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Preußische Allgemeine Zeitung / 23. Oktober 2004
Zwei Schwesterparteien - zwei anscheinend unvereinbare Standpunkte. Selten waren
sich CDU und CSU so uneinig wie derzeit zum Thema Gesundheit. Im Streit zwischen
Kopfpauschale (CDU) und Stufenmodell (CSU) kulminieren Machtfragen und die
offenbar schwierige Aufgabe, die soziale Marktwirtschaft neu zu definieren. Das
Gesundheitssystem muß verändert werden, soviel steht fest. SPD und Grüne wollen
eine "Bürgerversicherung", in die alle Berufsgruppen einzahlen, quasi die
Einheitsversicherung. Die CDU stützt sich auf das Konzept des Sozialexperten
Bert Rürup, die sogenannte Kopfpauschale, die durch individuelle Zuschüsse
gemildert, also für Geringverdiener reduziert werden soll. Die CSU fürchtet die
Pauschale als kaum vorhersehbare Kostenmaschinerie. Statt auf einen Kompromiß
zwischen den beiden christlichen Parteien läuft es derzeit auf eine Versteifung
auf unterschiedliche Positionen hinaus: Ein Angebot der CDU, daß die
Kopfpauschale nicht mehr als 12,5 Prozent des Einkommens betragen soll, wird von
der CSU abgelehnt. Auch die von Angela Merkel vorgeschlagene Kopplung des
CDU-Gesundheitsmodells an die von der Partei anvisierte Steuerreform stört die
CSU. Die will die geplante Steuerreform nicht verwässert sehen.
Besonders CSU-Sozialexperte Horst Seehofer macht keinen Hehl aus seiner
Ablehnung - zieht er sich ähnlich Friedrich Merz zurück, könnte der um sich
greifende Frust das Ende der Ära Merkel einläuten. Bereits jetzt hat die Debatte
um die Krankenversicherungsbeiträge Folgen - unerwartet hart traf der freundlich
betriebene Rückzug des Finanzexperten Merz seine Chefin. Ein Rätselraten um
Intrigen gegen Merkel ergreift seither die CDU. Mecklenburg-Vorpommerns CDU-Chef
Eckhardt Rehberg sagte im NDR, Konflikte über die Gesundheitspolitik seien zur
Machtfrage hochstilisiert worden. Auch der Rückzug von Friedrich Merz sei kein
Zufall. Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach dementierte sofort, doch mit jedem
Tag des Streits sinken Umfragewerte wie Glaubwürdigkeit der CDU. Die CSU bietet
sich als die sozialere Alternative an, doch auch ihr Stufenmodell weist Probleme
auf. Gehaltserhöhungen führen bei Arbeitnehmern zu höheren Kassenbeiträgen und
können zu niedrigerem Nettolohn führen - das bisherige Stufenmodell an sich ist
schwer durchschaubar.
So komplex die konservativen Entwürfe sein mögen, so sehr offenbaren sie
grundlegenden Streit. Die CDU orientiert sich am Schweizer Modell, die CSU
möchte das bestehende deutsche System fit machen. Gerade der Umfang und die
Zuteilung der Zuschüsse zur "Pauschale" erhitzen die Gemüter: Über 20 Millionen
Deutsche würden zu Transferempfängern, 13 Millionen Haushalte müßten ihre
Einkommensverhältnisse detailliert offenlegen, besonders Rentner müßten zur
"Bedürftigkeitsprüfung". Der bürokratische Aufwand wie der an Steuermitteln zur
Einführung des CDU-Plans sind groß: auf 30 bis 40 Milliarden Euro schätzen
Experten das Zuschußsystem aus Steuermitteln. Einer maßvollen Veränderung des
Gesundheitswesens wäre nicht nur im Hinblick auf die leere Staatskasse womöglich
mehr Erfolg beschieden. SV |
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