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25.09.04 / Eigentlich eine Fabrik / "Frankfurter Küche" fand den Weg ins Germanische Nationalmuseum

© Preußische Allgemeine Zeitung / 25. September 2004


Eigentlich eine Fabrik
"Frankfurter Küche" fand den Weg ins Germanische Nationalmuseum

Eine Küche im Museum? Kaum zu glauben. Es müßte schon eine ganz besondere Küche sein, die Aufnahme findet in die "heiligen Hallen" der Kunst und Kultur. Seit einiger Zeit nun ist tatsächlich eine Küche im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg zu bestaunen, und sie ist wahrlich etwas Besonderes. Die sogenannte "Frankfurter Küche" zählt zu den berühmtesten Inneneinrichtungen des Neuen Bauens in den 20er Jahren und gilt als Urmodell der heutigen Einbauküchen.

Es war Margarete Schütte-Lihotzky (1897-2000), Architektin aus Wien, die 1926 diese Küche im Rahmen des Siedlungsbauprojekts "Das Neue Frankfurt" entwickelte. Als erste Frau in Österreich hatte sie 1919 ihr Architekturstudium an der Wiener Kunstgewerbeschule abgeschlossen. In ihrem Beruf wollte sie ein besseres Leben für alle gestalten, wurde Mitarbeiterin der "Wiener Siedlerbewegung" und befaßte sich in ihren Entwürfen vor allem mit Sozialbauprojekten. Auch entwarf sie Kindergärten und spezielle Wohnungstypen für berufstätige Frauen. 1926 berief sie der Architekt Ernst May an das städtische Hochbauamt in Frankfurt am Main. Dort herrschte, wie in allen großen Städten Deutschlands nach dem Ersten Weltkrieg, eine große Wohnungsnot. Es galt, mit einem Minimum an Geld ein Maximum an Wohnungen zu errichten. May entwickelte schließlich ein Konzept, das unter dem Namen "Das Neue Frankfurt" international bekannt wurde und als vorbildliches Modell sozialer Planungspolitik galt. So wurden industrielle Baumethoden entwickelt, die eine Massenherstellung von Wohnungen möglich machten. Ein Verfahren, das in einer solchen Notsituation durchaus zu billigen ist. In den Jahren 1925 bis 1930 wurden so für elf Prozent der Frankfurter Bevölkerung Wohnungen in Plattenbauweise und aus Fertigteilen geschaffen. Trotz dieser Massenbauweise sollten die Bewohner auf einigen Komfort nicht verzichten, schließlich enthielten die Wohnungen Zentralheizung, Bad, Einbauschränke und sogar einen Radioanschluß.

Auf die Küche, das Reich der Hausfrau, legte man besonderes Augenmerk; eine breite Öffnung mit Schiebetür verband diesen 1,90 Meter breiten und 3,44 Meter langen Raum mit dem Wohn- und Eßbereich. "Die Küche", so erläuterte Margarete Schütte-Lihotzky ihren Entwurf, "ist eigentlich eine kleine Fabrik. Deshalb habe ich jeden Schritt nachgerechnet, den die Hausfrau machen muß, mich daneben gestellt mit der Stoppuhr und jeden Handgriff gemessen. Alles ist genau durchdacht. Die Küche ist fast wie ein Laboratorium. Und aussehen muß sie wie eine Apotheke, wo jedes Fläschchen und jede Kleinigkeit sein bestimmtes Fach oder ihren ganz bestimmten Platz haben, mit genauer Aufschrift ... Aber alles ist am Ende Architektur ..."

Die Küche im Germanischen Nationalmuseum stand ursprünglich in der Frankfurter Römerstadt-Siedlung. Sie wurde aufwendig rekonstruiert und restauriert und ist nun in Nachbarschaft zur Sammlung der Bauhausobjekte zu sehen - Geschichte anschaulich dargestellt. Silke Osman

"Frankfurter Küche": Modell des Entwurfs von Grete Schütte-Lihotzky Fotos (2): GNM Die Jahrzehnte überstanden: Erhaltene Küche im Museum


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