionen gegliedert, mit 3.200 mittleren und schweren Panzern gegen die Finnen eingesetzt. Die Aggressoren büßten 200.000 Mann durch Tod, 1.000 Panzer sowie 900 Flugzeuge ein. Die Verluste der Finnen betrugen 24.923 Gefallene und Vermißte sowie 43.557 Verwundete. Bei einer Einwohnerzahl von rund vier Millionen wog das schwer. Im Frühjahr 1940 waren die Finnen mit ihrer Kraft am Ende. Stalin versuchte allerdings nicht mehr, Finnland als Ganzes zu annektieren. Damit blieb dem Land das Schicksal der drei baltischen Staaten erspart. Es mußte allerdings im Frieden von Moskau die karelische Landenge und Teile Ostkareliens einschließlich seiner zweitgrößten Stadt Wiborg abtreten.

So war es nicht verwunderlich, daß die politische Führung des Landes zwei Tage nach dem Beginn des deutschen Angriffes auf Rußland die Chance ergriff, mit einer Kriegsbeteiligung an der Seite Deutschlands die verlorenen Gebiete zurückzugewinnen. Die finnische Staatsführung proklamierte den "nationalen Verteidigungskampf". Für diesen sogenannten Fortsetzungskrieg wurden 16 Prozent der Wohnbevölkerung zu den Waffen gerufen. Die Ausrüstung der Streitkräfte war aufgrund der bescheidenen finanziellen Möglichkeiten der Skandinavier zwar immer noch unzureichend, aber deutlich besser als noch im vorausgegangenen sogenannten Winterkrieg. Die Infanterie war vermehrt mit Maschinenpistolen aus eigener Produktion ausgestattet worden, andererseits waren drei verschiedene Stahlhelme in Gebrauch: die deutschen Modelle des Ersten Weltkrieges und des Modelljahrganges 1935 sowie die in großer Zahl erbeuteten russischen Stahlhelme.

Bereits im August 1941 zogen die Skandinavier wieder in Wiborg ein, im Herbst konnten Rukojärvi und Sortavala zurückerobert werden. Damit waren die finnischen Kriegsziele erreicht. Der Staatspräsident Marschall Carl Gustav Emil Freiherr von Mannerheim wollte seine Truppen nicht außerhalb des von Finnland beanspruchten Territoriums einsetzen.

Die Kriegswende im Osten veranlaßte Finnlands politische Führung, Verhandlungen über einen Sonderfrieden aufzunehmen. Die Bedingungen der Sowjets waren mehr als hart. Außer den bereits annektierten Ländereien wurden nun die Nickelgruben von Petsamo und Finnlands Zugang zum Eismeer gefordert. Dies war den Finnen zu viel. Der finnische Reichstag lehnte daher am 16. März 1944 ab.

Die schwedische Regierung übte jedoch Druck auf den skandinavischen Nachbarn aus, den Gesprächsfaden nicht abreißen zu lassen. Der Druck war insofern erfolgreich, als die Friedensgespräche in Stockholm weitergingen - inoffiziell.

Im Juni 1944 begannen die Sowjets eine große Offensive an der karelischen Landenge. Nach starken Luftangriffen am vorausgegangenen Tage begann am 10. Juni heftiger Artilleriebeschuß. Unmittelbar nach Beginn der Offensive verlegten auf energischen Druck Finnlands hin deutsche Luftstreitkräfte und Heeresverbände nach Südfinnland, darunter der Gefechtsverband Kuhlmey. Es zeichnete sich jedoch ab, daß trotz deutscher Unterstützung die Front nicht mehr zu halten war.
Finnland akzeptierte deshalb nun, was es im März des Jahres noch abgelehnt hatte. Am 2. September 1944 mußte es die diplomatischen Beziehungen zu Deutschland abbrechen und die deutschen Truppen des Landes verweisen. Am 19. September 1944 wurde in Moskau der Waffenstillstandsvertrag unterschrieben. Der Fortsetzungskrieg hatte Finnland 58.482 Tote und 157.443 Verwundete gekostet.

Während die in Südfinnland stehenden deutschen Verbände das Land gemäß der von Finnland nolens volens gesetzten Frist verlassen konnten, war dies im unwegsamen Gelände in Mittel- und Nordfinnland nicht möglich. Die Sowjets zwangen die finnische Staatsführung nunmehr, Truppen gegen die im Rückzug befindlichen deutschen Kräfte einzusetzen. Es kam zu Kämpfen, die auf beiden Seiten nur mit wenig Elan geführt wurden. Die Deutschen wollten Finnland ohnehin verlassen, und die Finnen hatten gar keine Veranlassung, gegen ihre früheren Waffenbrüder vorzugehen. Finnlands Armeechef und Staatspräsident fand 1944 die folgenden Worte: "Ich kann Ihnen bezeugen, daß während der ganzen vergangenen Jahre in Finnland auch nichts passierte, das uns dazu hätte verleiten können, in den deutschen Truppen Eindringlinge oder Eroberer zu sehen. Ich glaube, daß das Verhältnis der deutschen Armee in Nordfinnland zu der einheimischen Bevölkerung und zu den einheimischen Behörden als ein unter ähnlichen Verhältnissen vielleicht einzig dastehendes Beispiel von korrekten und herzlichen Beziehungen in unsere Geschichte eingehen wird."

Lange sah es so aus, als sollte der Wunsch des früheren finnischen Staatspräsidenten in Erfüllung gehen. Deutsche waren und sind in Finnland gern gesehen. Im Sommer 1994 wurde auf dem südfinnischen Flugplatz Immola ein Gedenkstein für die deutschen Flieger enthüllt, die 1944 geholfen hatten, das Land zu verteidigen. Dies geschah unter reger Anteilnahme der Bevölkerung. Auch die Präsidentin des finnischen Reichstages nahm an dieser Feierstunde teil. Ein angemessener Vertreter der deutschen Regierung fehlte allerdings. In der finnischen Bevölkerung rief dies Unverständnis hervor, während die finnische Diplomatie dazu diplomatisch schwieg. Anläßlich eines Staatsbesuches des damaligen Bundespräsidenten Johannes Rau glaubte dieser, sich in Finnland für im Namen Deutschlands begangene Untaten entschuldigen zu müssen. Diese Erklärung rief nicht nur Unverständnis hervor, sondern könnte künftig Grundlage für finanzielle Forderungen sein. Rau hat hier auch langfristig betrachtet den deutsch-finnischen Beziehungen schweren Schaden zugefügt. Hans Lody

Ihre beiden Völker arbeiteten im Zweiten Weltkrieg über Jahre gut, aber letztlich erfolglos zusammen: Deutschlands und Finnlands (zeitweilige) Staatschefs Adolf Hitler und Carl Gustav Emil Freiherr von Mannerheim (rechts) in der "Wolfsschanze" Foto: Ullstein


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