19.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
25.09.04 / Der Sieg der Verlierer / Sachsen und Brandenburger nehmen den Wahlzettel als Denkzettel

© Preußische Allgemeine Zeitung / 25. September 2004


Der Sieg der Verlierer
Sachsen und Brandenburger nehmen den Wahlzettel als Denkzettel

Selten haben Wahlergebnisse so paradoxe Folgen gezeitigt wie jetzt in Sachsen und Brandenburg: Die Sieger stehen mit leeren Händen da, die Verlierer sind am Ende die Sieger. In beiden Bundesländern - so der Stand der Dinge bei Redaktionsschluß dieser Folge - wird es Koalitionen von Christ- und Sozialdemokraten geben; der Begriff "Große Koalition" wäre freilich etwas übertrieben.

Schlagzeilen und Kommentare wurden jedoch nicht von der - bei Wahlen doch eigentlich vorrangigen - Frage beherrscht, in wessen Händen künftig die landespolitische Verantwortung liegen wird und was das für die Menschen in Sachsen und Brandenburg bedeutet. Nein, die "rechte Gefahr" überschattete alles andere.

Schon die ersten Politiker-Gesprächsrunden in ARD und ZDF waren bestimmt vom "Kampf gegen Rechts". Sowie DVU- beziehungsweise NPD-Sprecher ins Blickfeld gerieten, traten die Vertreter der etablierten Parteien den geordneten Rückmarsch an; wortlos überließen sie die weiteren verbalen Kampfhandlungen den mikrofonbewaffneten Moderatorinnen, die sich wie Furien auf ihre "Gesprächspartner" stürzten. Die waren denn auch so perplex, daß sie nicht einmal dazu kamen, dem staunenden Publikum vorzuführen, wie wenig sie eigentlich zu sagen haben. Nur einmal an diesem Wahlabend hatte NPD-Obersachse Apfel Gelegenheit, sich etwas ausführlicher zu seinen politischen Inhalten zu äußern - es war eine reichlich peinliche Vorstellung.

Ansonsten hatte, was da öffentlich-rechtlich an antifaschistischen Pflichtübungen vorgeführt wurde, mit sauberem Journalismus ebensowenig zu tun wie mit politischer Klugheit. Wer Parteien, die immerhin in freier und geheimer Wahl 9,2 beziehungsweise 6,1 Prozent der abgegebenen Stimmen geholt haben, aus solche Weise ausgrenzt, schafft unnötigerweise Märtyrer und demonstriert zudem sein eigenes merkwürdiges Demokratie- und Staatsverständnis.

Rechnen wir die Ergebnisse einmal durch: Die NPD bekam in Sachsen 191.087 Listenstimmen; das sind 5,4 Prozent der insgesamt 3.553.491 Stimmberechtigten. Daraus folgt: 94,6 Prozent der im Freistaat Wahlberechtigten haben nicht NPD gewählt (der Gerechtigkeit halber muß man hier darauf hinweisen, daß die Partei des alten und mutmaßlich neuen Ministerpräsidenten sich auch nur auf die Stimmen von 24 Prozent der wahlberechtigten Sachsen stützen kann).

Jedenfalls deuten diese Zahlen nicht gerade auf furchterregende Stärke der NPD hin. Vielmehr kann mit Sicherheit vorausgesagt werden: Diese Partei wird, wie die DVU in Brandenburg, in der neuen Legislaturperiode nicht den geringsten Einfluß auf parlamentarische Entscheidungen nehmen können. Die Politik in Sachsen und Brandenburg wird sich durch die vorübergehende Anwesenheit einiger "rechter" Abgeordneter überhaupt nicht ändern - übrigens, so ist hoffnungsvoll hinzuzufügen, auch nicht durch die geringfügig erstarkte PDS. In Dresden gewannen die Ultralinken lediglich ein Mandat hinzu, in Potsdam verstärkten sie sich von ursprünglich 22 (nach einem Übertritt zur SPD 21) auf 29 Mandate.

Immerhin: Wenn man schon von von Gefahren für den demokratischen Rechtsstaat reden will, dann sollten insgesamt 60 Linksradikale doch mehr Gewicht haben als 18 Rechtsradikale. Auch dieser Vergleich belegt: Hier wird mit der "rechten Gefahr" ein Popanz aufgebaut, fern jeglicher Realität und zum Schaden Sachsens, Brandenburgs und ganz Deutschlands. Damit wird der falsche Eindruck erweckt, das deutsche Volk sei noch immer nicht reif und gefestigt genug, linke und rechte Randgruppen zu verkraften.

Im Ausland fallen solche - leider typisch deutschen - Selbstbezichtigungen natürlich auf fruchtbaren Boden. Schon melden sich aufgeregte Stimmen aus der benachbarten Tschechei, die den US-Präsidenten auffordern, vorsichtshalber genügend Truppen in Deutschland zu lassen, um "den Anfängen zu wehren". Wann aus dieser Ecke nach einer Anwendung der Deutschland diffamierenden UN-Feindstaatenklausel gerufen wird, dürfte nur eine Frage der Zeit sein.

Allerdings hat der größte ausländische Investor in Sachsen, Chip-Hersteller AMD, sich dem Katastrophengeschrei demonstrativ ver- weigert: Sachsen sei "eine stabile Demokratie", folglich gebe es auch keine Konsequenzen aus dem "enttäuschenden" Wahlergebnis. Die Amerikaner betreiben eine zwei Milliarden Euro teure Chip-Fabrik in Dresden und bauen gerade eine zweite - mit einem Investitinsvolumen von 2,4 Milliarden Euro. H.J.M.

Verlierer aller Länder, vereinigt Euch!: Jörg Schönbohm (CDU) und Matthias Platzeck (SPD)in Brandenburg, Georg Milbradt (CDU) und Thomas Jurk (SPD) in Sachsen (von links nach rechts). Fotos: CDU/SPD


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren